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Portfoliocheck: Ray Dalio wettet auf fallende Kurse – und Coca-Cola

Portfoliocheck Michael C. Kissig 4.734 Leser

Ray Dalio hat den von ihm gegründeten Bridgewater Fonds zum größten Hedgefonds der Welt gemacht. Bereits im Alter von 12 Jahren kaufte er seine ersten Aktien und als Northeast Airlines kurze Zeit später aufgekauft wurde, verdreifachte Dalio sein eingesetztes Kapital verdreifachen.

Sein Studium der Finanzen nahm Ray Dalio 1968 an der Long Island Universität auf und erhielt 1971 seinen Bachelorabschluss. Im Anschluss machte er 1973 seinen MBA an der Harvard Business School. Anschließend heuerte er als Floor Trader und Broker an der New York Stock Exchange an und handelte dort Futures für die Firmen Dominick & Dominick LLC. und später für Shearson Hayden Stone.

Bridgewater Associates

1975 wagte Dalio dann den Sprung in die Selbständigkeit und gründete in seinem kleinen Appartement in New York den Hedgefonds Bridgewater Associates.

Bridgewater besteht aus zwei verschiedenen Fonds namens Pure Alpha und All Weather. Ersterer besteht seit Gründung 1975, letzterer wurde erst 1996 aufgelegt. Besonders mit seinem All Weather Fonds möchte Dalio mittels einer Anlagestrategie ein Portfolio kreieren, welches vollständig unabhängig vom Gesamtmarkt jährliche Renditen für den Anleger einfährt. Dafür greift er auf alle Assetklassen zurück und handelt neben Wertpapieren auch mit Immobilien. Außerdem versucht er mit dem Einsatz von Derivaten seine Gewinne zu maximieren.

Beim All-Weather-Ansatz unterteilt er den Fonds praktisch in vier gleiche Teile und kauft sich anteilig Assets, welche auf die vier makroökonomischen Marktbedingungen ("Wetterlagen") positiv reagieren. Diese Faktoren sind ein höher oder niedriger als erwartetes Wachstum und höhere und niedrigere als erwartete Inflation. Somit kreierte Dalio ein komplett neues Konzept, welches sich unabhängig von der makroökonomischen Großwetterlage entfalten kann.

Von der operativen Leitung seines Hedgefonds zog sich Dalio 2017 zurück und ist seitdem als Co-Chairman & Co-Chief Investment Officer aktiv - und damit nur noch einer von drei leitenden Investmentstrategen.

"Wenn die Notenbanken viel Geld drucken, um eine Krise zu entschärfen, sollte man Aktien, Gold und Rohstoffe kaufen, denn deren Wert wird steigen und der Wert des Papiergeldes wird fallen."

(Ray Dalio)

Seit einigen Jahren kritisiert Dalio die Geldflut der Notenbanken und warnt vor den negativen Konsequenzen, wenn diese Blase platzt. In den letzten Monaten gewann seine Kritik an Bedeutung, nachdem die Preise explosionsartig in die Höhe schossen und die Notenbanken zur Inflationsbekämpfung die Zinswende eingeläutet haben.

Kürzlich erklärte er, dass er mit 6,7 Mrd. USD gegen europäische Aktien wette. Unter den 22 Aktien aus dem Euro Stoxx 50-Index finden sich auch 7 deutsche Werte aus dem DAX: Allianz, BASF, Bayer, Deutsche Börse, Infinion, Munich Re und Vonovia.

Bei allen Werten liegt Bridgewaters Short-Quote über 0,5 % und musste daher veröffentlicht werden. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass Dalio bei weiteren Aktien Leerverkäufe getätigt hat, die aber unterhalb von 0,5 % aller Aktien des Unternehmens liegen und daher nicht publik gemacht werden (müssen).

Seine Short-Position kann auch als Hedge zur Absicherung seines Portfolios verstanden werden. Denn eine grundsätzliche Abkehr vom Aktienmarkt empfiehlt Ray Dalio Anlegern nicht. Vielmehr rät er zu ausgesuchten Investments in Unternehmen, die auch in Krisenzeiten hohe Kundennachfrage auf sich ziehen. Sollten die Börsenkurse weiter fallen, wiegen die Gewinne bei seinen Short-Wetten die Kursverluste bei seinen „Long-Positionen“ im Depot auf. Ob die Wette aufgeht, wird sich zeigen…

Top Transaktionen im 2. Quartal 2022

Im letzten Quartal krempelte Dalio gewaltige 38 % seines breit diversifizierten 24,8 Mrd. USD schweren Portfolios um. Es umfasst nun 970 Aktien, darunter 260 Neuaufnahmen.



Im 2021er Schlussquartal hatte Dalio am stärksten seine Emerging Markets-Wetten reduziert und seine dies bezüglichen ETF-Positionen zwischen 29 % und 56 % abgebaut. Im 2022er Auftaktquartal stockte er nun genau hier am massivsten auf mit knapp 4,8 % Depotgewichtung. Die aufstrebenden Staaten in Asien stehen in seinen Augen viel aussichtsreicher da als Europa, wo im Osten der Ukrainekrieg ausgetragen wird, die Lieferketten am stärksten beeinträchtigt und die Energiepreise auf heftigsten abgestiegen sind. Nachvollziehbare Sichtweise.

Bei den Einzelwerten langte Dalio beim Konsumgüterreisen Procter & Gamble ordentlich zu und baute seine Position um annähernd ein Drittel aus. Bei Johnson & Johnson stockte er sogar um 40 % auf und in ähnlichen Größenordnungen bei Coca-Cola, PepsiCo, Walmart, Costco und McDonald’s. Hier hatte Dalio bereits im Vorquartal seine Aktienpositionen jeweils zwischen 10 und 15 % ausgebaut.

Ganz frisch eingestiegen ist er bei Medtronic.

Top Positionen am Ende des 1. Quartals 2022

Mit 25,9 % nach zuvor 28,1 % sind defensive Konsumwerte weiterhin am höchsten gewichtet. Ihnen folgen nun Gesundhitswerte mit 18,2 %, die sich an den zyklischen Konsumwerten vorbeigeschoben haben, deren Gewichtung von 17,9 % auf 13,8 % gefallen ist. Mit großem Abstand folgen Technologiewerte mit 4,5 %, die nun vor den Finanzwerten mit 4,2 % liegen.

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Das massive Aufstocken bei den Emerging Markets ETFs trieb diese in Ray Dailos Top 10 auf die Plätze 1, 2 und 4. Der letztmalige Spitzenreiter, der S&P 500 Trust ETF rutschte auf den fünften Rang ab. Procter & Gamble konnte hingegen seinen zeiten Platz verteidigen und stellt den einzigen Einzeltital in der Top 5 dar.

Die zweite Hälfte der Top 10 wird von Alibaba angeführt vor Johnson & Johnson, Coca-Cola, PepsiCo, Costco, Walmart und McDonald’s, die auch zuvor bereits in der Top rangierten. Dalio hat im 1. Quartal neben den Emerging Markets ETFs also vor allem seine Depotschwergewichte aufgestockt.

Aktie im Fokus: Coca-Cola


Zu diesen Depotschwergewichten gehört seit einiger Zeit schon Coca-Cola, der größte Getränkehersteller der Welt. Das bereits 1886 gegründete Unternehmen besitzt oder lizenziert heute mehr als 500 einzigartige alkoholfreie Marken und 200 Hauptmarken, die sogenannten Masterbrands. Coca-Cola ist weltweit in mehr als 200 Ländern aktiv und zählt mit einem Börsenwert von rund 255 Mrd. USD zu den globalen Schwergewichten.

Die Marken des Unternehmens stehen für rund 2 Milliarden Getränke, die täglich weltweit konsumiert werden, und erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund 36 Milliarden USD. Darüber hinaus gibt es 20 Marken, die jeweils einen Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. USD erwirtschaften. Anders als seine großen Wettbewerber, vor allem PepsiCo, fokussiert sich Coca-Cola ausschließlich auf Getränke und hat keine Snacks usw. im Angebot.

Quelle: Dividenden-Check TraderFox

Auch Buffett liebt Coca-Cola

Starinvestor Warren Buffett, der ebenfalls schon lange und massiv bei Coca-Cola investiert ist und mit 9,23 % Anteil sogar deren größter Aktionär, machte anhand der Absatzzahlen mal eine simple Rechnung auf. Coca-Cola verkauft 2 Mrd. Getränke täglich. Wenn das Unternehmen nun den Preis für ein Getränk nur um 1 Cent anhebt, würde das der Verbraucher gar nicht merken und kaum weniger davon kaufen. Aber für Coca-Cola würde dieser 1 Cent einen Mehrumsatz von 20 Mio. USD bedeuten. Pro Tag. Und da diesem Mehrumsatz keinerlei zusätzlicher Aufwand entgegenstünde, wäre er gleichzeitig auch Mehrgewinn. Ein einfach geniales Business.

Buffett war übrigens 1988 bei Coca-Cola eingestiegen, kurz nach dem Börsencrash von 1987. Er kaufte für 1 Mrd. USD Aktien und stockte seinen Bestand bis 1994 weiter auf. Insgesamt investierte er 1,29 Mrd. USD in 400 Mio. Coca-Cola-Aktien, die Ende des 1. Quartals einen Wert von 24,8 Mrd. USD auf die Waage brachten. Noch eindrucksvoller ist allerdings eine andere Zahl. Abgesehen davon, dass das Unternehmen ständig eigene Aktien zurückkauft und damit Buffetts Anteil immer weiter ansteigt, ohne dass er selbst Aktien kaufen müsste, spülen im die Dividenden inzwischen 704 Mio. USD aufs Konto. Pro Jahr. Und damit fließen jährlich 55 % seines ursprünglich eingesetzten Kapitals in Form von Dividenden an ihn zurück. Ein einfach genialer Deal von Buffett.

Weltmarktführer

Coca-Colas Portfolio an kohlensäurehaltigen Getränken umfasst das Flaggschiff Coca-Cola sowie andere Limonadenmarken wie Diet Coke, Sprite, Fanta und andere. Das Portfolio an stillen Getränken umfasst Wasser, Säfte und trinkfertige Tees, wie Dasani, Minute Maid, Vitamin Water und Honest Tea.

Bei kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränken dominiert Coca-Cola den Weltmarkt und versucht, diese beherrschende Stellung mit Produkterweiterungen bestehender beliebter Marken, einschließlich zuckerreduzierter und zuckerfreier Versionen von Marken wie Sprite und Fanta, aufrechtzuerhalten und sogar zu auszubauen. Doch der Limonadenkonsum geht in den entwickelten Märkten, wie den USA und Europa, seit Jahren kontinuierlich zurück und es werden verstärkt stille Getränke nachgefragt.

Das Gesamtabsatzvolumen von Coca-Cola ist nach wie vor von kohlensäurehaltigen Getränken wie Soda abhängig, doch hat das Unternehmen in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um sich von seinen Kernprodukten weg zu diversifizieren. Denn die langfristigen Wachstumsaussichten sind in anderen getränkesparten aussichtsreicher. Coca-Cola hat daher in den letzten Jahren mehrere stille Getränkemarken erworben.

Besonders hervor sticht allerdings ein Deal aus dem Jahr 2015. Damals übernahm Coca-Cola für 2,15 Mrd. USD 16,7 % an dem wachstumsstarken Energy-Drink-Hersteller Monster Beverage. Zusätzlich verbarten die Partner noch einen Tausch von Vermögensteilen, bei dem Coca-Cola sein eigenes Energiegetränkegeschäft an Monster übertrug und im Gegenzug dessen restliches Geschäft mit anderen Getränken, darunter Limonaden und Saftprodukte der Marke Hansen's sowie Tee erhielt. Ein guter Deal für beide Seiten, denn sie stärksten damit jeweils ihr Kerngeschäft und schafften sich gleich einen starken Wettbewerber vom Hals. Und da der Aktienkurs von Monster Beverage seit Anfang 2015 um mehr als 150 % zugelegt hat, hat sich auch die Finanzbeteiligung für Coca-Cola bisher reichlich ausgezahlt.

Starke Marke

Coca-Cola ist eine der wertvollsten Marken der Welt und liegt auf Platz 44. Im 2021er Ranking für das Segment Food & Drink liegt man sogar auf Platz 1 vor den Herausforderern Pepsi, Red Bull, Nescafé und Monster. Sprite, eine weitere Coca-Cola-Marke, folgt dann auf dem sechsten Rang.

Die hohe Markentreue der Kunden ist dabei Geld wert. Der Markt für Softdrinks soll zwischen 2021 und 2025 um durchschnittliche 9 % pro Jahr wachsen, während der gesamte Markt für nicht-alkoholische Getränke von 2022 bis 2026 mit rund 6 % jährlich wachsen soll.

Abfüllpartner

Das Abfüllen übernimmt Coca-Cola dabei schon lange nicht mehr selbst, sondern lässt dies von Partnern vor Ort erledigen. Zu diesen gehören beispielsweise Coca-Cola FEMSA (Süd- und Mittelamerika), Coca-Cola Europacific Partners PLC (Europa), Coca-Cola HBC AG (Europa), Arca Continental (Süd- und Mittelamerika) und Swire Beverages (Asien). Diese fünf Abfüllpartner waren in 2021 für etwa 41 % aller Produktlieferungen verantwortlich.

Einen Rückschlag musste der Konzern hinnehmen, weil das schwache Börsenumfeld den angedachten Börsengang der Tochter Coca-Cola Africa Bottler torpedierte und man das 3-Milliarden-Dollar-IPO nun erstmal auf unbestimmte Zeit verschieben musste.

Starkes Quartal, starker Ausblick

Ende April hatte der Getränkeriese seine Zahlen zum 1. Quartal 2022 vorgelegt. Die Erlöse stiegen aus eigener Kraft um fast ein Fünftel auf 10,5 Mrd. USD, wobei das Unternehmen neben einer besseren Preisgestaltung vor allem von deutlich mehr Verkäufen von Konzentraten, Sirups und anderen Getränken profitierte. Auch die operative Marge verbesserte sich um 2,3 Prozentpunkte auf 32,5 %. Das Ergebnis je Aktie stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 16 % auf 0,64 USD.

Negative Auswirkungen auf den Rest des Jahres hat vor allem der Stopp des Russland-Geschäfts. Doch Konzernchef James Quincey blieb dennoch optimistisch und behielt die Jahresprognose eines organischen Umsatzwachstums von 7 bis 8 % gegenüber dem Vorjahreswert von rund 9,5 Mrd. USD bei. Das Ergebnis je Aktie soll um 5 bis 6 % im Vergleich zum Vorjahreswert von 2,32 USD steigen.

Das Abflauen der Konjunktur sorgt auch bei Coca-Cola für negative Auswirkungen, während das Zurückfahren der Corona-Einschränkungen und der Start der Outdoor- und Festival-Saison sich belebend auf den Absatz auswirken dürften. Die Wachstums- und Geschäftsaussichten bleiben insgesamt positiv und deshalb kommt die Aktie vergleichsweise glimpflich durch die aktuelle Marktkorrektur; sie notiert nur rund 10 % unter ihrem Jahreshoch von Ende April.

Ob sich Ray Dalios Short-Wette gegen Europas Wirtschaft und seine Spitzenunternehmen auszahlt, muss sich erst noch zeigen. Seine Log-Wette auf Coca-Cola hingegen tut das bereits. Er stieg im 3. Quartal 2022 ein und baute seitdem seine Position teilweise deutlich weiter aus. Neben den gestiegenen Dividendenausschüttungen dürfte er sich auch über den deutlich höheren Aktienkurs freuen, die seine Gesamtrendite bei diesem Investment äußerst erfreulich gestaltet. Auch wenn sich sein Aktienpaket, seine Buchgewinne und seine jährlichen Dividendeneinnahmen im Vergleich zu Buffett geradezu bescheiden ausnehmen. Und das ist normalerweise so gar nicht Ray Dalios Art.


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