Portfoliocheck: Charlie Mungers letzter Deal
Am 28. November ist Charlie Munger kurz vor seinem 100. Geburtstag verstorben. Das wäre ein denkwürdiger Tag geworden, denn Charlie Munger war einer der erfolgreichsten Investoren der Welt und gehörte zweifellos zu dem einen Prozent der intelligentesten Menschen unseres Zeitalters. Seine bekannteste Rolle war wohl die des Beifahrers von Warren Buffett bei Berkshire Hathaway, aber hinter Charlie steckte sehr viel mehr.
Charles Thomas Munger kam am 1. Januar 1924 in Omaha, Nebraska, zur Welt. Nach dem Mathematikstudium an der University of Michigan und seinem Dienst in der US Army Air Corp als Meteorologe trat Charlie Munger in die Harvard Law School ein – obwohl er keinen Bachelorabschluss hatte. Nach seinem Abschluss mit einem Juris Doctor magna cum laude gründete er im Jahr 1948 die Rechtsanwaltssozietät Munger, Tolles & Olson LLP, wo er bis 1965 als Immobilienanwalt tätig war.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Mungers Leben bereits einige schicksalhafte Wendungen erlebt. 1955 war sein ältester Sohn mit neun Jahren an Leukämie verstorben und Munger war zu diesem Zeitpunkt aufgrund seiner kurz zuvor geschiedenen Ehe und der hohen Krankenhauskosten für seinen Sohn pleite, da er die Krankenhausrechnungen seines Sohnes allesamt privat bezahlte und der Rest für die Abfindung seiner Ex-Frau draufging.
Munger gab sich nicht dem Selbstmitleid oder dem Alkohol hin, sondern er krempelte die Ärmel hoch und stürzte sich in seine Arbeit als Immobilienanwalt. Aufgrund seiner großen Sparsamkeit wuchs sein Geldvermögen schnell wieder an und wurde von Munger investiert. 1956 heiratete er erneut, doch schon 1959 musste Munger auch seinen Vater beerdigen und reiste deshalb zurück in seine Geburtsstadt Omaha in Nebraska. Ein Freund machte ihn dort auf einen interessanten jungen Mann aufmerksam, mit dem sich Munger dann zum Essen traf: Warren Buffett. Beide verstanden sich auf Anhieb und entdeckten den verwandten Geist im anderen.
Buffett überzeugte Munger später, den Anwaltsberuf an den Nagel zu hängen und sich stattdessen vollständig auf das Investieren zu konzentrieren. Von 1962 bis 1975 leitete Munger die Investmentpartnerschaft Wheeler, Munger & Co, deren Ergebnisse außergewöhnlich waren: sie erzielte vor Gebühren eine jährliche Rendite von 19,8 %, verglichen mit 5 % für den Dow Jones Industrial Average.
Buffett und Munger investierten in dieser Zeit selbständig voneinander, sprachen aber regelmäßig über das Investieren, Unternehmen und Aktien. Und sie begegneten sich häufiger bei Investments, auch wenn sie unabhängig voneinander in die Unternehmen investiert hatten. So kauften sich beide Anfang der 1970er-Jahre unabhängig voneinander in die Einzelhandelskette Diversified Retailing und die Rabattmarkenfirma Blue Chip Stamps ein, um deren Finanzreserven für weitere Zukäufe zu nutzen.
Nach Auflösung seiner Partnerschaft engagierte sich Munger ab 1978 bei Berkshire Hathaway, einer strauchelnden Textilfirma, die sich sein Freund Warren Buffett ans Bein gebunden hatte und deren schwindende Cashflows er zum Aufbau einer Investmentholding nutzte. Es war der Beginn einer atemberaubenden Erfolgsgeschichte, die die Aktien von Berkshire bis auf 550.000 USD ansteigen ließ und damit seit Buffetts Übernahme Mitte der 1960er-Jahre eine Rendite von annähernd 4.000.000 % hinlegte. Keine Frage, die A-Aktie von Berkshire ist die teuerste Aktie der Welt und der Wert der Firma beläuft sich auf rund 800 Mrd. USD.
Ein streitbarer Geist
Munger hielt mit seiner Meinung nie hinterm Berg und scheute sich nicht, mit seinen Aussagen anzuecken. Gerade deshalb war er ein gern gesehener Interviewpartner in nahezu allen Medien. Mit seinem Buch „Poor Charlie’s Almanack“ hat Munger das Konzept der „elementaren, weltlichen Weisheit“ in Bezug auf Wirtschaft und Finanzen eingeführt. Er verfolgte einen ganzheitlichen Denkansatz über ein breites Wissensspektrum und verband all diese unterschiedlichen mentalen Modelle zu einer Art Gitterkonstruktion zur Lösung kritischer Geschäftsprobleme. Er las unentwegt und sogar noch mehr als Warren Buffett, doch das war kein Selbstzweck. Munger war, wie Buffett, in der Lage, schnell fundierte Investmententscheidungen zu treffen, wenn sich eine außergewöhnliche Gelegenheit auftat. Schneller als alle anderen, weil sie schon monate- und jahrelang im Thema waren und die neue Entwicklung daher sofort einschätzen konnten, während andere Investoren an diesem Punkt mit dem Nachdenken gerade erst anfingen.
Fokussiert auf Qualität und Geduld
Munger war ein Anhänger des Focus Investing und setzt nur auf eine kleine Zahl von Unternehmen. Er kaufte nur die besten und zwar genau dann, wenn sich eine außergewöhnlich gute Einstiegsmöglichkeit bot. Und nur dann.
„Weise Investoren setzen viel, wenn die Welt ihnen großartige Gelegenheiten bietet. Sie setzen viel, wenn die Chancen auf ihrer Seite sind. Den Rest der Zeit tun sie das nicht. So einfach ist das.“
(Charlie Munger)
Dabei konzentrierte er sich auf absolute Qualitätsunternehmen, nicht zuvorderst auf einen günstigsten Preis. Buffett und Munger bezeichneten sich als „Business-Picker“, nicht als „Stock-Picker“. Sie investierten in Qualitätsunternehmen mit starkem Geschäftsmodell, anhaltender Preissetzungsmacht und einem fähigen Management. Und dann mischten sie sich nicht in das operative Geschäft dieser Unternehmen ein, sondern überwachten lediglich, dass es seine außergewöhnlichen Eigenschaften bewahrt.
"Wenn man analysiert, was passiert ist, hat man das große Geld in den qualitativ hochwertigen Unternehmen gemacht. Und die meisten anderen Leute, die eine Menge Geld verdient haben, haben dies in qualitativ hochwertigen Unternehmen getan. (...) Wenn Sie in ein großartiges Unternehmen einsteigen können, bleiben Sie dort für eine lange Zeit. Das ist das einfachste und größte Geld, das man machen kann. (...) Ein großartiges Unternehmen arbeitet auch dann weiter, wenn Sie es nicht tun."
(Charlie Munger)
Die Erfolgsformel
Jeder möchte hinter das Geheimnis des Selfmade-Milliardärs kommen, dabei verriet er seine Erfolgsformel schon seit Jahren. Wie er selbst süffisant anmerkt, ist diese aber so simpel, dass niemand glaubt, dass man auf diese Weise reich werden könne und daher nach viel komplizierteren Wegen suche. Was meistens zum Scheitern verurteilt ist.
"Wir wissen nicht, wie wir schnell reich werden können, aber wir wissen, wie es langsam geht. (…) Gelegentlich bietet sich einem die Gelegenheit, in ein wunderbares Unternehmen einzusteigen, das von einem wunderbaren Manager geführt wird. Wenn man bei solchen Gelegenheiten nicht zugreift, ist das ein großer Fehler. (…) Wir sind daran interessiert, große Beträge dort zu investieren, wo wir keine weiteren Entscheidungen treffen müssen. Wenn man etwas kauft, weil es unterbewertet ist, muss man darüber nachdenken es zu verkaufen, wenn es sich seinem inneren Wert nähert. Das ist schwierig. Aber wenn man ein paar großartige Unternehmen kauft, kann man auf seinem Hintern sitzen bleiben. Das ist gut."
(Charlie Munger)
Langsam, aber sicher. Mit Geduld. Das sind grundlegende Faktoren, die beim Investieren den Erfolg bringen. Warren Buffett ist einer der reichsten Menschen der Welt, aber von seinen rund 115 Mrd. USD Vermögen hat er 99 % nach seinem 50. Geburtstag verdient. Dabei hat er inzwischen bereits die Hälfte seines Vermögens für wohltätige Zwecke gespendet.
Buffetts und Mungers Erfolg lag stets auch an der Macht des Zinseszinses, dem Compounding. Buffetts Vermögen ist ganz überwiegend in Aktien von Berkshire Hathaway angelegt und deren Kurs ist seit Buffetts Einstieg vor beinahe 60 Jahren von 50 USD auf ein Allzeithoch im September bei rund 563.000 USD gestiegen und mit aktuell 535.000 USD liegt er nur knapp darunter, so dass sich die Marktkapitalisierung von Berkshire auf über 765 Mrd. USD summiert.
Auch Mungers Vermögen steckt ganz überwiegend in Berkshire-Aktien, die ihn zum Milliardär machten. Wenn man hinter seine Investments kommen will, muss man mehrere Ebenen betrachten.
Mungers Privatportfolio
Zunächst ist da Mungers privates Portfolio. Knapp 95 % seines Vermögens hält er in Berkshire Hathaway-Aktien, weitere 4 % in Aktien von Costco Wholesale und dann noch 1 % in Aktien von Daily Journal.
Zudem hält er einen signifikanten Anteil an Himalaya Capital Management von Li Lu; dieser chinesisch stämmige Investor gilt als der Warren Buffett Asiens und ist einer der engsten Freunde Mungers. Er hat Munger – und Buffett – 2008 auf das chinesische Unternehmen BYD aufmerksam gemacht, von der Berkshire Hathaway Energy (damals noch als MidAmerican Energy firmierend) 225 Mio. Aktien für rund 232 Mio. USD kaufte. Dem Einstiegskurs von 1,03 USD steht der heutige Kurs von 27,50 USD gegenüber, was einer durchschnittlichen Jahresrendite von fast 30 % entspricht. Seit Mitte letzten Jahres hat Berkshire seinen BYD-Anteil um rund 60 % reduziert und hält inzwischen noch knapp 8 % der in Hongkong gelisteten Aktien.
Munger und Daily Journal
Zurück zu Daily Journal, einem kleinen Zeitungsverlag, an dem Munger mit seinen 50.000 Aktien rund 3,6 % hält und wo er als Chairman jahrzehntelang die Investments verwaltete. Daily Journal wurde daher auch öfter als Mungers "private Vermögensverwaltung" bezeichnet.
Top-Positionen am Ende des 3. Quartals 2023
Das Daily Journal Portfolio ist recht übersichtlich. Im 3. Quartal gab es erneut keine Aktiendispositionen; die letzte Veränderung datiert aus dem 4. Quartal 2022, als der kleine 0,25%ige Depotanteil am südkoreanischen Stahlkonglomerat POSCO veräußert worden war.
Ende September bestand das Portfolio aus ganzen vier Aktienpositionen:
Die Sektorgewichtung dominieren Finanzwerte mit 83,5 %, während es zyklische Konsumwerte auf die restlichen 16,5 % bringen. Den hohen Anteil des Finanzsektors könnte man als Klumpenrisiko bezeichnen, zumal es sich auch noch um eine Branche im Wandel handelt. Denn Onlinebanking und -brokerage, FinTechs, Filialsterben, der Abschwung am US-Immobilienmarkt, Kryptowährungen, Zinswende, die „kleine Finanzkrise“ sowie eine immer stärkere staatliche Regulierung setzen den Banken zu.
Doch Munger rührt seine Bankaktien nicht an; sie befinden sich seit fast 15 Jahren und unverändert in seinem Depot. Da stellt sich die Frage, warum…
Munger und die Banken
Zunächst einmal gehören Banken zu Mungers bevorzugtem Business. Sie erzeugen hohe Cashflows und bei einem grundsätzlich steigenden Weltwirtschaftswachstum und steigendem globalen Wohlstand boomt ihr Geschäft. In seiner positiven Einschätzung ist Munger sich mit Warren Buffett einig, der meint, Banking sei ein sehr gutes Business, solange man nicht irgendetwas Saudummes anstelle.
Aber das erklärt nur, weshalb Munger in Banken investiert ist, aber nicht ihre derart hohe Gewichtung. Die Erklärung hierfür ergibt sich aus Mungers Investmentphilosophie, nur und immer dann viel Geld einzusetzen, wenn sich eine außergewöhnliche Gelegenheit bietet.
Und diese "Once-in-a-Lifetime-Opportunity" bot sich auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008/09, als Munger sich zu Spottpreisen in die Banken einkaufte. Als das Weltfinanzsystem vor dem Abgrund stand nach der Pleite von Lehman Brothers und dem darauf folgenden Zusammenbruch des weltgrößten Versicherungsunternehmens AIG, bei dem sich fast alle Banken der Welt gegen Kreditausfälle versichert hatten, war Munger der Überzeugung, dass es keinen Zusammenbruch geben würde. Deshalb investierte er in die solidesten Unternehmen der Branche und das zu minimalen Kursen.
In den letzten Jahren gehörten die Banken nicht zu den ganz großen Renditebringern und man könnte sich fragen, weshalb Munger seine Bankaktien nicht verkauft und das Geld woanders investiert hat.
Banken sind ein lukratives Business und Munger kaufte sie, als sie in einer tiefen Krise steckten. Er kaufte die aus seiner Sicht besten Banken mit den seriösesten Managern und hält bis heute an diesem Investment fest. Bezogen auf seinen Einstiegskurs liefern sie ihm eine Dividendenrendite von mehr als 10 % pro Jahr. Er verkauft die Aktien nicht, weil sie "permanent abliefern", allen Widrigkeiten zu Trotz. Sie sind wahre Cashmaschinen, was auch am extrem niedrigen Einstandspreis liegt, den Munger für die Aktien bezahlt hat.
"Die erste Regel beim Compounding ist, es nie unnötig zu unterbrechen."
(Charlie Munger)
Munger fließt jedes Quartal viel frisches Geld aus diesen Dividenden zu, das er hortet und nur dann investiert, wenn sich ihm eine dieser wenigen ganz besonderen Ausnahmesituationen bieten.
Mungers letzter Deal: Alibaba
Viel Beachtung bekam Munger, als er im Frühjahr 2021 beim chinesischen Onlinegiganten Alibaba einstieg. Mit seinem ersten Kauf kam Alibaba gleich auf 19 % des Depotvermögens, doch der Aktienkurs fiel weiter, Munger kaufte fleißig zu. Im Herbst 2021 verdoppelte er seinen Bestand, doch wegen des stark gefallenen Aktienkurses machte die Position dennoch nur 20 % des Portfolios aus. Und der Kurs fiel weiter, während Munger nochmals aufstockte. Er verdoppelte im 4. Quartal 2021 nochmals seinen Aktienbestand und die Position wuchs auf 27,5 % des Depots an.
Im 2022er-Auftaktquartal kam dann die Kehrtwende, als Munger die Hälfte seiner Position veräußerte und den Alibaba-Anteil im Depot damit auf gut 15 % senkte. Dieser Schachzug dürfte auf einen steuerlichen Effekt zurückzuführen sein, denn die Verluste aus dem Geschäft konnte Munger mit anderen Kursgewinnen gegenrechnen. Ein durchaus übliches Verfahren.
Seitdem hat Munger seine Alibaba-Position nicht mehr angefasst, aber die Aktien befinden sich weiter auf Talfahrt. Im Frühjahr äußerte sich Munger ausführlich zu seinem Alibaba-Investment. Chinas Wirtschaftswachstum habe Millionen von Menschen schnell aus der Armut befreit. Munger war der Ansicht, dass China seine Wirtschaft geschickt gemanagt habe und dass der Aufschwung wahrscheinlich anhalten würde. Munger betonte auch die geschickten Geschäftspraktiken chinesischer Hersteller und deren zunehmenden Einsatz von Automatisierungstechnologie. Alibaba sei ein Unternehmen, das vom Wachstum der chinesischen Wirtschaft profitiere. Die Dominanz von Alibaba auf dem chinesischen E-Commerce-Markt und seine expandierenden Geschäftsbereiche machten das Unternehmen für ihn zu einer attraktiven Investition.
Auf der Hauptversammlung von Daily Journal räumte er allerdings seine Fehleinschätzung unumwunden ein: "Ich halte Alibaba für einen der schlimmsten Fehler, die ich je gemacht habe. Als ich über Alibaba nachdachte, war ich von der Idee ihrer dominanten Position auf dem chinesischen Markt fasziniert. Ich habe nicht bedacht, dass es sich immer noch um einen simplen Einzelhändler handelt. Das Internet ist ein hart umkämpftes Geschäft, das nicht für jeden ein Kinderspiel sein wird.“
In Bezug auf geopolitische Ereignisse und deren Auswirkungen auf ausländische Investitionen sagte Munger, dass die Kommentare des Alibaba-Gründers Jack Ma die chinesische Regierung beleidigt hätten, was zu dessen Verschwinden aus der Öffentlichkeit und den anschließenden negativen Auswirkungen auf das Unternehmen geführt habe. Der Vorfall verdeutliche die potenziellen Risiken von Investitionen in Unternehmen, die in einem politisch sensiblen Umfeld tätig sind, und die Bedeutung der Berücksichtigung geopolitischer Faktoren bei Investitionsentscheidungen.
Munger räumte neben seiner Fehleinschätzung in Bezug auf Alibaba aber noch einen zweiten gravierenden Fehler ein: Er hatte bei seinen Nachkäufen die Aktien mit der Hebelwirkung eines Kredits erworben, was seiner üblichen Anlagephilosophie, ohne Hebelwirkung zu agieren, widerspricht. Er begründete diese Entscheidung damit, dass er die sich bietenden Chancen als außerordentlich gut eingestuft hatte. Dies war der zweite teure Fehler, den Munger bei seinem Alibaba-Engagement beging. Als er ihn erkannte, hat er ihn konsequent bereinigt – und das Ablösen der Kredite dürfte der zweite Grund für die deutliche Reduzierung seiner Position sein, neben den steuerlichen Effekten.
Mungers Bester Deal:
Anfang der 1960er-Jahre gab es noch keinen internationalen Ölmarkt, wie wir ihn heute kennen, und auch keine OPEC. Der globale Ölmarkt wurde von einigen wenigen Firmen dominiert, fast alle aus den USA, die als einzige weltweit das Öl aufkauften und dann an jeden verkauften, der welches benötigte. Der Ölpreis unterlag also kaum dem Spiel von Angebot und Nachfrage und er notierte bei ein paar Dollar. Die USA förderten damals Öl und die Quellen gaben noch viel her, bevor sie dann in den 1980er-Jahren versiegten und erst in den 2010er-Jahren (nur) dank des Frackings eine Renaissance erlebten.
Ein Freund wandte sich 1962 an Munger, weil er Hilfe bei der Versteigerung von Lizenzen für ölproduzierende Grundstücke benötigte. Diese wurden damals von Ölmaklern in Auktionen ersteigert und sie zahlten meistens nur wenig für diese Förderlizenzen. Munger und sein Partner ergriffen ihre Chance und überboten diese Makler mit einem Gebot von 2.000 USD, wovon jeder 1.000 USD beisteuerte. Damals war das für Munger und seinen Freund viel Geld, für die Makler hingegen nur 'Schwund'. Auch deshalb konnten die beiden sich ziemlich kampflos durchsetzen. Durch diese Lizenz erhielt Munger ein 'wirtschaftliches Interesse' an dem Öl, das aus den Feldern auf diesem Grundstück gefördert wurde. Munger hat einmalig 1.000 USD investiert und erhält seitdem Lizenzgebühren. Heute sind das bis zu 70.000 USD jährlich und Munger dürfte über die letzten 60 Jahre insgesamt gut 1 Mio. USD an „Royalties“ eingefahren haben und sich seine Investition demnach mehr als vertausendfacht haben. Munger hat nie verkauft und ließ die Einnahmequelle einfach weiter sprudeln.
„Wenn man unsere fünfzehn wichtigsten Entscheidungen (bei Berkshire) ausklammert, hätten wir eine ziemlich durchschnittliche Bilanz. Es war keine Hyperaktivität, sondern verdammt viel Geduld. Wir haben an unseren Grundsätzen festgehalten und als sich Chancen ergaben, haben wir uns energisch auf sie gestürzt.“
(Charlie Munger)
Mungers wichtigster Deal
Am Ende wird Munger als Buffetts Vize bei Berkshire Hathaway in Erinnerung bleiben. Während Buffett das mediale Aushängeschild ist, konnte sich Munger stets selbst stark zurücknehmen und Buffett die Bühne überlassen. Das hat für beide hervorragend funktioniert. Dennoch war Munger der prägendste Einflussfaktor auf Buffett und das „Mastermind“ hinter dem außergewöhnlichen Erfolg. Ohne Munger wäre Buffett wohl immer nur eine jüngere Version von Benjamin Graham geblieben, wenngleich eine sehr erfolgreiche. Doch das „Orakel von Omaha“ würde es ohne Charlie Mungers Einfluss und Führung nicht geben. Auch deshalb ist Mungers Einstieg bei Berkshire Hathaway wohl der wichtigste Deal seines Lebens – und der Warren Buffetts.
Berkshire wird ohne Munger nicht mehr dasselbe sein, insbesondere die Hauptversammlungen nicht. Aber die Erfolgsgeschichte ist mit Mungers Tod nicht auserzählt, sondern sie wird fortgeschrieben. Von Warren Buffett, von dessen designierten Nachfolger Greg Abel, den beiden „Investment-Leutnants“ Ted Weschler und Todd Combs und dem Versicherungsfachmann Anjit Jain. Sie alle haben die Berkshire-DNA, sie alle verfolgen die Strategie des Value-Investings und feiern Erfolge mit qualitativ hochwertigen Unternehmen.
Mungers Vermächtnis
Die Erfolgsgeschichte von Berkshire wird fortgeschrieben, sie bekommt nur neue Kapitel. Und eine der Hauptpersonen hat die Bühne verlassen und hinterließ ein großes Vermächtnis. Wenn man die gesammelte Weisheit des Charlie Munger in einer Aussage zusammenfassen müsste, dann wäre es wohl diese:
„Jedes intelligente Investieren ist das Investieren in Werte - mehr bekommen als das, wofür Du bezahlst. Investieren ist, wenn Du einige großartige Unternehmen findest und dann auf Deinem Hintern sitzt.“
(Charlie Munger)
Mit Charlie Munger hat die Welt einen ihrer größten Denker und besten Investoren verloren. Und Warren Buffett seinen besten Freund und Mentor. „Der arme Charlie“ wird mir fehlen, denn er hat mich und meinen Investmentstil stark geprägt und war in stürmischen Zeiten immer der Fels, auf den man bauen konnte. Und wird es bleiben, denn seine vielen Weisheiten sind zeitlos und universell; sie sind eine Anleitung zu einem erfüllten und erfolgreichen Leben.
Danke für alles, Charlie!
Eigene Positionen: Berkshire Hathaway, Costco
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