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Vor- und Nachteile einer Dividendenstrategie: Warum die Dividende nicht der neue Zins ist!

Strategien Michael Seibold 4.267 Leser

Liebe Leser,

ein regelmäßiges passives Einkommen bestehend aus Dividendenzahlungen – träumt davon nicht jeder Aktieninvestor? Seit dem niedrigen Zinsumfeld wird die Idee immer populärer, seine aktuellen Fixkosten durch Dividenden begleichen zu können und damit finanzielle Freiheit zu erlangen.

Ich möchte auf die Frage eingehen, ob deshalb die Dividende der neue Zins ist und welche Vor- und Nachteile es bei einer Dividendenstrategie zu beachten gibt. Warum sollte man in Dividendenaktien investieren, wenn doch die ausgeschüttete Dividende den Aktienkurs mindert? Welcher Irrglauben vieler Anleger steckt dahinter? – Und auf welche Kriterien bei einer klugen Dividendenstrategie zu achten ist, vor allem aber auch warum die Dividende nur ein Weg ist, den Aktionären Geld zurückzuführen?

Zuerst möchte ich klar machen, dass auch die Dividende kein geschenktes Geld ist. Umsonst im Leben gibt es nichts. So dürfte es nicht verwunderlich sein, dass am Tag des Dividendenabschlags („ex Dividende“) der Aktienkurs des jeweiligen Unternehmens genau um den ausgeschütteten Betrag fällt. Ansonsten wäre es einfach und man kauft sich am Tag vor der Hauptversammlung die Aktie ins Depot und wenige Tage später, nachdem man die Dividende kassiert hat, wird sie wieder verkauft. So gesehen macht es auf den ersten Blick gesehen erst mal keinen Unterschied, zumal man die Dividende auch noch versteuern muss.

Eine Illusion zu glauben ist es, dass eine hohe Gewinnausschüttung (hohe Dividendenrendite) Sicherheit verspricht. Wenn wir uns diejenigen Unternehmen mit der höchsten Dividendenrendite ansehen, so ist dies oft verbunden mit einem gefallenen Aktienkurs. Beispiele dafür gibt es zu Genüge wie AT&T, Royal Dutch Shell, Tanger Factory Outlet, Lufthansa, Daimler usw. Oft schränken sich solche Unternehmen selbst sein, da sie aufgrund der hohen Ausschüttungen weniger Geld für die Investition in Zukunftsprojekte haben. Außerdem wäre es oft sinnvoller, zuerst einmal die Schulden zu tilgen, da auch die regelmäßigen Zinszahlungen die Bonität und den Cashflow reduzieren.

Grundsätzlich sollte man sich also immer erst die Bilanz ansehen, bevor übereifrig Anleger sich von der hohen Dividendenrendite blenden lassen. Der erste Blick kann täuschen, in der Coronapandemie hat man sehen können, welche Unternehmen auf wackeligen Beinen stehen und ihre Ausschüttungen kürzen mussten.



Auf welche Kriterien sollte ein cleverer Dividendeninvestor achten?

 

Quelle: eigene Darstellung 

In der Wissenschaft ist es umstritten, ob und inwiefern Aktien mit hohen Dividendenrenditen eine überdurchschnittliche Gesamtrendite geliefert haben.

 

Quelle: Daten MSCI, Gerd Kommer: Vergleich einer globalen Dividendenstrategie mit vier Benchmarks



Vor- und Nachteile der Dividendenstrategie

Je nachdem auf welchen Anlagezeitraum wir schauen, hat die globale Dividendenstrategie den Allgemeinmarkt under- oder outperformt. Auch beim Risiko kann man keine nennenswerten Vorteile schlussfolgern.

Wichtig zu wissen ist, dass die Dividendenpolitik eines Unternehmens keinen Einfluss auf seine Aktienrendite hat (Modigliani/Miller 1961).

Entscheidend für die Kursperformance ist immer letztendlich, wie hoch der Gewinn eines Unternehmens ausfällt. Dividenden sind nichts anderes als Cash-Ausschüttungen, die noch versteuert werden müssen.

Die Alternative sind Aktienrückkäufe, bei denen daraus resultierend der Gewinn je Aktie prozentual steigt. Sollten Dividendenaktien eine Outperformance erzielen, was per se zweifelhaft ist, so ist es nicht auf Gründen der hohen Dividendenrenditen zurückzuführen, sondern damit, dass Dividendenaktien eine Mischung aus Faktoren wie Value, Quality oder Low Volatiltiy sind. Für uns als Anleger sollte es rational gesehen egal sein, ob die Aktienrendite rein aus Kursgewinnen oder aus der Summe aus Kursgewinnen und Dividendenrenditen resultiert. Auf die Gesamtrendite kommt es an. Auch sollte es für den rationalen Investor nicht entscheidend sein, ob er eine Entnahme durch Anteilsverkäufe tätigt oder aber er im gleichen Verhältnis eine Dividende ausgeschüttet bekommt. Dies wird in der Literatur als das Phänomen der „Dividend Fallacy“ bezeichnet. Es ist vielmehr ein psychologischer Irrglaube.

Der mögliche Vorteil eines stetigen Kapitalflusses, den Dividenden einbringen, ist also ein reiner Irrglaube, zumal der Cashflow noch versteuert werden muss. Der einzige Vorteil der Dividenden-Variante liegt darin, dass bei der Ausschüttung im Vergleich zu einem Teilverkauf der Anteile keine Transaktionskosten anfallen. Dies sollte jedoch nur ein geringfügiges Argument darstellen. Ich denke der größte Vorteil von Dividendenstrategien liegt nicht in den nackten Fakten, sondern im limbischen System des Gehirns eines Anlegers.

Es hat mit Psychologie zu tun. Wer langfristig investiert und regelmäßig Ausschüttungen bekommt, ist womöglich motivierter, am Ball zu bleiben. Während der reine Kursinvestor bei einem Crash nur sieht, dass sein Depot fällt, so erhält der Dividendeninvestor trotzdem noch seine Dividenden, auch wenn diese womöglich in einer Krise niedriger ausfallen.

Aus den Erkenntnissen der „Prospect theory“ von Nobelpreisträger Kahnemann und Tversky geht hervor, dass, auch wenn Dividenden kein Geldgeschenk ohne Zutun sind, trotzdem der Anleger es als solches wahrnimmt. Vielmehr liegt der Unterschied zwischen einem Teilverkauf oder bei der Dividendenzahlung darin, dass Anleger Angst vor dem Treffen von Entscheidungen haben. Wenn dadurch verhindert werden kann, dass Anleger bei einem Crash ihre Aktien behalten, so kann der psychologische Effekt durchaus ein Vorteil für den Dividendeninvestor sein.

Die Dividende sollte so gesehen nicht als der neue Zins gesehen werden, da die Gesamtrendite eines Unternehmens immer von der Qualität und vom Geschäftsmodell abhängt. Rational gesehen steigt der Kurs einer Aktie deshalb, weil die Gewinne steigen, nicht aber wegen einer rein hohen Dividendenrendite.

Liebe Anleger, liebe Trader,

ich wünsche Ihnen noch viele erfolgreiche Investments.

Bis zur nächsten spannenden Story,

Michael Seibold

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Bildherkunft: https://unsplash.com/photos/SaiKX2NZQYo