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Wie Warren Buffett es macht: “When investing, keep it simple.“

Kommentare Michael Seibold 2.435 Leser

Liebe Leser,

Buffetts Mentor Benjamin Graham brachte ihm in den 1950er-Jahren das Value Investing an der Columbia University in New York bei. Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Graham gilt als der Vater des Value Investing. Ihm fiel Anfang der 1930er-Jahre auf, dass sich die überwältigende Mehrzahl der draufgängerischen Stockpicker von der Wall Street sich um die langfristigen Geschäftsaussichten nicht kümmerten. Sie beschäftigten sich ausschließlich damit, ob die Aktienkurse auf kurze Sicht stiegen oder fielen. Ferner kam Graham zu dem Entschluss, dass diese eifrigen Stockpicker im Zuge ihres Spekulationsfiebers die Aktienkurse manchmal in schwindelerregende Höhen hinauftrieben, die im Verhältnis zu den langfristigen Geschäftsaussichten nahezu lächerlich erschienen. Ebenfalls wurde ihm klar, dass die gleiche Truppe manchmal Aktien auf irrwitzige Tiefs drückte, die auch die Geschäftsaussichten der Unternehmen ausblendeten. Genau diese unsinnigen Tiefs sah Graham als eine fantastische Gelegenheit, Geld zu verdienen.

Wie konnte er daraus nun Kapital schlagen? Er ging folgendermaßen vor: Wenn er diese „überverkauften Unternehmen“ für einen Preis bekommen würde, die unter ihrem langfristigen inneren Wert handeln, würde der Markt irgendwann den Fehler einsehen und die Bewertung entsprechend anpassen. Das ist die Grundlage dessen, was wir heutzutage als Value Investing bezeichnen.

Grahams Methodologie

In Grahams Welt gab es für jedes Unternehmen einen Preis, zu dem es ein Schnäppchen war. Graham kümmerte sich allerdings nicht darum, welche Art von Unternehmen er kaufte. Er konzentrierte sich darauf, Unternehmen zu kaufen, die weniger als die Hälfte ihres Bargeldbestands kosteten. Der berühmte Spruch: „Kaufe einen Dollar für 50 Cent.“ Es gab da natürlich noch ein paar andere Maßstäbe, auf die er sein Handeln beschränkte.

Man sollte niemals das Zehnfache des Gewinns eines Unternehmens bezahlen und man sollte eine Aktie verkaufen, wenn sie um 50 Prozent gestiegen war.

Und wenn sie nach zwei Jahren nicht gestiegen war, verkaufte er sie auf jeden Fall. Klar, Grahams Perspektive war durchaus ein wenig langfristiger als die der Spekulanten von der Wall Street, aber tatsächlich interessierte es ihn kein bisschen, wo das Unternehmen in zehn Jahren stehen würde. Warren Buffett arbeitete zuerst in Grahams Firma an der Wall Street als Analyst. Er arbeitete dort mit dem berühmten Value-Anleger Walter Schloss zusammen und dieser brachte Buffett die Kunst bei, unterbewertete Aktien zu finden. Das lernte er, indem er Geschäftsberichte von Tausenden von Unternehmen lies.

Unterschied zwischen Graham und Buffett

Als Graham sich zur Ruhe setzte, kehrte Buffett in seine Heimatstadt Omaha zurück. Ihm fielen dabei an Grahams Methodologie ein paar Dinge auf, die er irritierend fand. Zuallererst wurde ihm klar, dass nicht alle Unternehmen, die Graham als unterbewertet betrachtete, später höher bewertet wurden. Manche gingen sogar bankrott. Graham versuchte sich auf mögliche Verlierer abzusichern, indem er ein breit diversifiziertes Portfolio verwaltete, teilweise mit über hundert Unternehmen. Er stoßte jede Aktie nach spätestens zwei Jahren ab, wenn sie nicht gestiegen war. Am Ende des Tages blieben viele seiner „unterbewerteten Aktien“ weiterhin unterbewertet. Warren musste feststellen, dass einige der Unternehmen, die gemäß Grahams 50-Prozent-Regel verkauft wurden, anschließend Jahr für Jahr prosperierten. Er sah, wie die Unternehmen weit über ihren Preis hinausstiegen. Somit kam Buffett zu dem Schluss, dass er die Performance seines Mentors übertreffen könnte, wenn er mehr über die Geschäftsdaten dieser „Superstars“ erfahren würde.

Er begann also, Unternehmen unter dem Gesichtspunkt zu analysieren, was sie zu solchen fantastischen langfristigen Investments machte. Dabei merkte er, dass diesen „Superstars“ ein Wettbewerbsvorteil zugute kam. Entweder konnten die Unternehmen mehr Geld für ihre Produkte verlangen oder aber sie konnten mehr Produkte verkaufen.

Ebenfalls begriff Warren, dass der Wert des Unternehmens, das einen Wettbewerbsvorteil lange aufrechterhalten kann, Jahr um Jahr weiter steigern werde. Buffett erschien es also sinnvoller, ein Unternehmen solange zu halten, als der Wettbewerbsvorteil bestehen bleibt. Da solche Unternehmen derart wirtschaftliche Faktoren in die Hände spielten, war die Wahrscheinlichkeit eines Bankrotts gleich null für Warren. Das heißt, je tiefer die Spekulanten der Wall Street den Aktienkurs solcher Unternehmen drückten, umso geringer war für ihn das Verlustrisiko. Je länger er solche Positionen halten würde, umso mehr Zeit habe er, von der großartigen Geschäftssituation des Unternehmens zu profitieren. Diese Tatsache würde ihn immens reich machen, sobald der Aktienmarkt den Wert des Unternehmens erkennt.

Dies stellte das Wall-Street-Diktum auf den Kopf, das besagt, dass man seine Gewinne nur maximieren könne, wenn man sein Risiko erhöhen würde. Er hatte also eine Form der Geldanlage entdeckt, die ihm bei reduziertem Risiko höhere Gewinne einbrachte.

Nutze das Jahrzehnt, nicht den Tag

Buffett sieht sich selbst als „Jahrzehntehändler“ im Gegensatz zum „Tageshändler“. Er schlägt folgendes Gedankenexperiment vor: Stellen Sie sich vor, am Tag nach dem Kauf einer Aktie schließt die Börse für fünf Jahre. Würde das Ihre Kaufentscheidung ändern? Es sollte nicht. Ergebnis und Cashflow sind zwei der tragenden Säulen eines erfolgreichen Unternehmens. Die Pflege der Geduld ist unerlässlich für einen Value-Investoren. Lassen Sie sich von der Investorengruppe in Buffetts Heimatstadt Omaha, Nebraska, inspirieren. Mehr als 25 Familien halten dort seit mehr als 45 Jahren ihren Bestand an Berkshire Hathaway, Buffetts Unternehmen. Ihre ursprünglichen Investitionen von jeweils etwa 50.000 US-Dollar sind jetzt mehr als 300 Millionen Dollar wert. Der Wert eines “A“-Anteils von Berkshire Hathaway hat sich über 40 Jahre wie folgt verbessert:

1974 –              40 USD

1984 –         1.275 USD

1994 –      15.400 USD

2004 –     97.000 USD

2014 –    150.000 USD

Heute – 280.000 USD

Buffett rät seinen Aktionären, über den Kauf von Berkshire Hathaway-Aktien so wie über den Kauf eines Bauernhofs oder eines Wohnhauses nachzudenken – als Investition, die lange in der Familie bleibt. In über 40 Jahren hat Buffett selbst nie eine Aktie seines Unternehmens verkauft.

Ratschläge von Buffett

Buffett investiert in Unternehmen, die Produkte wie Süßigkeiten, Unterwäsche, Ziegel, Farben, Teppiche und beispielsweise Möbel herstellen. Er prüft sorgfältig ihren Cashflow und vermeidet überbewertete High-Tech-Unternehmen der “New Economy“.

Außerdem hält er sich von Unternehmen in volatilen Branchen fern und bevorzugt etablierte, vorhersehbare Unternehmen mit erfolgreichem Geschäftsmodellen. Die meisten Investmentprofis preisen die Vorteile der Diversifizierung an, aber Buffett sagt das Gegenteil.

Er ist der Meinung, wenn Sie ein gutes Unternehmen entdecken, sollten Sie eine große Position darin einnehmen. Die Portfolios einzelner Anleger sollten nicht aus mehr als 10 Aktien bestehen. Überaktive Händler können ihre eigenen schlimmsten Feinde werden. Buffett kauft Aktien und wartet.

Er schätzt selbst, dass er in 20 Prozent der Zeit, in der er investiert hat, nicht gefunden hat, was es wert gewesen wäre, gekauft zu werden. Viele seiner Positionen hat er über lange Zeiträume überhaupt nicht verändert (siehe Coca-Cola seit 1994, American Express seit 1998 usw.) Das reduziert Steuern und stärkt die Rendite. Auch John Bogle, der Gründer der Vanguard, stimmt Buffett zu. Er warnt seine Kunden vor versteckten Kosten der Anlage, zu denen Provisionen und Handelskosten zählen.

Buffett rät, nicht täglich den Börsenticker zu verfolgen. Die Lehre besteht darin, sich auf den Wert zu konzentrieren, nicht auf den Preis. Die beste Zeit, Aktien zu kaufen, ist, wenn die Kurse fallen. Während der Bärenmärkte kaufte Buffett meist große Positionen. Sie müssen manchmal auf den richtigen Zeitpunkt warten können. Buffett erkennt, dass es nur wenige großartige Treffer benötigt, um den Durchschnitt zu schlagen.

Fazit

Nehmen Sie es wie Ted Williams – ehemaliger Baseballspieler – “You have to wait for the right pitch.“ Die außergewöhnliche Rendite von über 20 Prozent p.a. verdankte Berkshire Hathaway,  laut Buffetts Partner Charlie Munger, der Investition in nur 15 Unternehmen. Ohne diese wäre das Portfolio lediglich durchschnittlich verlaufen.

Liebe Anleger,

ich wünsche Ihnen noch viele erfolgreiche Investments!

Bis zur nächsten spannenden Story,

Michael Seibold

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Bildherkunft: https://pixabay.com/de/illustrations/warren-buffett-reich-geld-5000311/