11.08. 15:12

Russischer Stützpunkt auf Krim stark beschädigt

- von Tom Balmforth

Kiew (Reuters) - Trotz Dementis aus Moskau belegen Satellitenaufnahmen schwere Zerstörungen auf einem russischen Militärstützpunkt auf der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim.

Auf den am Donnerstag von dem Unternehmen Planet Labs veröffentlichten Bildern sind mehrere Krater an Stellen zu sehen, an denen zuvor Gebäude und Flugzeuge standen. Brandschäden sind ebenso deutlich erkennbar wie acht ausgebrannte Kampfjet-Wracks. Die genauen Hintergründe der Detonationen vom Dienstag sind bislang unklar.

Russland spricht von einem Unfall und bestreitet, dass Flugzeuge beschädigt wurden. Die Regierung in Moskau hat lediglich eingeräumt, dass es auf dem Stützpunkt Saki an der Südwestküste der Krim mehrere Explosionen gegeben habe. Dabei habe es sich um gelagerte Munition gehandelt. Es sei die Folge eines Unfalls gewesen, womöglich ein Verstoß gegen Brandschutzvorschriften, und nicht die Folge eines Angriffs. Die Ukraine hat sich öffentlich bislang nicht klar geäußert. "Offiziell bestätigen wir nichts, und wir streiten nichts ab", teilte Präsidentenberater Mychailo Podoljak in einer Stellungnahme an die Nachrichtenagentur Reuters mit. "Es gibt zahlreiche Szenarien dafür, was passiert sein könnte." Er gelte aber zu bedenken, "dass es mehrere Epizentren von Explosionen genau zur gleichen Zeit gab".

Ukrainische Vertreter deuteten allerdings an, dass es sich möglicherweise um Sabotage gehandelt haben und Partisanen hinter den Explosionen stecken könnten. Aber die Aufnahmen könnten auch darauf hindeuten, dass der Stützpunkt von einer Salve von Geschossen getroffen wurde. Allerdings liegt die Basis weit außerhalb der Reichweite der Waffen, die westliche Länder nach eigenen Angaben bislang der Ukraine zur Unterstützung der Verteidigungsmöglichkeiten bereitgestellt haben. Die Ukraine verfügt aber auch über bestimmte Raketen, die eigentlich zur Bekämpfung von Schiffen gedacht sind, mit denen theoretisch aber auch Ziele an Land getroffen werden könnten.

Westliche Militärexperten schließen nicht aus, dass es sich um einen ukrainischen Angriff handelte. Sie werten das Ausmaß der Detonationen und die offenbare Präzision, mit der sie mutmaßlich herbeigeführt wurden, als Zeichen dafür, dass eine mächtige neue Komponente in dem seit Ende Februar tobenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine Einzug gehalten haben könnte - mit potenziell wichtigen Implikationen. Russland hatte die Krim 2014 annektiert. Die Regierung in Moskau nutzt die Halbinsel als Basis für seine Schwarzmeerflotte und als Hauptnachschubroute für seine Invasionstruppen im Süden der Ukraine. Kiew bereitet dort eine Gegenoffensive vor. Ziel ist, die Halbinsel wie auch die anderen besetzten Gebiete zurückzuerobern.

"DAS WERDEN WIR AUCH DIE NÄCHSTE ZEIT WEITER TUN"

Allerdings entwickeln sich die Kämpfe an den Frontlinien im Osten und Süden der Ukraine immer mehr zu einem Stellungskrieg. Keine der Kriegsparteien konnte zuletzt wesentliche Vorstöße vermelden. Die ukrainische Seite berichtete von heftigem Beschluss entlang der gesamten Front, von Charkiw im Nordosten des Landes, über die östliche Region Donezk im Donbass, entlang des Flusses Dnipro im Gebiet von Saporischschja, wo sich Europas größtes Atomkraftwerk befindet, bis nach Cherson und Mikolajiw im Süden des Landes. Nach Angaben des ukrainischen Brigadegenerals Olexij Hromow haben die russischen Streitkräfte die Zahl der Luftangriffe im Vergleich zur Vorwoche verdoppelt. Allerdings sei die Treffsicherheit der Angriffe gering.

Nach Ansicht von Bundeskanzler Olaf Scholz kann es ein Ende des Krieges nur mit Zustimmung der Ukraine zu den Modalitäten geben. Nur der ukrainische Präsident, das Parlament und das Volk könnten letztlich entscheiden, zu welchen Bedingungen der Konflikt gelöst werden könne, sagte Scholz bei seiner Sommer-Pressekonferenz in Berlin. Insofern schließe dies einen Diktatfrieden Russlands aus. Deshalb müsse die Ukraine auch weiterhin und dauerhaft unterstützt werden. Deutschland habe als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg mit einer Tradition gebrochen und liefere Waffen in ein Kriegsgebiet, betonte der Kanzler. "Das werden wir auch die nächste Zeit weiter tun."

(Reuters-Büros. Bearbeitet von Christian Rüttger und Alexander Ratz. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)