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Sind Bitcoins 2.200 USD oder 1.500.000 USD wert?

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Liebe Leser,

auch zum Jahresausklang sorgen Bitcoins mit volatilen Ausschlägen für reichlich Gesprächsstoff. Die heftigen Bewegungen, die aber letztlich in diesem Jahr in der Spitze in einem Anstieg von rund 1.000 USD auf rund 20.000 USD resultierten, zieht die Aufmerksamkeit vieler spekulativ orientierter Marktteilnehmer auf sich.

Wer Spaß an Wetten im Spielcasino hat, der ist hier in der Tat gut aufgehoben. Denn binnen weniger Stunden sind hier sowohl drastische Gewinne als auch Verluste möglich. Das gilt ganz allgemein für die so genannten Kryptowährungen, die als neue Generation digitaler Zahlungsmittel und –systeme gelten und die sich moderner Verschlüsselungsverfahren und dezentraler Datenhaltung bedienen. Diese Kryptowährungen sind privatwirtschaftlich organisiert und unterliegen weitgehend keiner Aufsicht seitens der Zentralbank oder anderer staatlicher Institutionen.

Pionier und immer noch die am meisten gehandelte Kryptowährung ist dabei der Bitcoin. Dessen Bekanntheit hat jüngst mit der Aufnahme des Bitcoin-Future-Handels an den Chicagoer Terminbörsen eine neue Stufe der Aufmerksamkeit erreicht. Während sich viele Anleger vor diesem Hintergrund fragen, ob sie bei Bitcoin & Co. ebenfalls mitmischen sollen, hat sich die Deutsche Asset Management damit beschäftigt, inwieweit Bitcoins derzeit überhaupt seriös zu bewerten sind. Die Vermögensverwaltungstochter der Deutschen Bank kommt dabei in einer aktuellen Studie zwar zu dem Schluss, dass  das Bitcoin-Zahlungssystem brillant ist. Trotzdem sei aber völlig offen, ob es sich gegen konkurrierende Währungen durchsetzt.

Die größte Gefahr für die Kryptowährungen sieht Chief Investment Officer Stefan Kreuzkamp in den Zentralbanken, weil diese um ihr Geldmonopol bangen dürften. Keine Notenbank dürfte demnach ein Interesse daran haben, sich beim Thema Geldmenge, Geldschöpfung und Zahlungsverkehr das Heft aus der Hand nehmen zu lassen. Die Zukunft der digitalen Währungen sei daher offen. Aufgrund der mangelnden Bewertbarkeit werden sie von der Deutsche Asset Management derzeit als zu spekulativ eingestuft.

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Seriöse Bewertung derzeit praktisch unmöglich

Warum Bitcoins so schwer zu bewerten sind, machen die von der Deutsche Asset Management angestellten Überlegungen deutlich. Denn abhängig vom unterstellten Szenario lässt sich in Sachen Wertansatz eine breite Preisspanne ermitteln und jeweils argumentativ untermauern. Im schlimmsten Fall könnten beispielsweise regulatorische Vorschriften und Einschränkungen zu einem Bitcoin-Wertverfall gegen Null beitragen. Selbst wenn man diese Option ausklammert, bleibt die denkbare Preisspanne immer noch sehr groß.

So stellt die Deutsche Asset Management zunächst einmal grundsätzlich fest, dass man basierend auf einem dreistufigen Bewertungsprozesses, der eine Ertragswertrechnung, eine Peer-Group-Analyse und ein Dividendendiskontierungsmodell beinhaltet, auf einen fairen Wert von 18.685 USD je Bitcoin kommen könnte. Doch dieser Wertansatz wird umgehend dadurch relativiert, indem man schreibt, dass die Vornahme einer Bewertung im Grunde genommen praktisch unmöglich sei. Letzteres sei am Ende auch der Grund, warum man derzeit Bitcoins als Anlage nicht empfehlen könne. Zumal auch die zuletzt gezeigte Volatilität eher untypisch für eine Währung sei. Außerdem heißt es dazu ergänzend, sollte eine Währung drei Funktionen erfüllen: Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Alle drei Funktionen schienen angesichts der enormen Preisschwankungen des Bitcoins derzeit nicht erfüllt. Darüber hinaus sei er nirgends als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt.

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Grenzkosten auf 2.200 USD taxiert

Entwickelten sich die Dinge auch angesichts der zuvor skizzierten Einwände zuungunsten von Bitcoin, dann taugen nach dem Urteil der Deutsche Asset Management als ein Ansatz zur Berechnung des Minimumpreises die Grenzkosten. Diese entsprechen beim Bitcoin, wie es heißt, vor allem den Stromkosten. Sie als Preisuntergrenze des Bitcoins heranzuziehen sei aber problematisch, da sie nur anzeigten, ab welchem Preis es sich für die Produzenten, im Fachjargon "Miner" genannt, noch lohne, neue Bitcoins zu schürfen. Sollte das Geschäftsmodell jedoch scheitern, werde keiner bereit sein, 2.200 USD für einen Coin zu bezahlen. Anders sehe es bei der Konkursmasse eines Unternehmens aus, wo Inventar, Kundendaten oder Patente noch verwertet werden können. Dennoch sei die Zahl 2.200 USD bemerkenswert. Schließlich sei der Bitcoin ein rein virtuelles Konstrukt, für dessen "Schöpfung" man zunächst keinerlei Kosten vermutet. Doch der Bitcoin, und hier liege derzeit einer seiner wohl größten Schwächen, bleibe vorerst ein Hochenergieverbraucher.

Die rund 2.200 USD je Bitcoin seien aber ohnehin nur ein sehr grober Schätzwert, da es zahlreiche Unbekannte in der Gleichung gebe: Erstens der Strompreis, den die gesamte Bitcoin-Gemeinde im Schnitt zahlen muss. Mit den angesetzten 10 Cent/kWh bewege man sich schon weit unten im internationalen Strompreisvergleich (China und Indien haben vergleichbare Preise, Europa liegt deutlich darüber). Zweitens sei es unbekannt, welche Rechner und welche Chips verwendet werden und wie effizient diese Chips im Echtbetrieb laufen. Drittens sei es unbekannt, wie viele Betreiber die Abwärme kostentreibend kühlen müssen und wie viele sie einnahmeerhöhend verkaufen. Möchte man darüber hinaus nicht die Grenz-, sondern die durchschnittlichen Produktionskosten je Bitcoin berechnen, müssten noch Personal-, Gebäude- und Computeranschaffungs- und sonstige Kosten hinzugefügt werden - ein weiterer Beleg dafür, wie schwierig es ist, Bitcoins angemessen zu bewerten.

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Ein Traumszenario wäre es dagegen für Bitcoin-Anhänger, wenn ihr Anlageobjekt zu einem etablierten Zahlungsmittel und vollumfänglichen internationalen Zahlungssystem würde. Denn dann sind laut Deutsche Asset Management Preise von 1,5 Mio. USD denkbar. Allerdings sei diese Wertvorgabe reichlich hoch gegriffen. Sie errechne sich durch die vollständige Substituierung allen Geldes (M1) weltweit durch Bitcoins. Mit der laut Kreuzkamp immer noch recht optimistisch anmutenden These, Bitcoins könnten nur einen Prozent des Bargelds und der Sichteinlagen ersetzen, wären es immerhin noch 15.000 USD je Coin.

Fazit

Kreuzkamp bringt das zu dem Schluss, dass man insbesondere auch vor dem Hintergrund der Kursexplosionen der vergangenen Monate nicht in der Lage sei, Bitcoins angemessen zu bewerten. Man könne noch nicht einmal ausschließen, dass beim jetzigen Preis Bitcoins sogar unterbewertet seien. Doch damit dies der Fall wäre, müssten viele Entwicklungen zum Vorteil des Bitcoins verlaufen und der Wettbewerb und die staatlichen Behörden beinahe still stehen. So kämpften basierend auf der angewandten Technologie derzeit fast 1.500 "Währungen" um Aufmerksamkeit. Dabei sei es völlig offen, wer das Rennen mache und ob die gängigen Funktionen einer Währung von diesen neuen Instrumenten überhaupt jemals erfüllt werden können.

Für die Bewertung sei es aber wichtig, ob diese Instrumente lediglich Spekulationsobjekt, Wertaufbewahrungsmedium oder wirklich ein alltagtaugliches Zahlungsmittel werden. Letzteres würde eine staatliche Akzeptanz erfordern und auch deshalb dürfte es bis zur Einführung von Regulierungsrahmen nur noch eine Frage der Zeit sein. Zumal dafür auch der stark gestiegene Marktwert aller Kryptowährungen sowie die Zulassung erster Kontrakte an Terminbörsen sprächen. Zumindest sofern die Zentralbanken und andere staatliche Behörden ihr Monopol bei der Geldschöpfung nicht verlieren sowie die Kontrolle über die wichtigsten Zahlungsströme und -systeme wahren wollen.

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