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Pessimismus auf Rekordhoch: Internationale Investoren attestieren
Deutschland schwindende Stärken und sinkende Attraktivität
Berlin (ots) - Umfrage der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter den 350
CFOs der größten deutschen Tochtergesellschaften internationaler Konzerne aus
den wichtigsten Investorenländern
46 % schätzen andere Länder und Regionen wachstumsstärker als Deutschland ein
und wollen in den kommenden fünf Jahren prioritär dort investieren
- Alle Standortfaktoren verschlechtern sich mit zunehmender Dynamik
- Größte Investitionshindernisse: Überbordende Bürokratie (61 %), hohe
Energiekosten (57 %) und mangelhafte Digitalisierung (44 %) führen, gefolgt
von ESG-Regulierung (35 %) und fehlender Technologieoffenheit (31 %)
- Zunehmende Skepsis gegenüber der politischen Stabilität Deutschlands: Nur noch
58 % zählen Deutschland zu den fünf stabilsten EU-Ländern (in 2021: 80 %)
- Forschungslandschaft kritischer eingeschätzt: Nur noch 43 % der Befragten
zählen Deutschland hier zu den Top 5 in der EU (Rückgang um 21 Prozentpunkte
im Vergleich mit 2017)
- Ambivalenter Zukunftsausblick: 52 % der Befragten sieht Geschäftschancen in
Deutschlands Transformationsbedarf, doch nur knapp jeder Dritte (27 %) will
tatsächlich investieren
Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland ist in Gefahr. "Wir haben
zu lange von der Substanz gelebt und wichtige Reformen vernachlässigt. Aktuell
schätzt fast jeder zweite internationale CFO (46 %) andere Länder und Regionen
als wachstumsstärker ein. Neue Investitionen in den kommenden fünf Jahren werden
sie prioritär dort tätigen," sagt Andreas Glunz, Bereichsvorstand International
Business bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei der Präsentation
der Studie "Business Destination Germany 2024 ".
Für diese befragte KPMG 350 CFOs der größten deutschen Tochtergesellschaften
internationaler Konzerne aus den wichtigsten Investorenländern . Untersucht
wurden die wichtigsten Faktoren des Wirtschaftsstandorts Deutschland im
EU-Vergleich. Nach 2017, 2019 und 2021 erfolgt die Befragung jetzt zum vierten
Mal. Dies ermöglicht wichtige Trendaussagen.
Danach rutscht die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt im EU-Vergleich
zunehmend ins Mittelfeld ab. So weist der KPMG-Standort-Index, in den 23
Standortfaktoren einfließen, nur noch einen Wert von +1,2 auf der Skala von +10
(Spitze im EU-Vergleich) bis -10 (Schlusslicht im EU-Vergleich) auf. Dies
entspricht einer Halbierung gegenüber dem Wert der Studie aus 2021 (+2,4). 2017
lag der Wert noch bei +3,1.
Standortfaktoren verschlechtern sich ausnahmslos
Die Nennungen Deutschlands als Spitzenreiter oder Top 5 EU-Land haben bei vielen
individuellen Standortfaktoren im Vergleich mit dem KPMG-Standort-Index 2021
zudem massiv abgenommen: Politische Stabilität (-22 Prozentpunkte),
Arbeitsproduktivität (-17 Prozentpunkte) und logistische/physische Infrastruktur
(-16 Prozentpunkte). Anders als noch vor zwei Jahren bewerten ausländische
Investoren auch solche Faktoren deutlich schlechter, die die Zukunftsfähigkeit
besonders nachhaltig beeinflussen und die bislang zu den ausgesprochenen Stärken
Deutschlands zählten: Forschungslandschaft (-13 Prozentpunkte) sowie
Innovationsfreundliches Umfeld (-8 Prozentpunkte).
Wo schneidet Deutschland am schlechtesten ab? Digitalisierungsgrad der
öffentlichen Verwaltung (-4,1) und digitale Infrastruktur (-2,0) sowie
Betroffenheit vom demografischen Wandel (-1,2)
Zu den größten Investitionshemmnissen zählt der unzureichende
Digitalisierungsgrad der öffentlichen Verwaltung . Jeder vierte internationale
CFO (25 %) nennt Deutschland als Schlusslicht. Weitere 36 % positionieren die
Bundesrepublik unter den fünf schwächsten Ländern im EU-Vergleich. Ähnlich
negativ wird die digitale Infrastruktur bewertet. Lediglich 11 % der
internationalen Investoren in Deutschland sehen diese noch unter den Top 5 in
der EU. Im Gegensatz dazu stufen 9 % sie als die schlechteste in der gesamten
Europäischen Union ein. Andreas Glunz: "Deutschland darf nicht länger in der
analogen, papierbasierten Welt gefangen bleiben. Angesichts hoher Volatilität
und Disruptionen muss Deutschland seine digitale Transformation beschleunigen,
um wieder wettbewerbsfähiger zu werden."
Die Demografie erschwert die Verfügbarkeit von Fach- und hochqualifizierten
Arbeitskräften . Nur knapp jeder vierte Befragte (23 %) sieht die Bundesrepublik
noch unter den Top-5-Standorten in Europa - ein Rückgang von 15 Prozentpunkten
gegenüber der "Business Destination Germany 2022"-Studie. Demgegenüber stehen 21
% der CFOs, die Deutschland unter den letzten fünf EU-Ländern einordnen. Weitere
8 % nennen den Standort sogar als Schlusslicht in Europa. Andreas Glunz : "Eine
Zuwanderung von 500.000 qualifizierten Arbeitskräften pro Jahr wäre nötig, um
den Fachkräftemangel in Deutschland auszugleichen. Aber viele der Zuwanderer
fassen im Arbeitsleben nicht Fuß oder verlassen das Land schnell wieder.
Hochqualifizierte Kräfte meiden Deutschland zunehmend. Wichtig wäre eine
modernisierte Einwanderungspolitik respektive eine Migrationsstrategie , die
integrations-, produktivitäts- und bedarfsorientiert ist."
Überbordende Bürokratie und hohe Energiekosten als größte Investitionshemmnisse
Umfang und Komplexität der Bürokratie bleiben ein großes Hindernis. 16 % der
internationalen Investoren sehen Deutschland als Schlusslicht im europäischen
Vergleich. Weitere 18 % bewerten den Standort als eines der schwächsten fünf
Länder. "Deutschland muss sich massiv entbürokratisieren ", so
KPMG-Bereichsvorstand Glunz . "Der Wirtschaftsstandort hat zu lange unter
chronischer Überregulierung gelitten."
Neben der Bürokratie kritisieren ausländische Investoren die festgefahrene
Energiewende. Besonders energieintensive Industrien sind durch die hohen
Energiekosten belastet. 38 % der befragten CFOs sehen Deutschland hier entweder
als Schlusslicht (15 %) oder unter den letzten fünf EU-Ländern (23 %). 13 % der
Befragten erwägen deshalb sogar eine Verlagerung ihrer Produktion aus
Deutschland ins Ausland. Bei den befragten US-Unternehmen zieht dieses sogar
knapp jedes Vierte (24 %) in Betracht.
Ausländische CFOs bezweifeln zunehmend politische Stabilität in Deutschland
Während 2021 eine große Mehrheit (80 %) der Befragten Deutschland hinsichtlich
seiner politischen Stabilität zu den fünf attraktivsten Ländern in der EU
zählten, waren es Ende 2023 nur noch 58 %. 13 % sehen Deutschland mittlerweile
sogar unter den schwächsten fünf Nationen. 2021 waren es gerade einmal zwei
Prozent.
Kritik an mangelnder Offenheit für ausländische Investoren und zu wenig
Förderung und Anreize für Unternehmensansiedlungen
Internationale Investoren fühlen sich am Standort Deutschland weniger willkommen
als noch vor zwei Jahren. Dies zeigt sich an einer deutlich schlechteren
Bewertung der Offenheit für ausländische Investoren (-16 Prozentpunkte), einer
gesunkenen Ausrichtung auf deren Bedürfnisse (-13 Prozentpunkte) sowie eine
unzureichende Förderung und wenige Anreize für Unternehmensansiedlungen bzw.
-erweiterungen (-10 Prozentpunkte).
"Mehr als jeder fünfte internationale CFO zählt Deutschland bei seiner
Ausrichtung auf die Bedürfnisse internationaler Investoren zu den schwächsten
fünf Ländern (22 %) im EU-Vergleich. Um global erfolgreich zu sein, muss
Deutschland für internationale Investoren wieder deutlich attraktiver werden",
kommentiert Bereichsvorstand Andreas Glunz.
"Deutsche Unternehmen verlagern ihre Produktion zunehmend ins Ausland. Auch
internationale Investoren bewerten die Schwächen Deutschlands immer kritischer.
Diese Entwicklung ist alarmierend, da diese Unternehmen rund ein Fünftel der
deutschen Bruttowertschöpfung erwirtschaften. Damit steht die Zukunft des
Standorts auf dem Spiel. Um diese Negativtrends zu brechen und Deutschland
wieder an die Spitze in der EU zu führen, braucht es jetzt ein konzertiertes
Maßnahmenbündel. Die Forderungen des "Industrial Deals" nach einem Business Case
für Europa und Deutschland unterschreibe ich daher voll ", so Andreas Glunz von
KPMG.
52 % der ausländischen Investoren sehen in der Transformation Deutschlands große
Geschäftschancen
Positiv ist, dass mehr als jeder zweite der befragten internationalen CFOs (52
%) für sein Unternehmen Chancen in den großen Transformationsaufgaben
Deutschlands erkennt und daher in den kommenden fünf Jahren hierzulande
investieren will. Nur 7 % wollen ihre Präsenz in Deutschland verringern, 37 %
wollen sie steigern. Andreas Glunz : "Deutschland befindet sich in einem
Transformationsprozess nie gekannten Ausmaßes : Dazu zählen die Energiewende,
das Erreichen der Klimaneutralität, die Digitalisierung, die Überalterung der
Gesellschaft, die Verteidigungsfähigkeit des Landes und eine funktionierende
Infrastruktur. Für die Modernisierung des Standorts stehen milliardenschwere
Förderpakete zur Verfügung. Internationale Konzerne haben erkannt, dass dies
Chancen bietet und starten Mega-Investitionsprojekte."
Die Kernstandortfakten zentrale logistische Lage, hoher Lebensstandard,
öffentliche Sicherheit sprechen weiter für Deutschland - gehen aber ebenfalls
zurück
Im EU-Vergleich befindet sich Deutschland bei einem Großteil der
Standortfaktoren nach wie vor im oberen Mittelfeld. Die besten Bewertungen
erhält der Wirtschaftsstandort erneut bei den Faktoren Lebensstandard (72 %
zählen Deutschland zu den Top 5 in der EU; -9 Prozentpunkte ggü. 2021) sowie
öffentliche Sicherheit (69 %; -11 Prozentpunkte). Weiter attraktiv für
internationale Konzerne ist die logistische Lage Deutschlands im Herzen Europas.
Für 79 % der befragten internationalen CFOs schneidet die Bunderepublik hier
entweder als Spitzenreiter (20 %) respektive unter den Top fünf (59 %) ab.
Optimistischerer Ausblick auf die 5-Jahres-Perspektive
Für das laufende Jahr 2024 sind die Zukunftserwartungen der befragten
internationalen CFOs noch verhalten. Nur mehr als ein Drittel (37 %) geht davon
aus, dass ihre wirtschaftlichen Aussichten "viel besser" (2 %) oder "besser" (35
%) sein werden. Aber für die 5-Jahres-Perspektive erwarten 59 % der
ausländischen Investoren eine bessere oder viel bessere wirtschaftliche
Situation.
Auf unserer Themenseite (https://kpmg.com/de/de/home/insights/overview/business-
destination-germany.html) können Sie die Studie vorbestellen.
Über die Studie "Business Destination Germany 2024"
Zur Methodik: Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Verian im
Auftrag der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Deutschland telefonisch
350 CFOs privatwirtschaftlicher deutscher Tochtergesellschaften ausländischer
Mutterkonzerne, wobei jeweils nur die größte Tochtergesellschaft pro
Mutterkonzern angesprochen wurde. Jeweils mindestens 30 Tochtergesellschaften
stammen aus jedem der sieben größten Investorenländer der letzten Jahre:
Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz, Österreich, China
sowie Japan. Für das größte Investorenland USA wurden 100 CFOs befragt.
Zusätzlich wurden insgesamt 40 Inbounds aus den nachfolgend wichtigsten
Investorenländern Brasilien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Indien, Italien,
Schweden, Spanien sowie Südkorea befragt. Der Durchführungszeitraum lag zwischen
September und Dezember 2023.
Pressekontakt:
KPMG AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Clemens Reisbeck, stellv. Leiter Unternehmenskommunikation
+49 89 9282 1722
mailto:creisbeck@kpmg.com
http://www.kpmg.com/de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/33170/5733320
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