aktien Magazin

WeWork goes public, again - alle gute Dinge sind zwei?!

Aktienanalysen Marius Müllerhoff 193 Leser

Liebe Leser,

die WeWork Company, ein Immobilienunternehmen das co-working Spaces zur Verfügung stellt, traut sich ein zweites Mal auf das Börsenparkett. Dieses Mal mittels eines SPAC-Konstruktes. SPAC steht für „special purpose acquisition company“ und bedeutet, dass ein bereits an der Börse gelistet Blanko-Scheck Unternehmen ohne operatives Geschäft mit einem privaten operativ tätigen Unternehmen fusionieren wird, wodurch letzteres an der Börse gelistet ist. Im Falle von WeWork heißt dieses Blanko-Scheck-Unternehmen BowX Acquisition (BOWX). Nachdem der erste Börsengang von WeWork Ende 2019 abgeblasen werden musste, nun also der zweite Versuch. Alle guten Dinge sind zwei. Oder waren es doch drei?! In 2020 hat Wework 3,2 Mrd. USD an Umsatz erwirtschaftet, bei einem Verlust von 3,2 Mrd. USD (!). Bis 2024 erwartet das Management einen Umsatz von 7 Mrd. USD. Im Rahmen des SPAC-Deals wird die Bewertung von WeWork mit 9 Mrd. USD angegeben. Am Tag der Verkündigung schossen die Aktien von BOWX um 20% unter hohem Volumen nach oben. Der Markt scheint den Deal zu mögen. Lasst uns einen kurzen Blick hinter den Vorhang von WeWork und der Fusion werfen.

Quelle: desk.traderfox.com

Ehemaliger CEO Adam Neumann, Softbank, 47 Mrd. USD Bewertung


WeWork ist ein 2010 gegründetes gewerbliches Immobilienunternehmen, das co-working Spaces bereitstellt. WeWork entwirft und baut gemeinsame Räume für Entrepreneure, Start-ups und größere Unternehmen. Der erste Versuch von WeWork an die Börse zu gehen, scheiterte unter dem damaligen CEO und Mitgründer, Adam Neumann, im September 2019. Innerhalb von weniger als einem Monat vor dem IPO wurde die Bewertung von 47 Mrd. USD auf 10 Mrd. USD heruntergeschraubt (zur Info: Softbank hatte noch im Januar 2019 ihre Beteiligung zu einer Bewertung von 47 Mrd. USD weiter aufgestockt). Die pre-IPO präsentierten Dokumente und Zahlen stießen auf große Ernüchterung. So standen 1,5 Mrd. Umsatz knapp 700 Mio. USD an Verlusten gegenüber. Außerdem hat Neumann pre-IPO ca. 700 Mio. USD ausgecasht (sehr unüblich, denn normalweise wartet ein CEO die gesetzliche Haltefrist 90 bis 180 Tagen nach einem IPO ab, bevor er Anteile verkauft). Auch sher unüblich war, dass seine Frau das alleinige Bestimmungsrecht für einen Nachfolger von Neumann innehaben würde, falls dieser sterben sollte. Hinzu kamen etliche risikoreiche Investitionen („side ventures“), die nichts mit dem Kerngeschäft zu tun hatten. Letztlich wurden KPIs wie „community-adjusted EBITDA“ präsentiert, um Ergebnisse schön zu rechnen. Der Markt hatte genug. Großbanken wollten das Unternehmen nicht mehr beim IPO unterstützen. Der IPO geplatzt. In der Folge wurde Neumann als CEO mit einer Abfindung von über 1,5 Mrd. USD abgesetzt, WeWork von Softbanks Vision Fund (größter Investor von WeWork) übernommen und die Bewertung auf 8 Mrd. USD reduziert (weniger als 20% der ursprünglich avisierten Bewertung!). Hinzu kamen Massenentlassungen. In diesem Kontext kann ich das Buch “Billion Dollar Loser: The Epic Rise and Spectacular Fall of Adam Neumann and WeWork” empfehlen.

SPAC-Fusion, Neubewertung von 9 Mrd. USD, die unbekannte post-Covid Welt


Neues Management, neues Glück. Softbank implementierte ein im Immobiliengeschäft erfahrenes und erfolgreiches Managementteam unter Vivek Ranandivé und Sandeep Mathrani. Es wurde viel optimiert, restrukturiert und verändert vor allem auf der Kostenseite. Das Management fühlt sich nun wohl dabei, WeWork ein zweites Mal an die Börse zu bringen. Dieses Mal mittels eines-SPAC-Konstruktes durch das Unternehmen Bowx Acquisition Corp. WeWork ist jedoch weiterhin mit der gleichen Herausforderung konfrontiert: es werden Büroräume langfristig angemietet und kurzfristig untervermietet („lease long, rent short“). Die Auslastung Ende 2019 lag bei 72% und weniger als zwölf Monate später pandemiebedingt nur noch bei 47%. Die Menschen haben beschlossen, während einer Pandemie nicht Schulter an Schulter an kleinen Schreibtischen zu sitzen. Und keiner weiß, wie sich das Verhalten der Menschen post-Corona ändern wird. In der kürzlich veröffentlichten Präsentation des WeWork-Managements schaut dieses sehr optimistisch in die Zukunft. Um ein paar Beispiele zu nennen: Man geht von einer Auslastungsquote von 70% im zweiten Halbjahr 2021 aus ggü. 47% Ende 2020. Innerhalb von 4 Jahren, so die Prognose, sollen sich die Mitgliedszahlen („Ending Total Membership“) weltweit mehr als verdreifachen (siehe unten). Der Umsatz („revenue“) wird sich in diesem Zeitraum mehr als verdoppeln. Das wäre eine jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 22%. Diese prognostizierten Umsatzzahlen legen eine Auslastungsquote von ca. 90% zugrunde.

Quelle: https://www.wework.com/ideas/wp-content/uploads/sites/4/2021/03/WeWork-Management-Presentation-March-2021-vF-1.pdf

Das Management betont, dass die Monat-zu-Monat-Abos nur noch 10% des Umsatzes ausmachen. Die durchschnittliche Dauer eines Kunden liegt nun bei 15 Monaten (lange Zeit lag sie bei weiter unter einem Jahr). Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass 50% des Umsatzes mit Großunternehmen und Konzern und nicht mehr mit kleinen und mittleren Unternehmen erwirtschaftet wird. Nach einer Rezession könnte es viele Entrepreneure geben, die zunächst co-working Spaces aufsuchen werden, so das Management weiter. Für die SPAC-Transaktion rechnet WeWork mit einem Aktienpreis von 10 USD pro Aktie und kommt so auf eine Bewertung von 9 Mrd. USD. Das wäre deutlich weniger als die 47 Mrd. USD aus September 2019. Der Deal wurde am 26.03.2021 bekannt gegeben, worauf die Aktien von BOWX um 20% nach oben schossen.

Was lässt sich abschließend sagen?


Die SPAC-Transaktion wird voraussichtlich im dritten Quartal 2021 abgeschlossen sein. Einer 9 Mrd. USD Bewertung steht ein prognostizierter Umsatz von 7 Mrd. USD (2024) mit einer CAGR von 22% gegenüber. Das wäre auf den ersten Blick nicht teuer. Aber die post-Corona Zukunft hat sehr viele Ungewissheiten und Fragezeichen. Im optimalen Fall für WeWork werden große Firmen ein Großteil ihrer Büros schließen und verstärkt auf co-working Spacelösungen für ihre Mitarbeiter setzen (keine hohen Fixkosten, Flexibilität), ergänzt um viele Tech-Entrepreneuere, die sich in Folge der Rezession selbständig gemacht haben. Im schlechtesten Fall für WeWork wird ein Großteil der Mitarbeiter entweder zurückkehren in die Büros ihrer Arbeitgeber oder von zuhause arbeiten. Sind die Annahmen des Managements ggf. zu optimistisch für eine post-Corona Welt, von der keiner weiß, welche Trends wir sehen werden? Da die Transaktion erst im dritten Quartal erfolgen soll, haben wir Investoren noch genügend Zeit, um uns die dann aktuellen Zahlen und ggf. angepassten Prognosen anzuschauen. Abschließend kann euch auch die Dokumentation auf Hulu „WeWork: Or the Making and Breaking of a $47 Billion Unicorn“ empfehlen (den Trailer könnt ihr euch hier bereits anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=HVAESeO7dgc ).

Aufklärung über Eigenpositionen: Der Autor hält Aktien an Softbank.


Bildherkunft: AdobeStock: 427534625