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Marathon-AGs: Die besten strukturellen Gewinner am deutschen Aktienmarkt mit geschützten Wettbewerbsvorteilen

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Die Börsen haben ein ereignisreiches erstes Halbjahr hinter sich. Um den täglichen Stress am Aktienmarkt abzumildern, können Anleger verstärkt auf Unternehmen mit strukturellem Rückenwind setzen, schreibt die DZ Bank in einer aktuellen Studie. Dazu zählen aus der Sicht der dortigen Analysten Unternehmen, die in der Vergangenheit vieles richtig gemacht haben und dies durch ihren heutigen „Trainingsstand“ beweisen können.

Die DZ Bank hat dazu wieder nach Dauerläufern am deutschen Aktienmarkt gesucht. Diese sind wie es heißt Unternehmen, die ein stetiges Wachstum dank eines offensichtlich geschützten Geschäftsmodells erreicht haben – bekannt als deutsche „Marathon-AGs“. Erneut hat man dabei die Entwicklung der Größen Unternehmensumsatz, Gewinn, Unternehmens- und Buchwert ausgewertet, um den aktuellen „Trainingsstand“ anhand einer einfachen Punktewertung zu messen.

Gute Geschäftsmodelle besitzen geschützte Wettbewerbsvorteile

Warum man sich bei der Titelselektion als Auswahlkriterium auf ein geschütztes Geschäftsmodell fokussiert, erklären die Analysten der DZ Bank wie folgt:

„Idealerweise wird der Markteintritt von Konkurrenten in das Geschäftsfeld des Unternehmens durch eine Art modernen ökonomischen Burggraben (Economic Moat) erschwert, der durch verschiedene Alleinstellungsmerkmale und geschützte Wettbewerbsvorteile unüberwindbar ist. Diese Unternehmen haben sich in ihren Märkten oder Nischen etabliert und es teilweise sogar bis zur weltweiten Marktführerschaft gebracht.

Diese „Champions“ kommen, wenn der Preis stimmt, als Investments in Frage. Die Stabilität und Langlebigkeit eines Geschäftsmodells sind aus Investorensicht äußerst wichtige Aspekte. Je länger ein Unternehmen eine führende Marktstellung besetzen und hohe Gewinnmargen erwirtschaften kann, desto besser und wertvoller ist es. Unternehmen, die starke Marktstellungen besetzen, machen ihre Produkte oder Dienstleistungen meist durch Patente, Netzwerke, starke Marken, Kostenführerschaft, besonders intensive Beziehungen und Vertrautheit mit den Kunden, hohe anfallende Wechselkosten beim Lieferantenwechsel, lokale Marktbeherrschung etc. einzigartig und nur schwer reproduzierbar.

Auch scheinen Unternehmen mit einer hohen Reputation einen Wettbewerbsvorteil zu genießen. Diese Gesellschaften haben es geschafft, entweder durch eine hohe Markenloyalität, die Besetzung einer bestimmten (lokalen) Marktlücke oder aufgrund einer unregulierten, aber legalen Monopolstellung, einzigartig zu sein. Dadurch schützen die Unternehmen ihr Geschäft besonders nachhaltig und halten die Gewinnmarge auf hohem Niveau.“

Viele Top-Marathon-Läufer aus den Sektoren Gesundheit und IT

Den Sieg über die Marathondistanz in der Kategorie „Große Werte“ (größer 10 Mrd. EUR Marktkapitalisierung) teilen sich per Geschäftsjahresende 2019 Symrise und Fresenius. Die beiden Unternehmen erreichen 38 von 40 möglichen Punkten. Sie konnten in jedem der vergangenen 10 Jahre die Unternehmensumsätze und den Buchwert je Aktie deutlich steigern. Sartorius und Henkel erreichte 37 Punkte, wobei bei Henkel die beiden letzten Jahre schwächer verliefen.
Auf den weiteren Plätzen landen, Adidas, Deutsche Wohnen und FMC mit 35 bis 36 Punkten. In der Kategorie „Mittelgroße Werte“ (1,0 bis 10 Mrd. EUR Marktkapitalisierung) besteigen Carl Zeiss Meditec, Bechtle und Isar Vision mit 39 von 40 möglichen Punkten das Siegerpodest. Dahinter folgen Nemetschek und Grenke mit jeweils 38 Punkten. Unter den SmallCaps (100 bis 1.000 Mio. EUR Marktkapitalisierung) siegen Nexus (39), Amadeus Fire (37), Hamborner Reit (37) und KPS (37).

Insgesamt 31 der 235 untersuchten Unternehmen (13 %) erhalten sehr gute Noten und bekommen mindestens 36 der 40 erzielbaren Punkte (>90 %). Weitere 56 Unternehmen (24 %) der Unternehmen können 32 Punkte (80 %) oder mehr erreichen. Wie auch in den Vorjahren sind unter den Topwerten überproportional viele Gesellschaften aus den Sektoren Gesundheit und Technologie. Unter den vorderen Plätzen sind auch viele der bekannte „Hidden Champions“, also Marktführer aus der zweiten und dritten Reihe.

Generell zeigten die Unternehmen seit 2017 eine leicht schwächere Entwicklung als in den Vorjahren. Dies lässt sich an der Gesamtpunktzahl ablesen, die seit 2017 leicht rückläufig ist. Es ist festzustellen, dass es bei einigen Unternehmen seit 2017 weniger stark vorwärts geht, erklären die Autoren Michael Bissinger und Christian Kahler. Zudem werde die laufende Rezession verschiedene Geschäftsmodelle auf die Probe stellen. Die Erfolgswelle von einigen unserer Marathon-Stars dürfte unterbrochen werden.

Zu beantworten bleibe, ob diese Unternehmen lediglich eine Saison pausieren oder aufgrund von strukturellen Problemen den Anschluss zur Weltspitze verlieren werden. Wenn der Trainingsstand und der Preis stimmten, kämen die Marathon-AGs als Langfristinvestments in Frage. Der durch das Corona-Virus ausgelöste Kurseinbruch eröffne Chancen, auf die Anleger lange hätten warten müssen. Jedoch hätten sich viele der Marathon-AGs in kürzester Zeit bereits wieder erholt, so dass die Anlageurteile aus Sicht der DZ Bank nicht immer positiv ausfallen.

DZ Bank Value Marathon Score: Entwicklung der Bestandteile innerhalb der letzten 10 Jahre

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Quelle: Bloomberg, DZ BANK, siehe auch die Erläuterungen nach der zweiten Tabelle.

Marathon AGs: Abstand zum Höchstkurs seit 2017 und Bewertung vs. 5-Jahres-Durchschnitt

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Quelle: Bloomberg, DZ Bank

Ergänzender Hinweis: Die DZ Bank hat das VALUE MARATHON (VM)-Scoring eingeführt, bei dem ein Unternehmen für jedes der vergangenen 10 Jahre, in dem Umsatz, Gewinn (auf EBIT-Basis), Unternehmenswert (Enterprise Value) und Buchwert gesteigert wurde, je einen Punkt erhält. Ein Unternehmen, welches in jedem Jahr in jeder Kategorie zulegen konnte, würde entsprechend 40 Punkte bekommen. Die DZ Bank verwendet das VM-Scoring heute als eines von mehreren Screeningkriterien zur Ermittlung des investierbaren Universums im Rahmen des DZ Bank Value Ideas-Ansatzes.
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