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Portfoliocheck: Sein antizyklischer Einstieg bei EOG Resources spült Value Investor Bill Nygren nun richtig Geld in die Kasse

Portfoliocheck Michael C. Kissig 1.501 Leser

Bill Nygren betreut als Portfolio Manager und CIO drei Fonds der Oakmark-Familie mit einem Anlagevolumen von mehreren Milliarden Dollar. Darunter ist auch der bekannte Oakmark Fund, der seit Gründung 1991 eine durchschnittliche jährliche Performance von 13 Prozent vorzuweisen hat.

Anhand der Discounted-Cashflow-Methode ermittelt Value Investor Nygren den fairen Wert eines Unternehmens und kauft dessen Aktien nur, wenn sie mit erheblichem Abschlag auf diesen Wert an der Börse zu bekommen sind. Er bezahlt nicht mehr als 60 Prozent des von ihm ermittelten Werts. Dieses Konzept der Sicherheitsmarge, das auf Benjamin Graham zurückgeht, ist ein wesentlicher Teil von Nygrens Investment-DNA.

Neben dem Unterschied zwischen Wert und Preis achtet Bill Nygren vor allem auf einen hohen Free Cash Flow und eine möglichst hohe Eigenkapitalrendite. Des Weiteren bevorzugt er es, wenn das Management möglichst viele Anteile am eigenen Unternehmen hält und damit ein hohes Eigeninteresse am nachhaltigen Unternehmenserfolg hat. Bemerkenswert ist hierbei übrigens, dass Nygren dies bezüglich mit gutem Beispiel vorangeht und einen Großteil seines Privatvermögens in zwei seiner eigenen Fonds investiert hat. Er wettet also auf sich selbst und seine Investoren profitieren so doppelt: von seinem Können und von seinem Eigeninteresse am Investmenterfolg.

Eine große Vorliebe hat Nygren für sogenannte 80/20-Situationen entwickelt, auch bekannt als „Pareto-Prinzip“. Hiervon spricht man, wenn ein Unternehmen in eine Schieflage gerät, in der 80 Prozent der Meldungen ein bestimmtes Problem betreffen, das aber lediglich einen Teilaspekt betrifft, der für maximal 20 Prozent der Profite steht. Solche Sondersituationen führen oft zu einer stark verzerrten Wahrnehmung und entsprechend verprügelten Aktienkursen – und dann geht Bill Nygren auf Schnäppchenjagd zu Ausverkaufskursen.

Top Käufe und Verkäufe im 2. Quartal 2021


Bill Nygren hatte zum Ende des 2. Quartals 2021 insgesamt 50 Werte im Depot, darunter lediglich einen neuen. Seine Turnoverrate lag erneut bei überschaubaren sechs Prozent.

 

Am stärksten haben sich in Bill Nygrens Depot die beiden Komplettverkäufe von MGM Resorts und Caterpillar ausgewirkt, wo er seine Gewinne nach der starken Erholungsrallye mitgenommen hat. Die Reduzierung bei der Bank of America um knapp 12 Prozent fällt da schon deutlich bescheidener aus.

Seine einzige Neuaufnahme im Quartal war Intercontinental Exchange, die es gleich auf ein Prozent Gewichtung bringt. Aufgestockt hat Bill Nygren bei Fiserv um 58 Prozent, einem Nachzügler in der heiß laufenden FinTech-Branche, während er bei ConocoPhillips seinen Bestand beinahe verdoppelt und bei eBay immerhin um knapp ein Drittel ausgebaut hat.

Um zwei Drittel stockte Nygren sogar bei Altria auf und bei Netflix um 29 Prozent. Positionserhöhungen um jeweils ein Drittel nahm er bei Keuring Dr. Pepper und WorkDay vor.

Top Positionen am Ende des 2. Quartals 2021


Mit 36,8 Prozent bleiben die Financial Services in Nygrens gut 16,5 Milliarden Dollar schweren Depot an der Spitze, gefolgt von Communication Services mit 16,0, Technologiewerten mit 10,1, zyklischen Konsumwerten mit 9,8 und Energiewerten mit 8,0 Prozent.

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Schon seit vielen Quartalen ist Nygrens größte Position Alphabet und das mit relativ konstanten vier Prozent Depotanteil. Mit CapitalOne und Ally Financial folgen zwei hoch gewichtete Finanzwerte vor Facebook und dem Ölexlporer EOG Resources.

Die zweite Hälfte seiner TOP 10 umfasst mit Bank of America, Citigroup, Charles Schwab und Goldman Sachs beinahe ausschließlich Finanzwerte und Nygren setzt hier auf steigende Zinsen, die zu verbesserten Margen bei den Banken führen.

Des Weiteren hat er noch Comcast mit 2,7 und eBay mit 2,5 Prozent hoch gewichtet.

Aktie im Fokus: EOG Resources


Das Unternehmen erblickte 1985 als Enron Oli & Gas gegründet, wurde 1999 dann aber von Enron abgetrennt und als EOG Resources separat an die Börse gebracht. Der Energiehändler Enron steht für einen der größten Wirtschafts- und Finanzskandale der USA, der 2001 mit seiner Pleite endete.

Quelle: Wachstums-Check TraderFox

In der Folge wurde demokratische Gouverneur Kaliforniens von den Bürgern aus dem Amt abgewählt und der Republikaner Arnold „Terminator“ Schwarzenegger übernahm den Gouverneurssessel.

Abgesehen von den gemeinsamen Wurzeln hat EOG Resources mit dem Finanzskandal von Enron nichts zu tun. Dennoch ist das Unternehmen umstritten. Das liegt aber daran, dass und wie es Öl- und Gas fördert.

Denn die in Houston, Texas beheimatete EOG Resources ist zusammen mit ihren Tochtergesellschaften in der Exploration, Erschließung, Förderung und Vermarktung von Erdöl, Erdgas und Erdgasflüssigkeiten tätig. Die Hauptfördergebiete liegen in New Mexico und Texas in den Vereinigten Staaten, in der Republik Trinidad und Tobago, in der Volksrepublik China und im Sultanat Oman. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt aber klar in Den USA, wo man überwiegend im Permian Bassin aktiv ist, dem führenden Onshore-Bereich bei der US-Öl- und Gasförderung.

Während Hydraulic Fracturing, das sog. Fracking, bei uns ja eher verpönt ist, erfreut es sich in den USA eines regelrechten Booms und hat die USA von einem der weltweit größten Energieimporteure zu einem Exporteuer gemacht. Nachdem Ende 2015 die Ölpreise massiv eingebrochen waren, gerieten viele dieser Firmen in finanzielle Notlage und gingen entweder pleite oder wurde restrukturiert und refinanziert. Eine der Folgen ist, dass von den ursprünglichen knapp 70 Dollar je Barrel Öl, die sie an Förderkosten aufzuwenden hatten, heute deutlich weniger anfallen und die Effizienzzuwächse noch immer zunehmen.

Auch Ende 2018 fielen die Energiepreise wieder enorm und zur Coronahochzeit im Frühjahr 2020 rutschten die Öl-Futures sogar in den Minusbereich. Wer damals Öl kaufte, bekam es nicht etwas geschenkt, sondern er bekam noch Geld oben drauf!

Von diesen Zuständen sind wir längst wieder meilenweit entfernt, denn anderthalb Jahre der Coronaerholung der Wirtschaft haben zu einer Verknappung bei der Öl- und Gasförderung und auch bei den Lagerbeständen geführt. Die Folge sind Ölpreise auf einem Achtjahreshoch, die die Inflation und die Spritpreise antreiben. Gleichzeitig fahren die großen Öl-Multis im Zuge der Klimawende ihre Investitionen in die Erschließung neuer Öl- und Gasreserven massiv zurück, so dass der nach wie vor hohe und erst perspektivisch sinkende Bedarf kaum befriedigt werden kann.

Im Gegensatz zu klassischen Bohrungen ist Fracking sehr flexibel und kann schnell an die Preisschwankungen angepasst werden.

Die Vorzüge des Hydraulic Fracturings


Denn beim Fracking wird unter höchstem Druck ein mit Chemikalien angereichertes Wasser-Sand-Gemisch ins Schiefergestein gepresst und so die diffusen Öl- und Gasvorkommen gelöst und mit ausgespült. Das teuerste an der Produktion ist das Erstellen des Bohrlochs, denn es muss einen geschlossenen Kreislauf für das flüssige Gemisch geben – und das nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes, weil man verhindern will, dass die giftigen Chemikalien das Grundwasser und/oder die Böden verseuchen.

Ist das Bohrloch fertiggestellt, sind bereits 90 Prozent der Kosten angefallen; der Betrieb, also das eigentliche Fracken, ist vergleichsweise günstig. Dem steht die Ausbeute gegenüber. Beim Fracken sinkt die Produktionsrate dramatisch ab. Innerhalb der ersten vier Jahre werden mehr als 80 Prozent der Ressourcen aus dem Boden geholt, der größte Teil davon im ersten Jahr.

In dieser Konstellation liegen hohe Risiken, aber auch umso höhere Chancen. Stellt man nämlich fest, dass ein Bohrloch von Anfang an unergiebig ist, hat man dennoch bereits den größten Teil der Kosten versenkt. Daher geben die Explorer so viel Geld für Gutachten aus, um derartige Misserfolge von vornherein zu begrenzen. Auf der anderen Seite spielt eine ergiebige Quelle innerhalb kürzester Zeit ihre Kosten wieder ein und sorgt auch für einen starken Cashflow.

Die große Stärke des Fracking zeigt sich allerdings darin, dass man die Produktion relativ schnell hoch- und runterfahren kann. Pumpt man kein Gemisch mehr in das Loch, fallen kaum noch Kosten an und es wird nicht mehr gefördert; die Öl- und Gasvorkommen befinden sich ja nicht konzentriert in einer Blase, sondern sind diffus überall im Gestein verteilt. Bei einem klassischen Ölbohrloch ist das anders, denn wenn einmal die Blase angebohrt ist, dann entsteht ein enormer Druck, der kaum mehr zu kontrollieren ist. Das Öl bzw. Gas muss dann raus und es muss gefördert werden, auch wenn der Marktpreis gerade viel zu niedrig sein sollte, um es wirtschaftlich an den Mann zu bringen.

Die Fracker hingegen können einfach die Produktion drosseln oder aber auch nach Beendigung des Bohrens die Förderung erstmal gar nicht erst aufnehmen. Sie können auf bessere Weltmarktpreise warten und dann innerhalb von Tagen die Produktion auf 100 Prozent hochfahren. Und dank der niedrigen Zinsen und soliden Kapitalausstattung können sie sich derartige Verzögerungen inzwischen auch locker leisten.

Nygren, der Value-Fuchs


Bill Nygren agiert oft antizyklisch. Bei EOG Resources stieg er im zweiten Quartal 2019 bei Kursen zwischen 90 und 100 Dollar ein und baute in der Folge seine Position bei fallenden Kursen moderat aus. Im zweiten Quartal 2020 und trieb seine Anfangsposition von 1,7 Millionen Aktien auf 4,7 Millionen Anteile hoch. Der Kurs war hier bis auf 35 Dollar eingebrochen.

In die anschließende Erholungsrallye im dritten Quartal 2020 baute er seinen Bestand signifikant auf 2,7 Millionen Aktien ab und nach dem zweiten starken Kurseinbruch griff er noch viel beherzter zu und erhöhte seinen Anteil auf 6,1 Millionen Aktien, womit er mehr als ein Prozent aller Aktien von EOG Resources hält. Auf diesem Niveau hält er sein Paket seitdem konstant und rangiert unter den größten Aktionären auf Platz 18.

Sein massives Aufstocken im 2020er Schlussquartal erfolgte zu Kursen zwischen 35 und 50 Dollar und seitdem schaut Bill Nygren dem Kurs einfach nur beim Steigen zu. Hannibal, der Anführer des A-Teams, hätte gesagt: „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert“. Denn der Aktienkurs hat sich inzwischen auf 90 Dollar hochgeschraubt und Nygren damit Kursgewinne von mehr als 225 Millionen Dollar beschert.

Value Investing ist nicht tot


Solche Kursgewinne ist man in den letzten Jahren eher von Wachstums- und Technologieaktien gewöhnt. Die performen bereits seit Ende der Finanzkrise im Jahr 2009 besser als Value-Aktien, so dass Anhänger klassischer Value-Strategien seit Jahren dem Markt hinterher hinken und schon des Öfteren als Fossile abgeschrieben wurden.

Nun, es dürfte zu früh sein, das Ende des Technologie-Superzyklus auszurufen, aber steigende Zinsen sind seit jeher ein Sargnagel für die Kursperformance von Wachstumsaktien. Die konjunkturelle Erholung der Weltwirtschaft und der hohe, momentan kaum zu befriedigende Energiehunger treiben klassische Aktienwerte, wie Energiewerte und Konjunkturzykliker an und davon profitiert auch Bill Nygren.

Steigende Zinsen sind aber seit jeher auch eine Belastung für Energiewerte, daher wird Bill Nygren die Zinsentwicklung wohl sehr genau im Auge behalten und damit auch seine Energieaktien. Für das Szenario steigender Zinsen ist man im Finanzsektor tendenziell deutlich besser aufgehoben. Und den hat Nygren mit mehr als 37 Prozent Gewichtung ja bereits deutlich übergewichtet.

Zeit für einen neuen Favoritenwechsel und die Wiederauferstehung der Value-Strategien? Nun, zumindest sind sie weniger tot als behauptet und Value Investoren wie Bill Nygren auch in Börsensendungen wieder stärker gefragt…



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