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Kurzzusammenfassung des Gutachtens der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina

Kommentare Marius Müllerhoff 129 Leser

Am 13.04.2020 hat die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina eine dritte Ad-hoc-Stellungnahme zur COVID-19-Pandemie veröffentlicht.

Das Papier mit dem Titel „Coronavirus-Pandemie – Die Krise nachhaltig überwinden“, an dem über 26 Experten (darunter der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen Lars Feld, die Ethikerin Claudia Wiesemann, der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel) mitgewirkt haben, behandelt die psychologischen, sozialen, rechtlichen, pädagogischen und wirtschaftlichen Aspekte der Pandemie und beschreibt Strategien, die zu einer schrittweisen Rückkehr in die gesellschaftliche Normalität beitragen können.

Folgend eine Kurzzusammenfassung des Papiers:

Um die Entscheidungsgrundlage zu verbessern, unterstützen die Experten die Idee der freiwillig bereitgestellten GPD Daten in Kombination mit dem Contact-Tracing ein (so wie es bereits in Südkorea implementiert wurde). Die Daten sollen Realtime in dynamische Modelle einfließen, um die Entscheidungsfindung zu unterstützen und die Wirksamkeit politischer Maßnahmen zu überprüfen.

Die Experten appellieren an die Menschen, sich aus intrinsischer Motivation selbst zu schützen und solidarisch zu verhalten (u.a. Distanz halten, Desinfektionsmittel verwenden, Hände waschen, Mund-Nasen-Schutz tragen, zu Hause zu bleiben). Eigenverantwortlicher Umgang ist das A und O. Dies sei wichtiger als die Androhung von (weiteren) Sanktionen/Ausgangssperren. Gleichzeitig ist es notwendig, den Bürgern einen transparenten Fahrplan und Maßnahmenkatalog zu präsentieren.

Außerdem plädieren die Experten dafür, Bildungseinrichtungen wie Schulen „sobald wie irgend möglich“ wiederzueröffnen. Zunächst sollen Grundschulen und Sekundarstufe I geöffnet werden, da die Jüngeren „mehr auf persönliche Betreuung, Anleitung und Unterstützung angewiesen sind“. Mit zunehmendem Alter sollte der Fernunterricht (digital und analog) besser genutzt werden, insbesondere an Universitäten und Hochschulen. Die Experten setzen sich ganz klar für den Ausbau an digitalen Unterrichtsmaterialien ein. Aufgrund der Distanzregeln und Schutzmaßnahmen sollte der Betreib in Kindertagesstätten nur limitiert wieder aufgenommen werden.

Für die Normalisierung des öffentlichen Lebens unterstellen sie folgende Voraussetzungen:

1. Die Neuinfektionen stabilisieren sich auf niedrigem Niveau.
2. Es werden notwendige klinische Reservekapazitäten aufgebaut und die Versorgung der anderen Patienten wieder regulär aufgenommen.
3. Schutzmaßnahmen wie Distanzregeln, Mundschutz etc. werden eingehalten.

Sofern diese Voraussetzungen gegeben sind, kann der Einzelhandel und das Gastgewerbe schrittweise wiedereröffnet werden. Das Tragen von Mund-Nasen-Schutz sollte in bestimmten Bereichen wie beispielsweise dem Nachverkehr als Pflicht eingeführt werde. Auch die schrittweise Eröffnung von gesellschaftlichen, kulturellen und sportlichen Veranstaltungen sollte ermöglicht werden.

Hinsichtlich der Wirtschafts- und Finanzpolitik plädieren sie kurzfristig für die bekannten Instrumente wie Kurzarbeitergeld, Liquiditätshilfen, Zuschüssen etc. Staatliche Beteiligungen sollten nur im Notfall angegangen werden.

Mittelfristig sind weitere fiskalpolitische Maßnahmen notwendig. Konkret werden hier Steuererleichterungen und der Vorzug der Teilentlastung oder gar Abschaffung des Solidaritätszuschlages genannt. Des Weiteren setzen sich die Experten dafür ein, dass zusätzliche Mittel für öffentliche Investitionen wie das Gesundheitswesen, die digitale Infrastruktur und den Klimaschutz bereitgestellt werden. Beim Thema Klimaschutz heben sie explizit die umgehende Einführung eines Preises für fossiles Kohlendioxid, die Verabschiedung und Umsetzung der nationalen Wasserstoffstrategie sowie die Neuregelung des Strommarktes hervor. Sie untermauern, dass die europäische Solidarität für die Krisenbekämpfung wichtig sei, z.B. durch die Europäische Zentralbank, die Europäische Investitionsbank und den Europäischen Stabilitätsmechanismus.

Abschließend betonen die Experten, dass an einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung festzuhalten sei. Konkret erwähnen sie den staatlichen Rückzug aus Unternehmen, den Abbau von Staatschulden, die Aufrechterhaltung der Schuldenbremse. Denn diese ermöglichen es, in zukünftigen Krisen adäquat aufgestellt zu sein.

Quelle:
https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2020_04_13_Coronavirus-Pandemie-Die_Krise_nachhaltig_%C3%BCberwinden_final.pdf
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