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Die große Aktien-Rotation: Das sind die potenziellen Coronavirus-Impfstoff-Gewinner

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Die jüngsten Impfstoff-News sind ein „Game-Changer“ und machen eine baldige Rückkehr zur Normalität wahrscheinlicher. Besonders geholfen hat das Aktien die zuvor erheblich verloren hatten. Zu den großen Gewinnern zählen Zykliker. Dem gegenüber verloren Aktien aus den Sektoren Basiskonsum, IT und Gesundheit. Die DZ Bank nennt in einer Studie die potenziellen Gewinner der angelaufenen Sektorrotation. Wir berichten.

Am 9. November vermeldete Pfizer, dass der zusammen mit der deutschen BioNTech entwickelte Impfstoff in einer Studie eine Wirksamkeit von 90 % gezeigt hat. Die Nachricht, dass bald ein wirksamer Corona-Impfstoff zur Verfügung stehen könnte, stellt nach Einschätzung der DZ Bank einen „Game Changer“ dar. Obwohl es bis zu einer Immunisierung noch Monate dauern wird, ist dadurch die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass sich die Welt der Normalität annähert und somit zu den Vor-Corona Konsum- und Investitionsgewohnheiten zurückkehrt.

Zwischenzeitlich wurden Daten nachgelegt, die sogar eine noch höhere Wirksamkeit belegen, ergänzt die DZ Bank in einer aktuellen Studie. Der Impfstoff von BioNtech zeigte nach zwei Dosen eine Wirksamkeit von 95 %. Zudem seien keine ernsten Nebenwirkungen aufgetreten. BioNTech und Pfizer steuerten bereits auf eine Notfallgenehmigung in den USA zu. Sie beantragten diese am 20.11. und erwarten sie bis Mitte Dezember.

Zusätzlich legte zuletzt der US-Konzern Moderna Daten vor, die nach zwei Dosen einen Schutz von 94,5 % zeigten. Auch Moderna plant in der nächsten Zeit einen Zulassungsantrag. Daneben veröffentlichte das britische Pharmaunternehmen AstraZeneca zusammen mit der Universität Oxford positive Daten zur Wirksamkeit ihres Impfstoffs. Der Impfstoff könne eine Wirksamkeit von rund 90 % erreichen. Dieser basiert auf einer herkömmlichen Herstellungsweise, während die Impfstoffe von BioNTech und Moderna auf einer völlig neuen Technologie basieren.

Kursentwicklung nach Impfstoff-News


Die Veröffentlichung am 9. November, dass der Impfstoff von BioNTech eine hohe Wirksamkeit besitzt, hat zu Kursaufschlägen an den Aktienmärkten geführt, die zu den stärksten innerhalb einer Woche im DAX seit 20 Jahren gehörten. Allerdings lag nur wenige Tage zuvor die US-Wahl, die den Kursen zusätzlichen Auftrieb verlieh. Um diesen Effekt auszuklammern, hat die DZ Bank in ihrer Analyse nur die Kursentwicklung vom Schlusskurs vor der Veröffentlichung (6.11.) bis zum Schlusskurs zwei Tage nach der Veröffentlichung (11.11.2020) herangezogen.

Die Analysten haben sich angesehen, welche Aktien von den Impfstoffnachrichten besonders profitiert haben und welche verloren haben. Dafür hat man zusätzlich einbezogen, wie sich die Unternehmen während der Corona-Krise, also seit Ausbruch am 18.1.2020 bis zum Schlusskurs vor der Impfstoff-News (6.11.2020) entwickelt haben. Die nachfolgende Tabelle stellt die 26 größten Gewinner und Verlierer im STOXX 600 gegenüber.

Unter den Gewinnern sind vor allem die Aktien zu finden, die während der Krise besonders schwach abgeschnitten haben. Auf der anderen Seite sind unter den Verlierern vor allem Aktien zu finden, die während der Krise besonders gut abgeschnitten haben, also zu den „Krisen-Gewinnern“ zählen. Diese Beziehung bestehen für den gesamten Stoxx 600. Das Bestimmtheitsmaß bei Betrachtung der Quantile liegt laut DZ Bank in Stoxx 600, S&P 500 und MSCI All Country World jeweils über 0,9.

Zwischen den Sektoren kam es zu teils sehr unterschiedlichen Kursreaktionen. Unter den Gewinnern sind maßgeblich Titel aus den Sektoren Energie, Banken, Transportwesen und Immobilien. Aber auch Werte aus den Branchen Automobile, Versicherer, Einzelhandel und Hotels zählten zu den Gewinnern. Zu den Verlierern zählen Titel aus den Sektoren Basiskonsum, IT und Gesundheit.

Innerhalb der Sektoren sind allerdings zum Teil größere Unterschiede zu beobachten. So kamen im Sektor Immobilien während der Krise besonders Aktien von auf Einkaufzentren und Büroimmobilien spezialisierten Unternehmen unter Druck. Im Segment Hotels, Restaurants & Freizeit sind Unternehmen aus den Bereichen Hotel und Reise aber auch Gaming-Anbieter beinhaltet. Ein noch detaillierterer Blick kann sich somit lohnen, so die DZ Bank. Auch bei der Sektorbetrachtung zeigt sich, dass überwiegend die Sektoren gewinnen konnten, die unter der Krise am stärksten gelitten haben und umgekehrt.

Auch regional zeigen sich in Europa deutliche Unterschiede. Die Länder und Aktienmärkte, die unter Corona besonders gelitten haben, wie Südeuropa, zeigten im Durchschnitt eine sehr positive Reaktion. Allerdings ist festzustellen, dass selbst unter den Verlierern auf Landesebene kein Index in den negativen Bereich gerutscht ist. Wie die globale Auswertung auf Basis des MSCI All Country World zeigt, gibt es auf Länderebene Ausreißer. Diese sind häufig durch länderspezifische Themen oder die Sektor-Zusammensetzung bedingt.

Weiteres Aufholpotenzial bei Krisen-Verlierern


Die Kurse von Unternehmen, die unter Corona am stärksten litten, haben im November ein Lebenszeichen gesendet, so die DZ Bank. Nach dieser teilweise sehr starken Kursreaktion stellt sich die Frage, ob das Kurspotenzial damit bereits erschöpft ist oder nicht. Die Analysten haben sich dafür die Entwicklung seit Beginn der Krise angesehen. Im HDAX notieren trotz der positiven Reaktion über 50% der Aktien unter dem Vorkrisenniveau. 20% der Unternehmen sogar 20% bis 60% unter dem Vorkrisenniveau. Auf der anderen Seite stehen 15% der Unternehmen 20% oder mehr darüber. Es scheint somit, dass es weiterhin viele Aktien mit erheblichem Aufholpotenzial gibt.

Die Kursreaktion nach Bekanntgabe der positiven Impfstoff-Studiendaten zeigt laut den Studien-Autoren, dass ein Impfstoff ein „Game-Changer“ ist. Die Kursmuster, die wir seit Beginn der Corona-Krise kennengelernt haben, sollten mit zunehmenden Corona-Fortschritten nicht weiter Bestand haben. Noch stehen viele Titel deutlich unter den Vorkrisen-Niveaus. Auf dem Weg zu normalen Konsum- und Investitionsgewohnheiten besitzen viele „Krisen-Verlierer“ weiteres Aufholpotenzial. Auf der anderen Seite ist die Bewertung verschiedener „Corona-Gewinner“ stark angestiegen und hat vereinzelt Blasen-Charakter erreicht. Ein Abbau von extremen Bewertungsaufschlägen erscheint wahrscheinlich. Die Kursreaktion hat gezeigt, dass die Erholungsbewegung der „Corona-Verlierer“ die Kraft besitzt, den Abbau möglicher Übertreibungen bei Corona-Gewinnern über zu kompensieren. Dies zeigt sich besonders auf Länderebene, wo die Kursreaktion fast überall positiv ausgefallen ist. Auf Sektorebene waren allerdings auch negative Kursreaktionen zu messen.

Diese Kursreaktion ist aus Sicht der DZ Bank kein Strohfeuer von Aktien, die unter Corona massiv gelitten haben, sondern ein Vorgeschmack auf eine Sektorrotation, die uns auf dem Weg in Richtung Normalität begleitet. Generell sollte ein gutes Aktienjahr folgen, in dem Nachzügler und „Corona-Verlierer“ profitieren werden. Wie frühere Analysen gezeigt hätten, sei es generell nicht besonders erfolgsversprechend, auf Nachzügler zu setzten. Diese seien häufig durch strukturelle Nachteile, ein schwaches Management oder ein veraltetes Produktportfolio geprägt.

Allerdings könnte Corona eine Variable darstellen, die „Corona-Verlierer“ zwar vorübergehen massiv unter Druck gesetzt habe, der Impfstoff die Belastungen allerdings mit zunehmender Immunisierung beseitigen werde. Daneben dürfte der wirtschaftliche Post-Corona-Boom, welchen man ab der zweiten Jahreshälfte 2021 erwarte, zusätzlich auch die Geschäfte dieser Unternehmen beflügeln. Die Chancen für Nachzügler-Aktien stünden somit gut.

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Die DZ Bank hat in ihrem Coverage nach Unternehmen gescreent, die von einem Impfstoff überdurchschnittlich beeinflusst werden sollten. Zum einen hat man Titel gesucht, die positiv auf die Impfstoff-News reagiert haben, von den eigenen Analysten zum Kauf empfohlen werden und noch deutlich unter dem Vor-Krisen-Kursniveau notieren. Zusätzlich hat man nach Unternehmen gescreent, die während der Krise stark gestiegen sind (>+10%), unterdurchschnittlich auf die Impfstoff-News reagiert haben, und die von den eigenen Analysten nicht zum Kauf empfohlen werden. Das Anlageurteil hat man in das Screening einbezogen, um unternehmensspezifische Sachverhalte zu berücksichtigen.


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