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Cigna, Eli Lilly und Humana sind bereits auf Rekordkurs: Vier Gründe, warum Gesundheitsaktien den nächsten Bullenmarkt anführen könnten

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Der diesjährige Bärenmarkt hat dem in den Jahren zuvor vorherrschenden Bullenmarkt ein Ende bereitet. Früher oder später wird die aktuelle Baisse aber auch wieder von einer neuen Hausse abgelöst werden. Zumindest lehren das die Vergangenheitserfahrungen.

Früher ebenfalls zu beobachtende Entwicklungen legen allerdings gleichzeitig auch die Vermutung nahe, dass die bisherigen Favoriten nicht unbedingt wieder die neuen Zugpferde sein werden. Vielmehr kam es früher auch zu Wachablösungen bei den Branchen, die sich als die Lokomotiven eines neuen Kursaufschwungs erweisen.

Gute Chancen, in so eine Rolle hineinzuschlüpfen, hat der Gesundheitssektor. Jedenfalls wartet die Branche aktuell bereits wieder mit relativer Stärke gegenüber dem Gesamtmarkt auf. Unter den momentan auch an der Wall Street relativ wenigen Aktien mit neuen 52-Wochenhocs oder sogar mit neuen absoluten Kursrekorden sind jedenfalls etliche Gesundheitsaktien zu finden.

Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die Namen von Unternehmen wie Cigna, Eli Lilly oder Humana etc. Interessanterweise handelt es sich dabei um ein Trio, das zu den so genannten Qualitätsaktien zu zählen ist. Was wiederum auch damit einhergeht, dass den drei genannten Werten jeweils die Existenz eines wirtschaftlichen Schutzgrabens zuzubilligen ist.

Quelle: Qualitäts-Check TraderFox

Quelle: Qualitäts-Check TraderFox

Quelle: Qualitäts-Check TraderFox

Der Gesundheitssektor gehört zu den Sektoren, die sich in Zeiten rückläufiger Märkte gut entwickelten

Vor dem skizzierten Hintergrund zählen auch Investmentanalyst Christopher Lee und Aktienportfoliomanagerin Diana Wagner von der US- Investmentgesellschaft The Capital Group Companies Gesundheitssektor zu den wenigen Bereichen, die Anlegern derzeit eine Zuflucht bieten.

Aus ihrer Sicht überrascht diese Bestandaufnahme kaum, da es zu bedenken gelte, dass die Nachfrage nach Diensten in diesem Sektor in der Regel unabhängig von der Volatilität der Märkte oder dem Konjunkturzyklus bestehe. In der Tat habe der Sektor bei jedem der letzten acht Marktrückgänge um mindestens 15 % den breiteren globalen Aktienmarkt übertroffen.

Tatsächlich scheinen sich die Aussichten für ausgewählte Unternehmen aufzuhellen, und einige von ihnen haben das Potenzial, auch in den kommenden Jahren attraktive Anlagemöglichkeiten zu bieten, so Lee, der sich mit US-Pharma- und Biotechnologieunternehmen beschäftigt.

„Das Gesundheitswesen ist seit Beginn der Pandemie aus verschiedenen Gründen ein guter Bereich für Investitionen“, sagt Lee, der an der Columbia University Medizin studiert hat. „Zuerst gab es Biopharma-Unternehmen, die Impfstoffe und Behandlungen für COVID entwickelten. Jetzt gibt es andere Unternehmen, die in einer Zeit der Unsicherheit an den Märkten von ihrem defensiven Charakter profitieren.“

„Aber das ist noch nicht alles“, fügt Lee hinzu. „Die Innovation in der Arzneimittelentwicklung, der genetischen Sequenzierung, der Datenerfassung und der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen beschleunigt sich immer mehr. Das treibt das Wachstum für flexible Unternehmen an und eröffnet Chancen für langfristige Investoren.“

Dies alles wirft aus Sicht der Capital Group die Frage auf: Könnten die 2020er Jahre das Jahrzehnt sein, in dem die globale Gesundheitsversorgung eine führende Rolle auf den Märkten übernimmt?

„Am Ende eines Bärenmarktes hat sich oft eine neue Marktführerschaft herauskristallisiert“, erklärt dazu Diana Wagner. „Ich bin mir nicht sicher, ob der Gesundheitssektor den nächsten Bullenmarkt anführen wird. Ich weiß jedoch, dass viele führende Gesundheitsunternehmen relativ hohe Dividenden gezahlt haben, über ein Wachstumspotenzial mit beschleunigter Innovation verfügen und immer noch meiner Meinung nach überzeugende Bewertungen aufweisen. Ich glaube, dass die am besten geführten dieser Unternehmen zu neuen Marktführern aufsteigen könnten.“

Wagner und Lee nennen konkret vier Gründe, warum uns möglicherweise ein goldenes Zeitalter für das Gesundheitswesen bevorsteht, und die möglichen Auswirkungen für Investoren.

1. Wir befinden uns in einem goldenen Zeitalter der Arzneimittelforschung

Wir befinden uns in den Anfängen einer dritten großen Innovationswelle in der Biotechnologie und der Arzneimittelforschung, so Lee. In der ersten Welle erkannten traditionelle Chemieunternehmen, dass sie Chemie zur Behandlung von Krankheiten einsetzen können. Die zweite Welle war das Aufkommen proteinbasierter Therapeutika, die zielgerichteter waren und das Immunsystem zur Behandlung von Krankheiten nutzten.

Lee würde diese dritte Welle als das genetische Zeitalter der Medizin bezeichnen und die Ausgangslage wie folgt beschreiben: „Wir haben die Erkenntnisse der genetischen Sequenzierung aus den letzten Jahren und eine Fülle von Daten, die wir jetzt schnell verarbeiten können, sowie neue therapeutische Interventionen und Technologien, die gezielter in den Krankheitsverlauf eingreifen können.“

Die Zahl der zugelassenen Arzneimittel ist in den letzten Jahren gestiegen

Laut Lee gibt es mehrere bedeutende Krankheiten, die jetzt in Angriff genommen werden. Zum Beispiel die Fettleibigkeit, das wohl größte Gesundheitsrisiko der Welt, an dem nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Jahr 2016 weltweit mehr als 650 Millionen Erwachsene litten.

Zu den lebensbedrohlichen Gesundheitsproblemen, die mit Fettleibigkeit einhergehen, gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Nierenversagen, um nur einige zu nennen. Außerdem verursacht sie ein höheres Risiko, dass Infektionskrankheiten wie COVID die Gesundheit stärker beeinträchtigen. Jahrzehntelang wurde Adipositas zu Unrecht als Ausdruck eines schlechten Lebensstils stigmatisiert, doch heute wird sie allgemein als komplizierteres Gesundheitsproblem anerkannt.

Die gute Nachricht ist gemäß Lee, dass führende pharmazeutische Unternehmen eine neue Generation von Medikamenten entwickelt haben, die das Körpergewicht eines Patienten um 20 % bis 25 % reduzieren können – eine Gewichtsabnahme, die der Wirkung einer bariatrischen Operation gleichkommt. Diese Medikamente wirken, indem sie natürlich vorkommende Hormone nachahmen, die ein Sättigungsgefühl nach dem Essen auslösen.

Novo Nordisk und Eli Lilly haben diese Wirkstoffe bereits zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingeführt und entwickeln Versionen dieser Medikamente, die bei den meisten Patienten einen signifikanten Gewichtsverlust bewirken. Lee möchte zwar nicht mit dem Begriff „Wundermittel“ um sich werfen, es handelt sich aus seiner Sicht jedoch um unglaublich wirksame Medikamente, die nicht nur das Gewicht reduzieren, sondern auch dazu beitragen, den Zucker eines Prädiabetikers unter Kontrolle zu bringen, und weitere potenzielle Vorteile bieten. Aus seiner Sicht könnte dies die gesamte Landschaft der Stoffwechselkrankheiten weltweit verändern.

Adipositas ist ein globales Problem

2. Genetische Medizin führt zu schnelleren Durchbrüchen

Die Investoren haben in den letzten Jahren eine unglaubliche Menge an Kapital in die Biotechnologie- und Pharmaindustrie gesteckt. Und das hat Innovationen vorangetrieben, die zur Schaffung von geistigem Eigentum und Know-how geführt haben, auf die sich wahrscheinlich noch jahrelang aufbauen lässt.

Ein wichtiger Fortschritt ist die Entwicklung von Technologien, die ein Eingreifen in die Krankheitsabläufe auf der Ebene der genetischen Sequenz oder des „Bauplans“ ermöglichen, also weiter vorne als viele herkömmliche Medikamente. Durch Sequenzierung und Datenverarbeitung können Arzneimittelentwickler hochspezifische und präzise Eingriffe wie die Gentherapie vornehmen, bei der wir normale Gene anstelle fehlender oder defekter Gene verpflanzen, um die Krankheit zu bekämpfen.

Um einen COVID-Impfstoff so schnell zu entwickeln, sequenzierten die Wissenschaftler das Virus innerhalb von Tagen oder Wochen nach seiner Identifizierung und übersetzten diese Sequenz dann in verschiedene Impfstoffe und mRNA. Dies ist für Lee ein Beispiel dafür, wie durch die gezielte genetische Beeinflussung eines Krankheitserregers in kürzester Zeit ein wirksames Medikament entwickelt werden kann, im Gegensatz zu der bisherigen Methode der Identifizierung von Therapien durch umfangreiche Experimente.

COVID wurde zu einem Innovationsbeschleuniger, der auf zwei Jahre komprimierte, wofür die Branche früher vielleicht 10 Jahre gebraucht hätte. Dieser neue Ansatz in der Arzneimittelentwicklung wird wahrscheinlich zu einer höheren Erfolgsquote und einer größeren Anzahl von Arzneimitteln führen, die schneller auf den Markt kommen.

Eine weitere neue Technologie sind RNAi-Therapeutika. RNAi ist ein natürlicher biologischer Prozess, der die Genexpression reguliert, indem er in die Boten-RNA (mRNA) eingreift, die die DNA-Anweisungen zur Herstellung neuer Proteine transportiert. Dies wird für ein breites Spektrum von Krankheiten von Bedeutung sein.

„Diese Fortschritte könnten im nächsten Jahrzehnt zu einer Explosion neuer therapeutischer Möglichkeiten führen. Wenn Sie ein Unternehmen finden, das dies kann, kann sich dies im Laufe der Zeit als eine besondere Investition erweisen“, so Lee.

3. Neue Managed-Care-Modelle in den USA verbessern Ergebnisse und senken Kosten

Wagner stimmt ihrem Kollegen Lee zu, dass wir eine große Innovationswelle in der Arzneimittelentwicklung erleben, sie sieht jedoch auch ein neues Zeitalter der Innovation auf der Dienstleistungsseite der Gesundheitsversorgung. Wenn man sich ansehe, wie die meisten Ärzte heute in den USA praktizierten, insbesondere Hausärzte, dann arbeiteten diese nach dem traditionellen Honorarmodell, bei dem nach Volumen bezahlt werde. Je kränker man also sei, desto mehr Leistungen würde erbracht und desto mehr Geld werde verdient.

Doch heute entwickelten Unternehmen wie die UnitedHealth Group und Humana – sowie aufstrebende Unternehmen wie Agilon – Modelle, die Ärzte dafür belohnen, dass sie ihre Patienten gesund halten und nicht ins Krankenhaus einweisen. Dadurch werde der Hausarzt von der untersten Stufe des Gesundheitswesens an die Spitze gehoben.

Wagner sieht diese Modelle als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu dem, was oft als der heilige Gral oder das vierfache Ziel im Gesundheitswesen bezeichnet werde: bessere Gesundheitsergebnisse, höhere Patientenzufriedenheit, höhere Zufriedenheit der Ärzte und niedrigere Pro-Kopf-Kosten.

4. Unternehmen mit guter Kapitalausstattung können ihr eigenes Wachstum finanzieren

Zeiten, in denen sich die Innovation beschleunigt, können Chancen für gute langfristige Investitionen bieten, erklärt Wagner. Innovation habe oft über viele Jahre hinweg die Erträge und Investitionsrenditen angetrieben. Darüber hinaus seien viele große Pharmaunternehmen gut kapitalisiert und verfügten über hohe Barbestände in ihren Bilanzen, was es ihnen ermögliche, ihr eigenes Wachstum durch Übernahmen und andere Strategien zu finanzieren.

Globale Pharmaunternehmen sind bereit für Fusionen und Übernahmen

In den letzten Jahren wurde laut Wagner eine unglaubliche Menge an Kapital in die Biotechnologie investiert, was die Ressourcen für die Entwicklung von greifbarem geistigem Eigentum bereitstellte, das wahrscheinlich weiterhin Früchte tragen wird. In einer Zeit, in der die Zinssätze steigen und die Kapitalkosten zunehmen, sei es wichtig, über Barbestände in der Bilanz zu verfügen.

Die langfristige Wertschöpfung im Gesundheitswesen werde letztlich durch Innovation vorangetrieben. Natürlich werde nicht jede Innovation erfolgreich sein. Einige Medikamente würden nicht zugelassen oder auf dem Markt nicht akzeptiert. Wenn man jedoch ein innovatives Produkt oder eine besondere Dienstleistung identifiziere, habe dies das Potenzial, eine Anlagethese über Jahre hinweg voranzutreiben. Das begeistert Wagner, weil es zu realen Gewinnen und realen Cashflows führen kann. Ihrer Meinung nach haben mehrere Unternehmen aus dem Gesundheitswesen das Potenzial, den nächsten Bullenmarkt anzuführen.


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