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2 Top-Aktien aus der Global Trend Following-Liste Europa 500

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Der erste „Krisenhöhepunkt“ dieses Jahres in Europa scheint überwunden. Der Brexit wird wohl nicht am 29.3. stattfinden, die damit verbundene Unsicherheit an den Börsen erhält dadurch wieder weniger Nahrung. Aufgeschoben bedeutet aber nicht aufgehoben, die höhere Volatilität dürfte spätestens mit dem Näherrücken des Ersatzaustrittstermins zurückkehren. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmensmanager würde es sicher begrüßen, wenn es statt einer ständigen Verschiebung von dringend zu klärenden Sachverhalten (z.B. auch der Handelskonflikt USA-China, Autozölle) endlich längerfristige Entscheidungen getroffen würden. Dann wären auch wieder mittel- bis längerfristige Planungen möglich anstatt, wie aktuell, auf Sicht fahren zu müssen. Wichtige Investitionen werden nämlich deshalb auch zurückgehalten. Eine der wenigen Branchen die ob der andauernden Unsicherheit in die Hände klatscht, sind die Versicherer. Sie können ob der Zockermentalität der Politiker die Prämien vor allem für die Unternehmen deutlich erhöhen. Die Aktienkurse des Sektors deuten auch darauf hin, dass sich dieser Trend nicht so schnell umgekehrt. Ein Nebeneffekt der höheren Verunsicherung davon ist, dass sich auch bei den privaten Policen eine stärkere Nachfrage ergibt, die zusätzliche Erträge für die Konzerne bedeutet. In der aktuellen Global Trend Following-Liste Europa 500 findet sich diesbezüglich bereits einige Titel mit besonderer Trendstärke. Zudem haben wir ein Blick auf einen robusten Titel aus der Reisebranche geworfen.

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(Andreas Wolf nutzt das vorgefertigte Trading-Desk „Global Trend-Following“ in der TraderFox Börsensoftware, um die trendstabilsten Aktien zu identifizieren)

Swiss Life Holding (3-Jahres-Trendstabilität 14,89)


Die Null-Zins-Politik der Notenbanken erfreut Kreditnehmer und private Verbraucher schon eine ganze Weile, für Finanzdienstleister, Banken und Versicherungen hingegen erweist sie sich als schwere Bürde. Denn eine lange Niedrigzinsphase in der aktuellen Dimension hat in Europa fast kein Unternehmen aus der Branche ursprünglich in seiner Strategieplanung gehabt. Insbesondere die Versicherungskonzerne haben eine Weile gebraucht, dass nicht nur niedrige Zinsen, sondern auch der gesellschaftliche Wandel an ihrem Geschäftsmodell nagt. Doch nach dem Hyp um die Jahrtausendwende, als auch die Versicherungsaktien stark nach oben gezogen worden, scheint es nach einer fast zwei Jahrzehnte dauernden Durststrecke neue Lichtblicke in der Branche zu geben. Der Schweizer Konzern Swiss Life, 1857 in Zürich gegründet und auch dort ansässig, scheint mit seinem Produktmix und seiner Marktpositionierung durchaus den Nerv von Kunden und Investoren zu treffen. Themen wie Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung gehören schon mehr als 100 Jahre zum Fokus der Eidgenossen. Mit dem Börsengang 1997 startete eine Expansionswelle, die den Konzern vom reinen Versicherer zu einem sogenannten Allfinanzunternehmen mit Vermögensberatung und-verwaltung anwachsen lassen sollte. Ein finanzieller Kraftakt, der im vergangenen Jahrzehnt schmerzhaft korrigiert werden musste. Diese Konsolidierung hat Swiss Life seit 2011/12 hinter sich gelassen. Mit dem Kauf des deutschen Finanzvertriebes AWD 2007 (heute Swiss Life Select) expandierte man stärker in den lukrativen deutschen Markt. Mittlerweile beschäftigt der Konzern mit den Tochtergesellschaften Mayfair, Corpus Siero, Beos (alle aus dem Immobiliensektor) und Livit 8600 Mitarbeiter. Unter den Marken Tecis, Horbach, Proventum, Fincentrum, Chase de Vere und Swiss Life Select betreiben die Schweizer mit 14.000 weiteren Beratern die Vermögens- und Finanzberatung. Neben der Schweiz konzentriert man sich auf Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Liechtenstein und Singapur. Weiteres Wachstum verspricht sich das Management neben dem lukrativen Lebensversicherungsbereich vor allem vom noch überschaubaren Immobiliensektor in der Holding und von der gebührenpflichtigen Finanzberatung.

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Aus den Fehlern des Jahrtausendwechsels, als man aufgrund voller Kassen meinte, möglichst schnell durch Zukäufe im Finanzsektor wachsen zu müssen, haben die Schweizer gelernt. Zwar ist das Wachsen mittels Übernahmen durchaus wieder en vogue, aber dies geschieht durchaus selektiv und kontrolliert. Die Konzentration auf das Kerngeschäft und die Beschränkung auf ausgesuchte Märkte haben die Profitabilität der Schweizer erhöht. Vor allem der Einsatz der unabhängigen Berater und Vermögensverwalter zahlt sich dem Ergebnis nach aus. Auch wenn das durchschnittliche, jährliche Umsatzwachstum seit 2015 nahezu stagniert, konnte der Konzern beim Nettogewinn im selben Zeitraum im Durchschnitt um mehr als 10 %, zulegen. Im gesamten Geschäftsjahr 2018 stiegen die verbuchten Bruttoprämien sogar wieder um 2 % auf 19,2 Mrd. CHF, während der Nettogewinn um 7 % auf 1,08 Mrd. CHF zulegte. Bis 2022 rechnet der Durchschnitt der Analysten mit einem jährlichen Umsatzwachstum von 4,5 % und einen Gewinnzuwachs von 7,1 %. Mit 2019/20er KGVs von 12,6 und 11,6 ist der Konzern damit noch keinesfalls hoch bewertet.

Amadeus IT Group (3-Jahres-Trendstabilität 14,48)


Eine der Wachstumsbranchen des vergangenen Jahrzehnts war der Reise- und Tourismussektor. Sinkende Reisepreise, größerer Wettbewerb und stark steigende Nachfrage haben Hotels, Airlines und Reiseportalen sprudelnde Einnahmen verschafft. Auch wenn sich erste Zeichen der Überhitzung zeigen und sich mit der Insolvenz einiger Billiganbieter eine notwendige Konsolidierung vollzieht, werden die Wachstumsraten attraktiv bleiben. Allerdings wird Qualität sicher wieder mehr als Quantität bei den Investoren in naher Zukunft zählen. Für Anbieter von spezieller Software in diesem Segment wie Amadeus IT bedeutet dies entsprechend stärkere Herausforderungen. Das 1987 von Iberia, Air France und Lufthansa gegründete Unternehmen vermarktet von Madrid aus seine Dienstleistungen, zu denen neben der Software auch die Bereitstellung seiner Reservierungssysteme gehört. Aufgrund der großen Datenmengen, die die Spanier qua Geschäftsabwicklung verwalten, ist der Konzern im Zuge der analytischen Auswertung in den vergangenen Jahren auch immer interessanter für Reiseveranstalter, Online-Reiseportale, Hotels, Flughäfen und größere Unternehmen geworden. Zudem ist man seit rund 17 Jahren ist nach eigenen Angaben Marktführer bei Flugreservierungssystemen. Amadeus IT beschäftigt weltweit insgesamt 17.000 Mitarbeiter in 190 Ländern, die 2017 mehr als 630 Mio. Buchungen abwickelten. Zudem rückt die Übernahme der Zahlungsabwicklung sowie von Vertrieb und Marketing gerade für kleinere Kunden immer mehr in den Fokus des Reisedienstleisters. Lukrative Kooperationen mit Unternehmen, die nicht der Reisebranche entstammen in diesem Sektor sind daher denkbar.

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Die angesprochene Konsolidierung in der Reise- und Tourismusbranche ist für die Spanier nicht neu, das eigene Wachstum wurde dadurch kaum gebremst. Gefährlicher für die eigenen Wachstumsambitionen sind natürlich geopolitische Störungen wie Kriege oder Umweltkatastrophen, aber vor allem Konjunkturzyklen. Wie viele Konjunktur abhängige Unternehmen profitiert Amadeus IT von der langen Wachstumsphase in den USA, ein Trendwechsel oder eine Rezessionsphase würden also unmittelbar auf die Ergebnisse durchschlagen. Die Konsolidierung der Aktie im vergangenen Jahr nach einer strammen Verdreifachung seit 2014 deutete solche Befürchtungen schon an, doch seit Jahresanfang gelang bereits wieder ein Kursplus von 10 %. Die Ergebnisse des Jahres 2018, die in der vergangenen Woche vorgestellt wurden, waren auch entsprechend gut. Beim Umsatz verzeichnete der Konzern ein Plus von 6,2 % auf 4,9 Mrd. €, der Nettogewinn stieg um 1 % auf 1,1 Mrd. €. Herausragend war der Zuwachs der Buchungsvorgänge mit +11,7 % Plus in Asien und +9,7 % in den USA, während Europa auch wegen der Insolvenz von Air Berlin ein Minus von 7% zu verzeichnen hatte. Wachstumsraten wie 2015/16 im um 15 % sind trotz der Stärke Asiens aber vorerst nicht mehr zu erwarten. Bis 2022 gehen Analysten im Durchschnitt von einem Umsatzzuwachs von 4-5 % und einem Plus beim Nettoergebnis zwischen 6 und 7 % aus. Mit KGVs für 2019/20 von 24,1 und 21,7 ist die Aktie momentan kein sehr günstiges Investment mehr, es sei denn die Wachstumsraten legen wieder deutlicher zu oder der Aktienkurs korrigiert kurzfristig noch etwas stärker.
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