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Warum zyklisch angepasste Dividendenrenditen das bessere Shiller-KGV sind – und warum diese Kennzahl attraktive Aktienrenditen über die nächsten 10 Jahre verspricht

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Eine hohe Unsicherheit und Volatilität prägen die Märkte, schreibt die DZ Bank in einer aktuellen Studie vom vergangenen Freitag. Aus der Sicht von Autor und Analyst Michael Bissinger war es selten so schwer, sich ein präzises Bild über die Lage der Dividendenzahlungen zu machen wie heute. Denn zum einen seien die Risiken über die weitere wirtschaftliche Entwicklung, von der die Dividendenzahlungen abhingen, sehr groß.

Zum anderen sei häufig nicht klar, ob die Dividende nicht ausbezahlt werde, weil die Hauptversammlung verschoben worden sind oder weil diese aufgrund der angespannten finanziellen Lage gestrichen wurden seien. Zum anderen sei auch noch nicht ersichtlich, wann die Unternehmen, die ihre Dividende zunächst ausgesetzt haben, wieder Dividende zahlen werden, da dies auch von regulatorischen Empfehlungen, Vorgaben und der Rückzahlung von Staatshilfe abhängig sei.

Im HDAX zahlten inzwischen 26 % der Unternehmen keine oder nur noch die Mindestdividende. Bei weiteren 15 % der Unternehmen stehe die Auszahlung unter Vorbehalt, da die Hauptversammlung verschoben worden sei. Die Schätzungen für die erwarteten Ausschüttungen 2020 seien in Europa seit Jahresbeginn um rund 20 % reduziert worden. Trotzdem erscheinen Bissinger die Schätzungen noch zu hoch. Auch vor dem Hintergrund, dass die erwarteten Gewinne bereits über 30 % reduziert worden seien. Während die Dividenden und Gewinne von DAX und S&P 500 Index noch deutlich über den historischen Tiefs lägen, sei die Ausschüttung des Euro Stoxx 50 Index bereits auf ein neues Tief gefallen.

Wie lange diese Unsicherheiten noch anhalten werden und wann wir zur Normalität zurückkehren werden, sei unklar. Aber Investoren mit langfristigem Investitionshorizont könnten die kurzfristige Unsicherheit überbrücken, indem sie den Betrachtungszeitraum in die Länge ziehen. Langfristig seien sowohl in der Realwirtschaft als auch an den Kapitalmärkten eine „Mean Reversion“, also die Rückkehr zur Normalität, zum Mittelwert, zu beobachten gewesen.

Geringere Schwankungen sprechen für das unbekanntere Modell

Das vom Nobelpreisträger Robert Shiller entwickelte Shiller-KGV oder auch zyklen-adjustierte KGV (Cyclical Adjusted Price Earnings – „CAPE“) nutze diesen Effekt aus. Ähnlich wie beim Kurs- / Gewinnverhältnis (KGV) werde die Ertragskraft des Unternehmens in das Verhältnis zum Preis gesetzt. Allerdings greife das Shiller-KGV nicht auf die Gewinne der letzten 12 Monate oder auf Schätzungen zurück, sondern auf die durchschnittlichen Gewinne über den Konjunkturzyklus, über 10 Jahre hinweg. Damit würden Übertreibungen und Abweichungen geglättet. Langfristig könnten mit dieser Bewertungskennzahl gute Ertragsprognosen erstellt werden, die kurzfristige Aussagekraft sei allerdings gering.

Weniger bekannt sei hingegen, dass statt der Gewinne, auch die geglätteten Dividenden der letzten zehn Jahre verwendet werden könnten. Diese seien noch geringeren Schwankungen, buchungstechnischen Einflüssen und Rechnungslegungsveränderungen ausgesetzt. Analog des CAPE – Cyclical Adjusted Price Earnings, heiße diese Kennzahl „CADY“ (Cyclical Adjustes Dividend Yield), also zyklen-adjustierte Dividendenrendite.

Die hauseigene Analyse zeigt laut Bissinger, dass eine hohe zyklen-adjustierte Dividendenrendite „CADY“ mit einem hohen durchschnittlichen Ertrag in den kommenden zehn Jahren einhergegangen sei und umgekehrt. Hohe Dividendenrenditen (CADY) zeigten sich häufig, wenn die Aktienmärkte schnell und stark korrigierten. In diesem Fall blieben die geglätteten Dividenden relativ stabil, aber durch die stark fallenden Kurse steige die CADY deutlich an. Das Bestimmtheitsmaß der CADY liege höher als beim CAPE, was für die Prognosegüte spreche.

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Für den europäischen Markt bewegen sich die Renditeerwartungen bei rund 10 %

Die über den Konjunkturzyklus geglättete Dividendenrendite belaufe sich in den USA aktuell auf 1,3 % und liege somit unter dem Durchschnitt ab 1973 von 1,6 %. Basierend auf dem Modell, lasse sich für den USA-Markt in den kommenden zehn Jahren eine reale Rendite von rund 4 %, bzw. eine nominale Rendite von 7 % p.a. prognostizieren. Diese liege damit zwar deutlich unter der historischen Durchschnittsrendite von real 7,3 % bzw. von nominal 10,1 %, jedoch sei das Zinsniveau derzeit auf 0 % geschrumpft und weltweit befänden sich Investoren auf der Suche nach Rendite.

Für den deutschen und europäischen Markt (EWU) liege das Bestimmtheitsmaß zwar nicht ganz so hoch, die Werte streuen deutlich stärker. Allerdings lägen auch in Europa die CADY-Werte leicht höher als beim Shiller-KGV. Die CADY des DAX liege bei 2,6 % und des europäischen Marktes bei 3,0 %. Basierend auf dem Modell ergebe sich eine attraktive Renditeerwartung über die nächsten 10 Jahre von über 10 % p.a. nominal, die somit deutlich höher als in den USA ausfalle.

Zwar ließen sich die kurzfristigen Unsicherheiten damit nicht wegzaubern und erneute Kursrücksetzer seien nicht auszuschließen. Aber wenn auch dieses Mal nicht alles anders als früher üblich sei, spreche vieles dafür, dass wir in den nächsten Monaten zur Normalität zurückkehren und die Dividenden und Kurse wieder steigen werden. Der Kurseinbruch könnte sich langfristig als eine gute Einstiegschance darstellen, so Bissinger.

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