Portfoliocheck: Bill Nygren steht jetzt auch auf Dr. Pepper
Bill Nygrens Investmentstil ist geprägt von einem tiefen Verständnis für die Fundamentaldaten von Unternehmen, kombiniert mit einem klaren Blick für langfristige Potenziale. Er ist Experte darin, Chancen in unterbewerteten Aktien zu erkennen und damit nachhaltiges Wachstum für die Anleger zu generieren.
Nygren zeichnet sich durch einen wertorientierten Investmentansatz aus, der auf langfristigem Wachstum und fundierter Unternehmensanalyse basiert. Sein Aufstieg begann bereits in den 1980er-Jahren bei Harris Associates, wo er als Portfolio-Manager und Chief Investment Officer drei Fonds der Oakmark-Familie mit einem Anlagevolumen im zweistelligen Milliardenbereich betreut. Darunter fallen der bekannte Oakmark Fund, der seit Gründung 1991 eine durchschnittliche jährliche Performance von 13 % vorzuweisen hat, sowie der Oakmark Select Fund und der Oakmark Global Select Fund.
Als klassischer Value Investor ermittelt Nygren den fairen Wert eines Unternehmens und kauft dessen Aktien nur, wenn sie mit erheblichem Abschlag an der Börse zu bekommen sind. Dieses Konzept der Sicherheitsmarge geht auf Benjamin Graham zurück und Nygren stellt damit sicher, nicht mehr als 60 % des von ihm ermittelten Werts zu bezahlen.
„Wir wollen überdurchschnittliche Unternehmen zu durchschnittlichen Preisen.“ (Bill Nygren)
Doch Nygren kauft nicht irgendwelche billigen Unternehmen, sondern er achtet auf ganz bestimmte Schlüsselfaktoren: einen hohen Free Cashflow, eine möglichst hohe Eigenkapitalrendite und idealerweise eine signifikante Beteiligung des Managements am Unternehmen, so dass es ein hohes Eigeninteresse am nachhaltigen Unternehmenserfolg hat.
Top Käufe und Verkäufe im 4. Quartal 2024
Bill Nygren hatte zum Ende des Quartals 52 Werte in seinem Oakmark Funds Depot, darunter fünf Neuaufnahmen. Seine Turnoverrate stieg leicht auf 8 % und dieser Wert ist für Nygren weiterhin atypisch hoch. Dazu erklärte er, er nutze die höhere Volatilität an den Märkten, um bei höher bewerteten Aktien Positionen glattzustellen und sich auf solidere und niedrig bewertete Aktien zu fokussieren. Das führe zu einer erhöhten Handelstätigkeit in seinem Portfolio.
Von Salesforce.com hat sich Bill Nygren komplett verabschiedet und auch Truist Financial sowie Altria vollständig verkauft. Daneben traf es im Finanzsektor auch Wells Fargo mit einer Anteilsreduzierung von 25 % sowie BlackRock, wo es sogar 55 % waren.
Zudem reduzierte er bei Fiserv seine Position um ein Viertel. Der Aktienkurs des Transaktions- und Zahlungsverarbeitungsunternehmens stieg nach der Vorlage solider Ergebnisse für das 3. Quartal mit einem Umsatzwachstum im hohen einstelligen Bereich und einem bereinigten Gewinn je Aktie im hohen Zehnerbereich. Fiserv nutzt weiterhin seine Größe, seine Investitionskapazität und sein großes Vertriebsnetz, um ein attraktives Wachstum zu erzielen. Nygren zeigte sich weiterhin begeistert: „Das Unternehmen hat in 38 aufeinanderfolgenden Quartalen ein zweistelliges EPS-Wachstum erzielt und wird von einem Managementteam geführt, das wir sehr schätzen. Wir glauben, dass Fiserv gut positioniert ist, um von dem langfristigen Trend zu digitalen Zahlungen und Bankgeschäften zu profitieren, und dass das Chancen-Risiko-Verhältnis weiterhin zu unseren Gunsten ausfällt.“ Der Kurs kennt seit Monaten kein Halten mehr, so dass Nygrens Teilverkauf nicht zu einem Rückgang des Werts seiner Position geführt hat. Hier nahm er ganz klassisch bei einer (zu) hohen Bewertung Gewinne mit.
Ganz neu eingestiegen ist Nygren bei Keurig Dr Pepper, einem der führenden Getränkehersteller Nordamerikas mit einer dominanten Position bei Einzelportionskaffee und aromatisierten Erfrischungsgetränken. Das Portfolio an Erfrischungsgetränken weist eine starke Erfolgsbilanz bei Volumenwachstum und Marktanteilsgewinnen auf. Nygren ist überzeugt, dass diese starke Leistung dank günstiger demografischer Trends, der Stärke der Marken und des einzigartigen Vertriebsnetzes auch in Zukunft anhalten wird. Der Aktienkurs sei aufgrund der fundamentalen Schwäche der Keurig-Kaffeesparte unter Druck geraten, weil sich der Kaffeekonsum zu Hause normalisierte, als die Menschen wieder ins Büro gingen, während Preiserhöhungen die Nachfrage dämpften. Nygren glaubt, dass sich diese branchenweiten Herausforderungen als vorübergehend erweisen werden, da Kaffee nach wie vor ein beliebtes Getränk in allen Bevölkerungsschichten sei. Keurig sei in der Lage, aus dieser Nachfrage Kapital zu schlagen, da das Unternehmen über die größte installierte Basis von Einzelportionsbrühern verfüge und genügend Spielraum habe, um die Marktdurchdringung bei Haushalten weiter zu erhöhen. Nygren zeigte sich sehr erfreut, die „Aktien dieses überdurchschnittlichen Unternehmens zu erwerben, das mit einem Abschlag gegenüber dem Markt, anderen Getränkeherstellern und privaten Markttransaktionen gehandelt“ wurde.
Quelle: Qualitäts-Check TraderFox
Ebenfalls neu an Bord ist Elevance Health, eine der größten Managed-Care-Organisationen in den USA. Nygren hält Managed Care für eine attraktive Branche, da die Gesundheitsausgaben in der Vergangenheit höher waren als das BIP und der kurze Konjunkturzyklus es den Unternehmen ermöglicht, schnell auf Preisänderungen reagieren zu können. In jüngster Zeit hätten sich Managed-Care-Aktien schlechter entwickelt als der Markt, da die Branche aufgrund der Diskrepanz zwischen Erstattungssätzen und medizinischen Kosten mit Gegenwind zu kämpfen hatte. Nygren hält das für eine vorübergehende Schwäche und setzt auf Elevance Health wegen deren Größe, der Diversifizierung über verschiedene Endmärkte hinweg und der disziplinierten Zeichnungs- und Kapitalallokation. Daher sollte auch der Markt Elevance mit der Zeit wieder als qualitativ hochwertiges Unternehmen mit überdurchschnittlichen Wachstumseigenschaften anerkennen.
Die dritte Neuerwerbung betrifft Airbnb, einen weltweit führenden Onlinemarktplatz für Ferienwohnungen, Hotels und Übernachtungen. Der globale Reisemarkt nimmt weiter kräftig zu und alternative Unterkunftsmöglichkeiten gewinnen an Attraktivität. Nygren meint, Airbnb werde sein Wachstumstempo noch erhöhen, indem es wertvollere Dienstleistungen für beide Seiten seines Netzwerks schaffe, also Mieter und Vermieter, einschließlich der Möglichkeit der bezahlten Vermittlung, die für vergleichbare Marktplätze einen erheblichen wirtschaftlichen Wert geschaffen hat. Aufgrund kurzfristiger Bedenken über das makroökonomische Reiseumfeld und sinkende Margen aufgrund von Wachstumsinvestitionen war es Nygren möglich, Airbnb-Aktien mit einem Abschlag auf seine eigene Schätzung des Unternehmenswertes zu erwerben.
Bei Merck & Co., einem global aktiven Pharmaunternehmen, das in den Geschäftsbereichen Onkologie, Impfstoffe und Tiergesundheit zu den Marktführern gehört, war Nygren erst im Vorquartal eingestiegen und hat seine Position inzwischen mehr als verdoppelt.
Top Positionen am Ende des 4. Quartals 2024
In Bill Nygrens mit 21,9 Mrd. USD annähernd konstant gebliebenem Oakmark-Funds-Portfolio blieb der Finanzsektor mit 36,2 % Gewichtung unangefochtener Spitzenreiter. Industriewerte können ihren zweiten Rang mit 11,6 % behaupten vor Communication Services mit 10,31 % und Gesundheitswerten mit 10,1 %. Dahinter folgen Energiewerte mit 8,8 % vor zyklischen Konsumwerten mit 7,1 %, defensiven Konsumwerten mit 6,3 % und Technologieunternehmen mit 4,0 %. Rohstoffaktien mit 2,9 % und Immobilienunternehmen mit 2,4 % runden sein Portfolio ab.
Alphabet war im 4. Quartal einer der Top-Performer und konnte damit seine Spitzenposition in Nygrens Portfolio locker verteidigen. Nygren ist weiterhin davon überzeugt, „dass Alphabet eine Ansammlung großartiger Unternehmen ist, die durch ihre erstklassigen KI-Fähigkeiten langfristig weiteren Wert freisetzen können“.
Die Citigroup konnte im 2024er-Schlussquartal ordentlich zulegen und liegt nun auf dem zweiten Platz vor General Motors, das ebenfalls ein starkes Quartal hinter sich hat, dank solider Ergebnisse für das 3. Quartal und einer erhöhten Prognose für den operativen Gewinn und den freien Cashflow für das Gesamtjahr. Zudem kaufte GM im Laufe des Quartals Aktien im Wert von 1 Mrd. USD zurück und deutete an, dass das Tempo der Rückkäufe in nächster Zeit zunehmen dürfte. Nygren ist der Ansicht, dass GM weiterhin deutlich unterbewertet sei und dass der Wert je Aktie durch die Aktienrückkäufe gesteigert wird, der der Kurs mit einem erheblichen Abschlag zu Nygrens Schätzung des inneren Wertes notiere.
Hinter Deere liegt Charles Schwab auf dem fünften Rang. Der führender Anbieter von Brokerage-Dienstleistungen mit einem Kundenvermögen von mehr als 9 Bio. USD, verteilt auf über 35 Mio. aktive Brokerage-Konten, verfüge als größten Discount-Brokerage über bedeutende Größenvorteile. In den letzten Jahren wurde der Wachstumstrend durch kurzfristigen Gegenwind überlagert, da die hohen Zinssätze die Kunden dazu veranlassten, ihr Geld von der Schwab-Bank in renditestärkere Alternativen umzuschichten. Schwab musste daher auf teurere Finanzierungen zurückgreifen, um diese Einlagen zu ersetzen, was den Gewinn pro Aktie drückte. Nygren betrachtet dies als einen vorübergehenden Gegenwind und erwartet, dass das starke zugrundeliegende Geschäftswachstum von Schwab zu einem Anstieg der Einlagen und einer Erholung des Gewinns je Aktie führen wird. Der zu hohe Marktpessimismus hätte eine Chance geboten, vergleichsweise günstig in dieses Top-Unternehmen investieren zu können.
Mit American International Group, Intercontinental Exchange und Fiserv folgen drei weitere Unternehmen aus dem Finanzsektor vor dem Einzelhandelsgiganten The Kroger. Danach schließt sich Kreditkartenprimus Capital One an, der ebenfalls zu den starken Performern im 4. Quartal gehörte. Dies lag an guten Ergebnissen für das 3. Quartal und der wachsenden Zuversicht, dass die anvisierte Fusion mit Discover mit größerer Wahrscheinlichkeit zustande kommen werde.
Nygrens Portfolio wird weiterhin vom Finanzsektor dominiert, der nicht unerheblich von der Zinsentwicklung abhängt. Die zuletzt wieder aufkommenden Befürchtungen hinsichtlich sich verstärkender Inflation und robuster Wirtschaftsdaten in den USA haben der Aussicht auf weitere Zinssenkungen durch die Fed einen Dämpfer verpasst. Dem läuft Trumps Zollpolitik entgegen, die die Wirtschaft abzuwürgen droht, wodurch sich Handlungsdruck für die Fed ergeben könnte. Die jüngsten deutlichen Kurseinbrüche der US-Börsen haben alle bisherigen Kurszuwächse seit Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten wieder ausgelöscht. Die Unsicherheit hat seit seinem Amtsantritt kräftig zugenommen und der Finanzsektor gehört zu den Leidtragenden, was Kursrückgänge angeht. Ob und gegebenenfalls wie stark Bill Nygren hierauf im laufenden Quartal reagiert, ist eine interessante Frage, die sich leider erst in einigen Wochen beantworten lässt.
Eigene Positionen: keine
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