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Portfoliocheck: Joel Greenblatt ist bullish für den US-Aktienmarkt und besonders für Berkshire Hathaway

Portfoliocheck Michael C. Kissig 1.448 Leser

Joel Greenblatt studierte an der University of Pennsylvania und schloss sein Studium mit dem Bachelor of Science und dem Master of Business Administration ab. 1985 startete er seinen eigenen Hedgefonds Gotham Capital mit 7 Mio. USD.

Klassische Value-Ansätze sind Greenblatt zu kompliziert und setzen zu viele Bilanz- und Wirtschaftskenntnisse voraus. Daher entwickelte der Value Investor ein regelbasiertes Auswahlsystem für die aussichtsreichsten Aktien: die „Börsenzauberformel“.

In seinem Buch „The Little Book that Beats the Market“ belegte er den überragenden Erfolg dieser Strategie und das Buch schaffte es auf die Bestsellerliste der New York Times.

Die Börsenzauberformel

Dabei begrenzt Greenblatt von vornherein die Aktienauswahl. So müssen sie untersuchten Werte eine Mindestmarktkapitalisierung aufweisen, in den USA beheimatet sein und nicht dem Energie- oder Finanzsektor angehören. Entscheidend sind dann lediglich zwei Kennzahlen und zwar die Kapitalrendite (ROIC, Return on Invested Capital), und die Gewinnrendite. Zu ihrer Ermittlung wird der operative Gewinn eines Unternehmens ins Verhältnis zum Gesamtunternehmenswert („Enterprise Value“) gesetzt. Je höher die Gewinnrendite ist, desto günstiger ist das Unternehmen bewertet.

Die Kapitalrendite ist im Gegensatz zur Gewinnrendite eine Qualitätskennzahl und wird von Greenblatt als Verhältnis aus EBIT zu den materiellen Nettovermögenswerten definiert. Je höher die Gewinnrendite desto mehr Gewinn wird im Vergleich zum eingesetzten Kapital erzielt.

Top Transaktionen im 4. Quartal


Zum Ende des Quartals hatte Joel Greenblatts Gotham Capital 1.127 Werte mit einem Gesamtwert von 3,1 Mrd. USD im Portfolio, darunter 273 Neuaufnahmen. Seine Turnover-Rate lag bei selbst für seine Verhältnisse sehr hohen 31 %.

Greenblatt stockte seinen „eigenen“ S%P 500 ETF massiv auf und an zweiter Stelle einen weiteren S&P 500-ETF. Beide zusammen bringen es auf einen Depotzuwachs von knapp 6,5 %.

Die drittstärkste Auswirkung hatte sein Aufstocken bei Warren Buffetts breit diversifizierter Beteiligungsholding Berkshire Hathaway, wo er seinen Aktienbestand um satte 145 % ausbaute.

Ebenfalls dem Finanzsektor zuzuordnen ist Apollo Global Management, ein weltweit führender Manager Alternative Assets, der mit Blackstone und KKR um die Krone unter den sogenannten Finanzinvestoren ringt. Hier stockte Greenblatt seinen zuvor sehr überschaubaren Bestand um massive 2.500 % auf.

Ebenfalls deutlich mehr Aktien hat er nun von Regeneron Pharma im Depot, wo er um knapp 340 % zulegte. Hinzu gesellt sich sein Neueinstieg bei DTE Energy.

Aber Joel Greenblatt hat auch Unternehmen aussortiert. Bei DuPont de Nemours kappte er seinen Bestand um 77 %, bei Public Service Enterprise Group um 98 %, bei Automatic Data Processing um 55 %, bei Eli Lilly um 93% und bei General Electric um 92 %.

Top Positionen zum Ende des 4. Quartals


In Greenblatts breit gestreutem Portfolio führen weiterhin Technologiewerte mit 19 % Gewichtung. Ihnen folgen Gesundheitsaktien (12,3 %), Industriewerte (12,1 %), zyklische Konsumwerten (11,7 %) und Finanzwerte mit (7,7 %).

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Das massive Aufstocken bei den S%P 500-ETFs zeigt sich auch an deren starker Gewichtung in Greenblatts Depot. Beide zusammen stehen nun für knapp 10 %. Dahinter folgen, mit deutlich kleinerer Einzelgewichtung die ebenfalls im S&P 500 dominierenden Unternehmen Microsoft, Apple, Alphabet und Amazon. Die Kursschwäche bei Amazon und der Kurseinbruch bei Meta Platforms kosten beide Unternehmen Plätze, die relative Stärke von Microsoft und Apple erhöhte ihre Gewichtung.

Auf den achten Rang steht nun Berkshire Hathaway, die einerseits Apple als größte Einzelposition im Aktiendepot haben (Apple steht für rund 10% aller Vermögenswerte von Berkshire Hathaway) und andererseits selbst ein breites Spektrum an vor allem US-amerikanischen Werten abbilden.

Auf Platz 9 folgt Pharmagigant Pfizer, die durch die Corona-Kooperation mit der deutschen BioNTech und ihrem Erfolgsmittel Comirnaty große Erfolge im Kampf gegen die Pandemie feiern können, und der weiterhin strauchelnde Chipgigant Intel, der rund 80 Mrd. USD in neue Chipwerke investieren will und davon alleine 17 Mrd. in Sachsen-Anhalt.

Greenblatt setzt seinen Schwerpunkt also auf US-Standardwerten mit hohen Cashflows und üppigem Cashpolstern, die bei Konjunkturschwächen und in Krisenzeiten mit am besten für den Sturm gerüstet sind.

Aktie im Fokus: Berkshire Hathaway


Und dazu gehört ganz eindeutig auch Berkshire Hathaway, die teuerste Aktie der Welt. Soeben übersprang sie zum ersten Mal die magische Marke von 500.000 USD. Das ist Ausdruck des unglaublichen Erfolgs, den Warren Buffett als Investor vorzuweisen hat. Denn als er vor knapp 55 Jahren die Mehrheit und die Führung bei Berkshire übernommen hat, stand der Aktien irgendwo um die 50 Dollar.

Quelle: Qualitäts-Check TraderFox

Zu dieser Zeit war die Aktie des strauchelnden Textilherstellers für jedermann erschwinglich, während heute kein normaler Anleger mehr in der Lage ist, sich auch nur eine Aktie zu leisten. Einen Aktiensplit bei lehnt Buffett ab; er sieht seine Aktionäre als Partner und viele von ihnen sind schon seit Jahrzehnten seine Mitaktionäre.

Aber Buffett verschließt sich auch nicht den Wünschen der Anleger und hat daher durch die Ausgabe von B-Aktien eine deutlich günstigere Einstiegsvariante geschaffen. Selbstverständlich notieren auch diese B-Aktien auf Allzeithoch, befinden sich aber mit einem Kurs von 333 USD in deutlich geerdeteren Sphären.

Und natürlich darf keinesfalls der prägende Einfluss von seinem inzwischen 97-jährigen Partner Charlie Munger unerwähnt bleiben, der aus dem „Zigarettenstummelsammler“ Graham’scher Prägung den Sammler von Qualitätsunternehmen im Stile Phil Fishers machte – dem Vater von Star Investor Ken Fisher. Aber das ist eine andere Geschichte.

Berkshire Hathaway besteht zu einem Fünftel aus Cash. Zum Jahresende hat sich der Berg auf 146 Mrd. USD aufgetürmt. Der Rest teilt sich über den Daumen gepeilt in zwei Hälften. Die eine besteht aus nicht börsennotierten Unternehmen, an denen Berkshire oftmals die Aktienmehrheit oder sogar alle Anteile hält, sowie Anteile an nicht-amerikanischen Unternehmen. Und die andere Hälfte betrifft die börsennotierten US-Unternehmen, die Buffett zum Ende eines jeden Quartals in Berkshire Hathaway eigenem 13 F-Formular gegenüber der US-Börsenaufsicht SEC offenlegen muss. Und genau dieses Aktiendepot weckt das größte Interesse der Öffentlichkeit und bestimmt wochenlang die Titelstorys der Börsenpresse. Auch wenn es nicht mal die halbe Miete ist…

Der Cashberg

Zum Buffetts wachsendem Cashbestand gibt es viele Meinungen. Und es gibt nicht „die eine“ richtige, sondern mehrere Aspekte.

Berkshire ist eine Cashmaschine, Buffett hat sie in voller Absicht und von Anfang an aufgebaut. Das Rückgrat bildet das Versicherungsbusiness; Berkshire gehören mehrere Versicherungskonzerne, wie u.a. der Autoversicherer Geico. Ihr „Float“ an Versicherungsprämine spült Berkshire einen stetigen „kostenlosen“ Geldstrom in die Kassen und Berkshire legt dieses Geld in Unternehmensbeteiligungen an. Die Versicherungsleistungen werden erst irgendwann in der Zukunft fällig und können dann aus den aktuellen Cashflows beglichen werden. Hier folgte Buffett den Überlegungen und dem Vorbild seines Mentors Benjamin Graham.

Darüber hinaus liefern die vielen Unternehmensbeteiligungen auch fleißig Gewinne bei Berkshire ab, zumeist in Form von Quartalsdividenden. Auch diese Gelder stehen für neue Investments bereit und durch jede weitere Aktie mit Dividendenanspruch wird der Cashflow weiter erhöht. „Compoundig“ in Perfektion, der Zinseszinseffekt wird voll ausgeschöpft.

Allerdings hat der große Erfolg auch Schattenseiten. Durch Berkshires Größe und enorme finanzielle Power gehen ihm die Ziele aus. Bei fast 150 Mrd. USD kann Berkshire sich kaum noch auf kleine Unternehmen als Ziele einlassen. Kauft man eine Firma komplett und zum Beispiel für 100 Mio. USD, hat dies fasst keine Auswirkungen auf Berkshire als Ganzes. Und wenn Berkshire versucht, dessen Aktien über die Börse zu kaufen, würde der Kurs aufgrund der stark anspringenden Nachfrage sofort in die Höhe schießen. Buffetts Investitionsspielfeld wird daher zunehmend kleiner, weil es immer öfter auf Großwildjagd gehen muss, um mit seiner riesigen Feuerkraft überhaupt noch zum Schuss zu kommen.

Auch deshalb kam es Buffett so gelegen, dass er um 2016 herum gut 36 Mrd. USD in Apple-Aktien investieren konnte, ohne damit den Preis zu sehr hoch zu treiben. Heute hält Buffett 5,44 % an Apple und dieser Anteil ist bei einer Marktkapitalisierung von 2.580 Mrd. USD alleine 140 Mrd. USD wert. In absoluten Zahlen ist Apple damit Buffetts bestes Investment aller Zeiten und auch in der Renditebetrachtung muss es sich keinesfalls verstecken. Immerhin ist Buffett erst gute 5 Jahre investiert und in der Zwischenzeit flossen zusätzlich noch reichlich Dividenden an Berkshire, die zurzeit rund 785 Mio. USD pro Jahr ausmachen.

Aber Buffett will Berkshire auch unter allen Umständen finanziell sicher aufgestellt sehen. Das Unternehmen soll jeder Zeit in der Lage sein, alle seine Beteiligungen und Töchter finanziell ausstatten zu können, damit sie und Berkshire selbst in Krisenzeiten nicht von externen Kapitalspritzen abhängig sind. Buffett reserviert hierfür dauerhaft zweistellige Milliardensummen.

Das „unsichtbare Portfolio“

Zu den nicht im 13F-Formular auftauchenden Beteiligungen gehören viele bekannte, aber auch unbekannte Unternehmen. Die Eisenbahngesellschaft Burlington Northern Santa Fe (BNSF) war früher an der Börse notiert, bevor Buffett das Unternehmen Ende 2009 für rund 30 Mrd. USD aufkaufte. Und 2016 übernahm er den damals ebenfalls börsennotierten Luft- und Raumfahrtkonzern Precision Castparts für 37 Mrd. USD. Batterieikone Duracell tauschte Buffett vor einigen Jahren gegen sein 4,7 Mrd. USD- schweres Aktienpaket von Procter & Gamble ein. Ein weiteres Schwergewicht in Berkshires Portfolio ist BH Energy, die ehemalige MidAmerican Energy.

Berkshire ist aber auch maßgeblich beteiligt an führenden Hausbauern und Autoverkäufern in den US, Möbelläden, Süßwarenherstellern – ein breites Spektrum. Hinzu kommen ausländische Werte, wie unter anderem mehrere japanische Konglomerate, in die Buffett in 2020 günstig einstieg.

Das öffentliche Portfolio

In Buffetts Aktienportfolio dominiert Apple mit einer Gewichtung von inzwischen fast 50 %. Die zweitgrößte Beteiligung ist Bank of America mit 13,6 % Gewicht, an der Buffett 15,5 % aller Aktien besitzt. Bei der mit einem Gewicht von 7,5 % drittplatzierten American Express sind es sogar 19,92 % aller Aktien.

Auf Rang 4 liegt Coca Cola. Die Depotgewichtung liegt bei 7,2 % und Berkshires Anteil inzwischen bei 9,25 %. Diese Aktien hatte Buffett zwischen 1988 und 1994 erworben und sie standen Ende 1994 für einen Anteil von 7,8 % Anteilsbesitz. Seitdem hat Buffett keine Veränderungen mehr an seiner Position vorgenommen und sein Anteil hat sich alleine aufgrund der Aktienrückkäufe von Coca Cola immer weiter erhöht. Buffett hatte ursprünglich nur 1,3 Mrd. USD für sein Aktienpaket bezahlt und es ist heute rund 23,5 Mrd. USD wert. Hinzu kommen noch die in den letzten 27 Jahren eingenommenen Dividenden, so dass Buffett seit seinem Einstieg mehr als das Zwanzigfache seines ursprünglichen Investments verdient hat.

KraftHeinz Co. ist seine fünftgrößte Position; Berkshire hält 26,6 % an dem Unternehmen. Buffett hatte zuerst Heinz Ketchup übernommen und von der Börse genommen. Später erfolgte die Fusion mit Kraft Foods und damit die Rückkehr des Unternehmens an die Börse. Partner in beiden Fällen war die brasilianische Beteiligungsgesellschaft 3G, die auch größer Anteilseigner bei AB Inbev ist. Im Gegensatz zu den vier vorgenannten Investments liegt Buffett bei KraftHeinz bisher satt im Minus. Er äußerte sich in der Vergangenheit auch schon einmal so, dass er deutlich zu viel bezahlt habe. Aber die Hoffnung auf einen erfolgreichen Turnaround unter dem neuen Management besteht durchaus.

Darüber hinaus finden sich eine Reihe weitere bekannter Unternehmen in Buffetts Portfolio. Wie Moody’s, Amazon, Verizon, Chevron, Occiental Petroleum, U.S. Bankcorp, Bank of New York Mellon, General Motors, Kroger, DaVita, Visa oder Mastercard.

In Summe bringt es Buffetts US-Aktiendepot auf einen Gesamtwert von rund 331 Mrd. USD und zusammen mit dem Cashbestand und den nicht börsennotierten sowie ausländischen Beteiligungswerten summiert sich die aktuelle Börsenbewertung auf 775 Mrd. USD. Berkshire Hathaway gehört damit zu den wertvollsten Unternehmen der Welt.

Revival der Value-Aktien

Mit der absehbaren Zinswende und den Leitzinserhöhungen der Notenbanken bei gleichzeitigem Runterfahren der Liquiditätsversorgung der Märkte (Anleihekäufe) haben Hochwachstumsaktien merklich an Attraktivität verloren und fahren seit einem Jahr teilweise gravierende Kursverluste ein. Die Hoffnung auf eine der Pandemie hat im Gegenzug viele Aktien aus den konjunktursensiblen Branchen und klassische Value Aktien unter Strom gesetzt.

Der Ukrainekrieg hat hier vieles durcheinander gewirbelt und verstärkt weltweit die Rezessionstendenzen, ebenso die hohe Inflation und die hohen Energiepreise. Auf die großen Cashflowmonster aus dem Technologiesektor zu setzen und auf Berkshire Hathaway scheint angesichts der vielen Unwägbarkeiten eine kluge Strategie zu sein.

„Wenn die Verluste minimiert werden, erzeugen durchschnittliche Gewinne überdurchschnittliche Ergebnisse.“

(Benjmain Graham)

In solchen Phasen geht es zuerst um Kapitalerhalt und erst in zweiter Linie um Renditemaximierung. Joel Greenblatt geht auf Nummer sicher und folgt dem weisen Rat von Warren Buffetts Mentor Benjamin Graham – dem Urvater der fundamentalen Aktienanalyse und Begründer des Value Investings.