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Portfoliocheck: Bei IAC InteractiveCorp wettet Mason Hawkins auf den nächsten Spin-off-Coup

Portfoliocheck Michael C. Kissig 1.178 Leser

Mason Hawkins ist Gründer und CEO von Southeastern Asset Management und leitet diese Investmentgesellschaft seit mehr als vier Jahrzehnten. Hawkins fokussiert sich auf eine überschaubare Zahl von Werten und hält seine Positionen zumeist viele Jahre lang. Dabei machen seine TOP-10-Positionen oft mehr als 75 Prozent des Portfolios seines Longleaf Partners Funds aus.

Er vertritt einen klassischen Value-Investing-Stil und setzt auf vernachlässigte Branchen, die gerade so gar nicht en vogue sind an der Wall Street. Daher finden sich in seinem Portfolio wenige Aktien aus dem Hochtechnologiebereich, sondern Werte aus den Sektoren der Communication Services, zyklischen Konsumwerte und Industrie.

Sein konträrer Ansatz zahlt sich aus und er kann über mehr als vierzig Jahre hinweg auf eine Outperformance gegenüber dem S&P 500 verweisen. Seit der Finanzkrise 2008/09 tun sich Valueaktien schwer gegenüber den Wachstumswerten und so geriet auch Hawkins Performance in den letzten Jahren ins Hintertreffen, so dass auf Zehnjahressicht eine deutliche Underperformance gegenüber dem S&P 500 zu verzeichnen ist. Doch diese Zeiten ändern sich, immer mal wieder…

Top Transaktionen im 4. Quartal 2021


Im letzten Quartal lag Mason Hawkins Turnoverrate bei 16 % Unter seinen 35 Depotwerten finden sich gleich 8 Neuzugänge.

Die größte Auswirkung hatte der Neueinstige bei Biogen; oder besser gesagt der Wiedereinstieg. Mason Hawkins hatte seine Position im Vorquartal komplett veräußert, nachdem Biogens neues

Alzheimermedikament die Hoffnungen nicht so richtig erfüllen konnte. Nun die Kehrtwende nach dem deutlichen Kurseinbruch und damit zu deutlich niedrigen Preisen.

Ebenfalls neu im Depot sind Liberty Broadband mit gut 2,3 %, Oscar Health mit 1,35 %, Fiserv mit 1,3 % und Vimeo mit knapp 1 % Gewichtung. Vimeo ist ein Business, das IAC InterActiveCorp aufgebaut und dann an seine Aktionäre via Spin-off verschenkt hat. Bei IAC war Mason Hawkins erst im Vorquartal neu eingestiegen und hat nun um weitere 0,7 % aufgestockt. Interessanterweise kaufte er bei MGM Resorts weiter zu, bei denen IAC auf dem Hochpunkt des Coronaabsturzes mit einem Milliardenbetrag eingestiegen war.

Bei Hyat Hotels reduzierte Hawkins im Gegenzug seine Position um ein Fünftel. Bei Comcast stieg er beinahe komplett aus, wie auch bei Alibaba, während er bei Baidu bereits alle Anteile verkauft hat. Damit kehrt er seinen Chinainvestments konsequent den Rücken, nachdem er im Vorquartal bei Baidu noch knapp ein Fünftel aufgestockt hatte und bei Alibaba sogar um 40%.

Top Positionen zum Ende des 4. Quartals 2021


Hawkins Portfolio wird weiterhin von Werten der Communications Servcies dominiert, die es auf eine Gewichtung von 30 % bringen. Ihnen folgen zyklische Konsumwerte mit 17,2 % und damit 3 % weniger als noch im letzten Quartal, vor Financial Service mit 12,4 %, Industriewerten mit 11,9% und mit 9,5 %.

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Mason Hawkins mit Abstand größte Position bleibt Lumen Technologies, wenngleich ihr Gewicht um mehr als 3 % auf jetzt noch 13,6 % gesunken ist. Mattel hat mit CNX Resources die Plätze getauscht und ist neuer Zweitplatzierter. Auf Rang vier folgt nun FedEx, die sich um drei Plätze verbessert haben, vor der weiterhin fünftplatzierten Hyatt Hotels Corp.

General Electric fiel um zwei Plätze auf den sechsten zurück und liegt nur noch knapp vor Discovery, die auf Rang sieben den Sprung in die Top 10 schafften. Ihnen folgen MGM Resorts, IAC InterActiveCorp und Affiliated Managers Group mit relativ gleich hohen Gewichtungen.

Hawkins Portfolio ist stark fokussiert. Die drei größten Positionen Lumen (die ehemalige CenturyLink), Mattel und CNX Ressources machen gut ein Viertel aus und die fünf größten, also ergänzt um FedEx und Hyatt Hotels, bringen es zusammen auf 40 % Gewichtung.

Auffällig ist, dass Mason Hawkins beim Öl- und Gas-Explorer CNX Ressources rund 13,5 % aller Aktien hält, bei Lumen 6,3 % und Mattel rund 5,8 %.

Im Fokus: IAC InterActiveCorp.


IAC ist ein Companybuilder und dabei eine absolute Erfolgsgeschichte, sowohl unternehmerisch als auch als Börsenstory. Trotzdem ist das Unternehmen weitgehend unbekannt. Zu Unrecht, denn es hat einige der erfolgreichsten und bekanntesten Internetunternehmen gegründet, entwickelt und in die Eigenständigkeit entlassen. Sehr zum Wohle der Aktionäre, sowohl von IAC als auch der ehemaligen Töchter.

Quelle: Qualitäts-Check TraderFox

Dabei ist IAC keine Beteiligungsholding, sondern ein Beteiligungsunternehmen. Sie besitzt zwar eine Reihe von Tochtergesellschaften, aber nicht, um diese zu besitzen, sondern um sie zu verschenken. Und zwar an ihre Aktionäre. Mit diesem Geschäftsmodell hat IAC in den letzten 20 Jahren mehr als 20 % Rendite pro Jahr erwirtschaftet für seine Aktionäre und dabei sogar Warren Buffett abgehängt.

Dem Aktienkurs sieht man das nicht unbedingt an. Aber das liegt am Wesen der Spin-offs. Bei denen werden die Aktien der betreffenden Tochterunternehmen den eigenen Aktionären der IAC geschenkt und dabei in deren Depots gebucht.

Zuletzt geschah dies mit Vimeo. Die Aktien der „besten Kreativcommunity der Welt“ wurden im Mai 2021 abgespalten und den Anlegern ins Depot gebucht. Im IAC-Aktienkurs sieht man den Einbruch deutlich, denn IAC verzeichnete durch den Spin-off natürlich einen Wertverlust, während die IAC-Aktionäre die Kompensation in Form von Vimeo-Aktien erhalten haben.

Und Vimeo ist nicht die erste Erfolgsgeschichte von IAC. Zu den großen bisherigen Abspaltungserfolgen zählen bekannte Namenwie HSN Home Shopping Network, Ticketmaster, Interval, LendingTree und Expedia. Und natürlich Match Group, die Tinder-Mutter.

IAC versteht sich nicht als Inkubator für neue Geschäftsmodelle in der Online- und Mobilwelt.

Und trennt sich von seinen erfolgreichsten Beteiligungen, um wieder Platz für Neues zu schaffen.

So werden einerseits die eigenen Aktionäre belohn, da die IAC-Aktien zumeist mit deutlichem Abschlag zum Wert ihrer börsennotierten Beteiligungen notieren, und durch den Spin-off diese Diskrepanz aufgeholt wird. Und andererseits steuern die erfolgreichsten Töchter im IAC-Reich auch einen oft dominierenden Platz ein hinsichtlich Umsatz- und Gewinnbeitrag, dass die übrigen Unternehmen dagegen zu wenig Beachtung bekommen.

IAC wittert neue Chancen

Im Zuge der Spin-offs übergibt IAC seinen in die Freiheit entlassenen Töchtern einiges der für sie angehäuften Schulden mit auf den Weg und erhält oft noch eine Barkomponente als Abschiedsgeschenk. Ein guter Deal für beide Seiten, denn die freigelassenen Töchter können sich nun losgelöst vom Zwang eines Konglomerats entwickeln, während IAC finanziell wieder neue Kapazitäten für neue Projekte hat.

So war IAC nach dem Match Group-Spin-off schuldenfrei und verfügte neben ihren Beteiligungen über ein Cashpolster von 3,9 Mrd. USD. Und ging damit auf Shoppingtour. Für 500 Mio. USD hat man Care.com übernommen, den weltweit größten Online-Marktplatz für die Vermittlung von Pflegepersonal im Bereich Altenpflege, Babysitter, Haushaltsdienste und dann dessen Börsennotierung eingestellt. Care.com wird seitdem als privates Unternehmen geführt und unter einem neuen Management weiterentwickelt – das entspricht dem klassischen IAC-Playbook. In 2019 hatte Care.com rund 200 Mio. USD Umsatz erzielt.

Und Anfang August 2020 legte IAC 1 Mrd. USD für einen Anteil von 12 % an der börsennotierten MGM Resorts International auf den Tisch. Der Kaufpreis für die Aktien des Casinobetreibers lag bei 17 USD und IAC bezeichnete dies als eine „einmalige“ Gelegenheit. Damals lagen die Aktien des Casinobetreibers am Boden und haben sich seitdem prächtig erholt auf zuletzt über 40 USD, also gut das Zweieinhalbfache. Inzwischen hält IAC 14,4 % an MGM Resorts im Wert von über 2,6 Mrd. USD und IACs Buchgewinn beträgt damit bereits heute deutlich mehr als 1 Mrd. USD.

Onlinewetten- und glücksspiel

Aber IAC zielt bei dem Engagement natürlich nicht auf kurzfristige Kurszuwächse ab und man will sich auch nicht als Casinobetreiber versuchen, sondern IAC unterstützt MGM dabei, sich im Bereich Onlinewetten- und glücksspiele besser aufzustellen. Das ist ein stark wachsender Markt, nicht nur in Coronazeiten, aber in den USA vollzieht sich gerade eine „spielverändernde“ Entwicklung. Denn immer mehr Bundesstaaten legalisieren das Glücksspiel und vergeben auch Lizenzen für Onlineglückspiele. Ein neues Eldorado und IAC ist nun milliardenschwer mittendrin.

Zum jetzigen Zeitpunkt besitzt IAC eine attraktive Sammlung schnell wachsender Internetunternehmen, die in sehr großen Märkten mit starkem Rückenwind von Offline zu Online tätig sind:

IAC hält 85,1 Prozent an ANGI, einem Marktplatz für Handwerkerdienstleistungen, zu dem auch das deutsche Handwerkerportal MyHammer gehört.

Das Segment Publishing bringt einige der vertrauenswürdigsten Publisher des Webs zusammen, darunter die Premium-Marken Dotdash, Investopedia und The Daily Beast. Anfang Dezember 2021 vollzog Dotdash für 2,7 Mrd. USD die Übernahme der Meredith Holdings Corp., die Weltklasse-Marken wie PEOPLE, Better Homes & Gardens, FOOD & WINE, Allrecipes, Southern Living, InStyle und REAL SIMPLE unter ihrem Dach vereint.

Dotdash Meredith kombiniert Merediths erstklassige Werbekapazitäten, First-Party-Daten und tiefe Beziehungen zu Werbetreibenden mit Dotdashs digitalem E-Commerce- und Performance-Marketing-Know-how zu einem digitalen Kraftpaket und Amerikas größtem Digital- und Printverlag. Das Unternehmen erwartet, dass mehr als 70 % des bereinigten Pro-forma-EBITDA von 2021 aus dem digitalen Bereich stammen werden und dass das bereinigte EBITDA aus digitalen Assets im Jahr 2023 voraussichtlich 450 Mio. USD übersteigen wird.

Suchgeschäft ist ein Cashcow-Business zu dem die Ask Media Group mit der Suchmaschine Ask.com und MyDomaine gehört.

In Other Groups bündelt IACs Frühphaseninvestitionen in potenzielle Plattformbusinesses, wie BlueCrew, ein on-Demand-Markt für leichte industrielle Jobs, oder Honcker, eine on-demand-Plattform für das Leasing von Autos oder JoyRun, ein On-Demand-Markt für crowdbasierte Lieferungen oder Turo und nun auch Care.com. Die Other Groups stehen für rund 10 Prozent des Konzernumsatzes.

In seinem Aktionärsbrief zum 4. Quartal 2021 erklärte CEO Joey Levin: „Wir gehen in das Jahr 2022 mit fünf bedeutenden Unternehmen bzw. Beteiligungen: Dotdash Meredith, ANGI, Care, MGM und Turo. Jedes dieser Unternehmen ist klarer Marktführer in einer großen Kategorie und kann Gewinne erwirtschaften, während es gleichzeitig die Chance hat, seine ganze Branche nachhaltig zu verändern.“

Die weiteren Aussichten für IAC

Für IAC bedeutete die Trennung von der Match Group und der Spin-off von Vimeo einen Neuanfang. Wieder einmal. Große Teile des bisherigen Umsatzes sind „verloren“ gegangen und IAC ist wieder viel kleiner und weniger. Mit Care.com, Turo, Meredith und MGM Resorts hat man bereits wieder ordentlich Geld investiert und baut neue Geschäftsfelder auf.

ANGI ist, wie auch MGM Resorts, börsennotiert und steht schon länger auf der Watchlist für den nächsten Spin-off. Aufgrund der Kurshalbierung im letzten halben Jahr und der aktuell eingetrübten Aussichten für die Branche dürfte diese Karte allerdings in nächster Zeit nicht ausgespielt werden.

Die IAC-Aktie selbst hat in den letzten Monaten auch ordentlich Federn lassen müssen. Anleger haben das Interesse an Internet- und Online-Geschäftsmodellen verloren, weil die Aussicht auf steigende Zinsen Wachstumsaktien per se unattraktiver macht im Vergleich zu Value-Werten. Doch hieraus ergeben sich auch Chancen für geduldige Anleger, die bereit sind, antizyklisch zu agieren. So wie Mason Hawkins.

Betrachtet man die einzelnen größeren Beteiligungen von IAC, dürfte der Aktienkurs um gut 25 % unter seinem fairen Wert liegen. Das kommt schon mal vor, wenn auch nicht unbedingt in dieser Größenordnung. Besonders interessant wird IAC wieder dann, wenn sich die Börsenstimmung für Wachstumsaktien wieder aufhellt und die Anleger mit Geld zurück in dieses Segment drängen. Dann heben sich die Bewertungsmultiplen für die IAC-Töchter und der Abschlag des Aktienkurses auf seinen fairen Wert baut sich ab. Und es kommt die Zeit der Ernte, wenn IAC den nächsten lukrativen Spin-off plant und seinen Aktionären wieder Gutes tut.

Bis dahin läuft bei IAC business as usual. Der Companybuilder formt neue digitale Branchenführer und ist auch weiter auf der Suche nach interessanten Kaufgelegenheiten. Für ganz neue Geschäftsmodelle oder Add-on-Käufe für seine Plattformgeschäfte.

Mason Hawkins setzt auf das Erfolgsmodell IAC. Und zudem auch noch auf deren aktuellen Star MGM Resorts sowie das ehemalige Starlet Vimeo. Antizyklisch eben, aber seit vier Jahrzehnten erfolgreich.


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