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Accenture – Eine Wette auf den IT-Sektor, Indien und Künstliche Intelligenz

aktien + Gereon Dregger 672 Leser

Der Weltmarktführer bei IT-Dienstleistungen hat mit einem eingetrübten Nachfragebild zu kämpfen. Die Situation wird sich im 4. Quartal voraussichtlich weiter verschlechtern. Gleichzeitig eröffnen sich jedoch langfristige Wachstumschancen durch die führende Marktstellung im Bereich KI-Services und die tiefe Verwurzelung in der Wachstumsmaschine Indien.

Die Welt befindet sich im KI-Rausch. KI wird sowohl von Verbrauchern als auch Unternehmen in Rekordgeschwindigkeit adaptiert. Verbraucher nutzen die wachsende Zahl von Anwendungen, um ihren Alltag zu vereinfachen, während Unternehmen ihre Geschäftsmodelle anpassen und Milliardeninvestments tätigen. Niemand möchte bei dieser wegweisenden Technologie auf der Strecke bleiben. Im Fokus der Entwicklung stehen Konzerne, die bereits fortschrittliche KI-Applikationen auf den Markt bringen konnten. Hierzu zählen Microsoft, Google, Adobe und Salesforce. Auch Schaufelverkäufer wie NVIDIA werden konsensgemäß mit dem Trend assoziiert. In der Erwartung zukünftig steigender Wachstumsraten haben diese Aktien an der Börse deutliche Wertzuwächse erfahren. Weniger Beachtung finden dagegen Unternehmen, die am Ende der KI-Wertschöpfungskette stehen und für die Implementierung verantwortlich sind – obwohl auch das ein wichtiges Aufgabenfeld ist. Hier dreht sich alles darum, Anwendungsmöglichkeiten für spezifische Unternehmen zu analysieren und die neue Technologie effizient einzuführen. Accenture ist der weltweite Marktführer, wenn es um entsprechende Dienstleistungen geht und hat zuletzt Milliardeninvestments angekündigt, um noch besser auf die kommenden Veränderungen vorbereitet zu sein.

Accenture hat sich deutlich schneller als der IT-Markt entwickelt

Mit ihrem Hauptsitz in Irland ist Accenture der weltgrößte Anbieter von IT-Dienstleistungen und verzeichnete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 61,6 Mrd. USD. Die Geschäftstätigkeiten des Unternehmens unterteilen sich in die Segmente „Consulting“ und „Managed Services“. Beim Consulting unterstützt Accenture Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation und allem, was dazu gehört. Hierdurch hat man im Laufe der Jahre eine tiefe Expertise in den Branchen aufgebaut, in denen man über Kunden verfügt. Der Schwerpunkt liegt auf den Bereichen Kommunikation, Technologie, Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen und dem öffentlichen Sektor. Damit sich die Klienten vollständig auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können, bietet man in der Sparte „Managed Services“ darüber hinaus diverse Outsourcing-Dienstleistungen an. Kunden erhalten die Möglichkeit, bestimmte Geschäftsprozesse auszulagern, um ihre Effizienz zu steigern und Kosten zu reduzieren. Häufig wird dieses Angebot für das Management der IT-Infrastruktur in Anspruch genommen.

Derartige IT-Services sind von grundlegender Bedeutung und werden benötigt, solange es technologischen Wandel gibt. Der Markt für IT-Dienstleistungen entwickelt sich daher stetig – aber langsam – und verzeichnete in den letzten Jahren ein jährliches Wachstum von 4 %. Mit den niedrigen einstelligen Wachstumsraten hat sich der Markt im Grunde im Einklang mit dem BIP entwickelt. Accenture konnte diese Wachstumsraten mit durchschnittlich 11 % Umsatzsteigerungen deutlich übertreffen. Insofern hat man beständig Marktanteile erobert. Zugrunde liegt die Kombination aus einem hochwertigen Angebot, dem guten Ruf des Unternehmens – und am wichtigsten – den Kostenvorteilen, die sich für Klienten ergeben. So ist es für einige Aufgaben deutlich günstiger, externe Dienstleister heranzuziehen, anstatt intern Mitarbeiter einzustellen.

98 der Top-100-Kunden bereits seit mehr als zehn Jahren bei Accenture – hohe Kundenbindung und branchenführendes Margenprofil!

Accenture kann diese kostengünstigen Angebote vor allem aufgrund der optimierten Mitarbeiterstruktur anbieten. Im Jahr 2022 verfügte das Unternehmen über die beträchtliche Zahl von 721.000 Mitarbeitern, die größtenteils Offshore lokalisiert sind. Das bedeutet, dass sie sich vorrangig in Niedriglohnländern befinden – zumindest bei den Dienstleistungen, die keine Präsenz vor Ort erfordern. Die meisten Mitarbeiter befinden sich in Indien und den Philippinen, gefolgt von den USA. Auf diese Weise können die IT-Services so günstig angeboten werden, dass es sich für Klienten lohnt und gleichzeitig noch eine zufriedenstellende Marge für Accenture selbst übrigbleibt. Folglich ist die Effizienz der Mitarbeiter eine entscheidende Erfolgsgröße, über die viel gesteuert werden kann. Die Auslastung gilt hierbei als der wichtigste Hebel und kann genutzt werden, um höhere Umsätze zu erzielen. Um das Verhältnis aus Mitarbeitereffizienz zu Mitarbeiterkosten zu messen, können Kennzahlen wie Gewinn je Mitarbeiter herangezogen werden. Hohe Umsätze und Gewinne je Mitarbeiter sind ein elementares Qualitätsmerkmal bei IT-Dienstleistern. Accenture hat im letzten Jahr einen Umsatz je Mitarbeiter von 85.000 USD erzielt, in Kombination mit einer operativen Marge von 15 % und einer Gewinnmarge von 11 %. Mit diesem Margenprofil gehört es zu den stärksten Unternehmen der Branche. Denn obwohl alle probieren, ihre Profitabilität über den Mitarbeiterhebel zu maximieren, gelingt es nur wenigen, zweistellige Gewinnmargen zu erzielen.

Das wird zusätzlich durch den intensiven Wettbewerb erschwert, der zu einer erheblichen Marktfragmentierung geführt hat. Accenture ist der Weltmarktführer mit einem Marktanteil von 5 %, gefolgt von IBM mit einem Marktanteil von 3 %. Unternehmen, die weniger als 2 % Marktanteil haben, machen zusammen 85 % des Marktvolumens aus, was die starke Fragmentierung verdeutlicht. Die gängigen Unterscheidungsmerkmale liegen in den Zielbranchen und geografischen Schwerpunkten. Accenture hat eine globale Ausrichtung und bedient Kunden in 120 Ländern. Nordamerika ist hierbei mit einem Umsatzanteil von 47 % der klare Schwerpunkt, gefolgt von Europa mit 33 % und den Wachstumsmärkten mit 20 %. Zu den Kunden gehören einige der größten Unternehmen der Welt, darunter 89 der Fortune Global 100. Im Laufe der Jahre haben sich einige Kundenbeziehungen entwickelt, die so wertvoll sind, dass Accenture sie als Diamantklienten bezeichnet. Dieser Begriff bezieht sich auf Kunden, die einen Umsatzbeitrag von mehr als 100 Mio. USD leisten, wovon es inzwischen 100 gibt. 98 hiervon sind bereits seit mehr als zehn Jahren bei Accenture, was die hohe Kundenbindung unterstreicht.

Sinkende Investitionsbereitschaft führt zu deutlicher Wachstumsverlangsamung im 3. Quartal – wie geht es nun weiter?

Obwohl das Geschäft somit auf einem soliden Fundament basiert, steht Accenture vor einer akuten Herausforderung. Das Nachfragebild hat sich in den letzten Quartalen deutlich eingetrübt. Die Zahlen zum 3. Quartal haben das erneut bestätigt. So betrug das Umsatzwachstum nur noch 5 %, während es im 2. Quartal noch 9 % und im 1. Quartal noch 15 % waren (in lokaler Währung). Auch die Book-to-Bill-Ratio zeigte ein geringeres Auftragsvolumen und fiel im Vergleich zum Vorquartal von 1,4 auf 1. Die Nachfragesituation war insgesamt sehr uneinheitlich. Die Sparte Managed Services ist im Jahresvergleich um 13 % gewachsen, während das Beratungsgeschäft um 1 % geschrumpft ist (in lokaler Währung). Das Beratungsgeschäft wird besonders durch das volatile Makroumfeld belastet, da die Marketingausgaben der Unternehmen zuletzt deutlich rückläufig waren. Auf der anderen Seite sind Klienten aber nach wie vor bereit, in Projekte zu investieren, die für die digitale Transformation und den Übergang in die Cloud entscheidend sind.

Außerdem macht sich das schwierige Umfeld durch eine Rotation bei den einzelnen Branchen bemerkbar. Während die defensiven Bereiche Gesundheit und öffentlicher Sektor sehr stark verblieben, kam es bei den sensibleren Teilen der Wirtschaft wie Technologie und Kommunikation zu Einschnitten. Aufgrund dieser Entwicklung hat Accenture die Prognose für das Gesamtjahr leicht angepasst. Während man zuvor mit einem Umsatzwachstum zwischen 8 und 10 % rechnete, wurde es inzwischen auf 8 bis 9 % eingegrenzt (in lokaler Währung). Übernahmen sollen für 2 % hiervon verantwortlich sein und die operative Marge wird voraussichtlich stabil bleiben. Zusätzlich antizipiert man einen negativen Währungseinfluss von 4 %, der sich aus den volatilen Devisenverhältnissen ergeben dürfte. Denn als weltweit agierender Konzern ist Accenture Währungsschwankungen stark ausgesetzt. Damit das die Darstellung der operativen Lage nicht verfälscht, werden Erfolgsmetriken wie die Erlösentwicklung in der Währung berichtet, in der sie verdient wurden – der lokalen Währung. Basierend auf dieser Rechnungslegung erwartet Accenture für das laufende 4. Quartal eine Umsatzwachstumsspanne zwischen 2 und 6 %.

Ein Blick auf die derzeitigen Nachfragetrends suggeriert, dass es schwierig werden dürfte, das obere Ende der Spanne zu erreichen. Die Wachstumsrate dieses Quartals wird sich vermutlich eher zwischen 2 und 4 % einpendeln. Sollten dann noch negative Währungseffekte hinzukommen, ist negatives reales Wachstum für das 4. Quartal nicht unrealistisch. Die Ergebnisse veranschaulichen die zyklische Natur des Geschäfts, welche auf die Abhängigkeit zur Investitionsbereitschaft der Kunden zurückzuführen ist. Historisch betrachtet musste Accenture dennoch selten operative Einbrüche hinnehmen und hat sich selbst während Krisenzeiten erstaunlich stark geschlagen. So ist der Umsatz (erneut in lokaler Währung) nur in den Jahren 2003 und 2010 gefallen. Somit erging es dem Unternehmen besser als vielen Konkurrenten, die mit häufigeren Rückgängen zu kämpfen hatten. Auch derzeit befinden sich die anderen IT-Dienstleister in einer mindestens genauso herausfordernden Lage. Der indische Wettbewerber Infosys musste seine Prognose beispielsweise zuletzt in den niedrigen einstelligen Bereich senken. Aufgrund dieser Dynamik konnten beide Aktien die Erholungsbewegung des Gesamtmarktes in den letzten Monaten nicht in demselben Umfang mitmachen, wie andere Technologiewerte.

Accentures Umsatzwachstum hat sich im Jahr 2023 maßgeblich verlangsamt. (Quelle: TraderFox, Accenture)

Accenture ist Marktführer für KI-Dienstleistungen – 3 Mrd. USD Investment verkündet

Während die kurzfristige Zukunft also von Herausforderungen geprägt ist, werden sich mittelfristig diverse Rückenwinde einstellen. Allen voran Künstliche Intelligenz. Die Wertschöpfungskette von KI beginnt grundsätzlich mit speziellen Chips, die auf das Training von KI-Modellen ausgerichtet sind. Nvidia ist das zentrale Unternehmen in diesem Feld. Cloudplattformen, wie Alphabet sie anbietet, nutzen diese Leistungsfähigkeit und stellen sie in einem zugänglichen Format zur Verfügung. Hierauf basierend können dann Basismodelle entwickelt werden, aus denen spezifische KI-Applikationen entstehen. Am Schluss der Wertschöpfungskette stehen Dienstleistungen, die um spezialisierte Kenntnisse aufgebaut sind, wie man die KI-Applikationen am besten einsetzt, um die größtmögliche Hebelwirkung zu erzielen. Dieses Gebiet wird häufig übersehen, wenn es um die Debatte möglicher KI-Profiteure geht. Und das, obwohl es die Brücke zur realen Welt und einer weitreichenden Adaption der Technologie bildet.

Laut einer Analyse des Marktforschungsinstitutes IDC ist Accenture das führende Unternehmen im Bereich KI-Services. Bereits seit Jahren bietet es Lösungen in diesem Feld an und verfügt über 1450 Patente im Zusammenhang mit KI. Nun möchte man den nächsten Schritt gehen und hat ein Investment in die KI-Kapazitäten von 3 Mrd. USD in den nächsten drei Jahren verkündet. Basierend auf dem Gewinn des letzten Jahres von 7 Mrd. USD handelt es sich um ein gewichtiges Investment. Es zielt darauf ab, noch mehr branchenspezifische Lösungen und vorgefertigte KI-Modelle anbieten zu können. Im Kern des Ganzen soll der sogenannte KI-Navigator stehen. Der KI-Navigator soll die zentrale Anlaufstelle für Unternehmen werden, die KI in ihre Produkte oder Dienstleistungen integrieren möchten. Sie basiert auf generativer KI und kann bei der Definition von Anwendungsfällen, der Entscheidungsfindung sowie dem Erlernen relevanter Algorithmen und Modellen unterstützen. Das Marktpotenzial hierbei ist groß. Accenture schätzt, dass erst 50 % der Unternehmen ihre „Daten- und KI-Reise“ begonnen haben. Die verbleibenden Unternehmen sind auf externe Hilfe angewiesen.

Partnerschaft mit Nvidia und ServiceNow: unternehmensspezifische LLMs für massive „Returns-on-Intelligence“

Die benötigte Unterstützung wird Accenture neben dem KI-Navigator ebenfalls über eine strategische Allianz mit Nvidia und ServiceNow bieten. ServiceNow ist eine cloudbasierte SaaS-Plattform mit langjährigem Fokus auf Automatisierungslösungen. Und Nvidia ist sowieso jedem ein Begriff. Die Partnerschaft bringt drei Marktführer aus verschiedenen Teilen der KI-Wertschöpfungskette zusammen, was eine mächtige Kombination darstellt. Das gemeinsame Projekt der drei läuft unter dem Namen AI-Lighthouse und zielt darauf ab, die besten KI-Modelle für die Unternehmenswelt bereitzustellen. KI-gestützte Unternehmensinnovation soll so normalisiert werden. Jeder der drei Partner wird seinen Teil dazu beitragen. Nvidia stellt seine Supercomputing-Infrastruktur zur Verfügung, ServiceNow seine Automatisierungsplattform und Accenture seine Transformationsdienste.

Unternehmen wird es möglich sein, über die Plattform ihre individuellen LLMs zu trainieren. Im Optimalfall verfügen die Kunden bereits über aufbereitete Datenbanken, die man den Modellen zur Verfügung stellen kann. Generell gilt, desto mehr Daten, umso präziser und hilfreicher die Modelle. Wenn Unternehmen noch keine derartige Datenansammlung haben, kann Accenture auch bei der Errichtung der notwendigen Infrastruktur helfen. Unternehmensspezifische LLMs sind die Zukunft der aller wirtschaftlicher Sektoren. Nur indem man dem KI-Modell alle verfügbaren relevanten Daten über ein Unternehmen füttert, können Aufgaben verlässlich automatisiert werden. Nvidia-CEO Jensen Huang betonte, dass Unternehmen KI schon jetzt in einer Rekordgeschwindigkeit in Prozesse integrieren würden. Mit AI-Lighthouse soll die Adaption deutlich reibungsloser, effizienter und umfangreicher werden, was den Kunden massive „Returns on Intelligence“ ermöglichen wird, so der ServiceNow-CEO McDermott.

Große Skepsis am Markt: Wann werden sich die Investments auszahlen?

Erfolgversprechend wirken die Pläne vor allem vor dem Hintergrund der langjährigen Kundenbeziehungen, die es erheblich erleichtern werden, Nutzer für die Lösungen zu gewinnen. Um mit diesem Plan richtig durchstarten zu können, plant Accenture die Beschäftigtenzahl im KI-Bereich auf 80.000 zu verdoppeln. Die neuen Arbeitskräfte sollen aus Neueinstellungen, Akquisitionen und Umschulungen entspringen. Einen Teil wird man schon dadurch füllen können, dass man zuletzt 13.000 Stellen durch KI automatisieren konnte. Die freigewordenen Arbeitskräfte sollen nun umgeschult werden. Die Voraussetzungen für nachhaltigen Erfolg in dem KI-Bereich sind somit gesetzt.

An der Börse ist es aber nicht nur entscheidend, ob etwas geschehen wird, sondern auch wann es einen merkbaren Einfluss auf die Ertragslage haben wird. Bei Accenture steht an dieser Stelle ein großes Fragezeichen. Denn im 3. Quartal wurden durch KI-Projekte lediglich 100 Mio. USD an Erlösen erwirtschaftet. Im Vergleich zu den Gesamtumsätzen in Milliardenhöhe handelt es sich um einen verschwindend geringen Betrag. Einige Marktteilnehmer drückten deswegen Enttäuschung aus, da sie sich mehr greifbare Ergebnisse erhofft hatten. Als Resultat wurden vermehrt Fragen nach der Dauer laut, die es brauchen würde, bis sich die Investments auszahlen. Dass Accenture nicht zu den sofortigen Profiteuren wie Nvidia zählt, dürfte nun allen klar sein. Da das Unternehmen am Ende der KI-Wertschöpfungskette steht, dauert es länger, bis sich die Dynamiken als reale Nachfrage abbilden. Insofern sollte man Accentures Fokus auf KI mehr als ein langfristiges Investment und nicht einen kurzfristigen Wachstumsmultiplikator betrachten. Es werden jetzt die Weichenstellungen getroffen, um die Marktstellung zu sichern und langfristige Wachstumsmöglichkeiten zu eröffnen.

Accenture ist tief in Indien verwurzelt und direkter Profiteur des wirtschaftlichen Aufstiegs

Um hierbei nicht auf sich selbst gestellt zu sein, hat Accenture in den letzten Jahren 10 Akquisitionen durchgeführt, die mit Künstlicher Intelligenz zusammenhängen. Erst vor wenigen Monaten kam es zur Übernahme von Flutura, einem indischen Unternehmen mit Fokus auf KI-Anwendungen für die Industrie. Die Lösungen sind darauf ausgerichtet, die Leistung von Anlagen, Raffinerien und Lieferketten zu steigern und somit die Effizienz in der industriellen Produktion zu erhöhen. Akquisitionen sind seit langem ein wichtiges Instrument für Accenture, um Nischenwissen zu gewinnen. Flutura ist hierbei bei Weitem nicht das erste indische Unternehmen, das in das Visier des IT-Giganten gerückt ist. Denn Accenture ist seit Jahren tief in Indien verwurzelt, was sich schon an der beträchtlichen Mitarbeiterzahl von 300.000 zeigt, die Indien zu einem wichtigen strategischen Standort machen. Vorausschauend wird auch die wirtschaftliche Bedeutung signifikant zunehmen. Denn Indien wächst mit fast 8 % realem Wachstum sehr schnell und befindet sich nach wie vor in einer frühen Wachstumsphase. Die Bevölkerung umfasst 1,4 Milliarden Menschen, die nach Wohlstand streben. Eine Dynamik, die langfristig nicht aufzuhalten sein wird.

Accenture ist ein eindeutiger Profiteur des Aufstiegs Indiens. Es gibt kein anderes IT-Unternehmen mit einer derartig starken Präsenz in dem Land. Aufgrund der Funktion als großer und beliebter Arbeitgeber ist das Unternehmen vielen Menschen vor Ort bereits ein Begriff. Mit der Entwicklung Indiens zu den bedeutendsten Volkswirtschaften der Welt wird auch die Nachfrage nach IT-Dienstleistungen in die Höhe schießen. Denn Digitalisierung ist dort noch immer ein großes Problem und gleichzeitig eine Grundvoraussetzung für internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die zunehmende Nachfrage hat sich bereits in den letzten Jahren abgebildet. So ist der in Indien erzielte Umsatz im letzten Jahr um 44 % gewachsen und damit doppelt so schnell wie der Gesamtumsatz. Die relative Bedeutung nimmt somit bereits merkbar zu und wird dies auch zukünftig weiter tun. Der Standort Indien dürfte langfristig für bedeutende Wachstumsimpulse sorgen.

Es gibt deutliche geographische Unterschiede hinsichtlich der Wachstumsraten des IT-Dienstleistungsmarktes. Indien gehört zu den Ländern, wo die Nachfrage am schnellsten ansteigt. (Quelle: Mordor Intelligence)

Bewertung wird durch die gegensätzlichen Dynamiken hin- und hergerissen

Der Markt bewertet das Wachstumspotenzial von Accenture mit einem KGV23e von 28 und einem KUV23e von 3,2. Damit befindet sich die Bewertung im Normbereich der letzten Jahre. Das scheint gerechtfertigt, wenn man die ambivalente Situation zwischen kurz- und langfristigen Aussichten betrachtet. Die derzeitige Bewertungssituation ist somit als neutral zu werten. Solange sich das Wachstum verlangsamt, wird keine bedeutsame Bewertungsausdehnung möglich sein. Wenn sich die Nachfragesituation stabilisiert und der Fokus auf die langfristigen Aussichten rückt, dürfte wieder Spielraum entstehen. Im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern wird die Aktie auch in diesen volatilen Zeiten mit einem Bewertungspremium gehandelt, was auf Accentures führende Marktstellung zurückzuführen ist und überdurchschnittliche Wachstumsraten und Gewinnmargen ermöglicht. Hinzu kommt eine allgemein hohe Ertragsstabilität, die der Aktie Kursstabilität verliehen hat. In Kombination mit der robusten Finanzsituation handelt es sich um eine Qualitätsaktie, die im TraderFox-Qualitätscheck 15 von 15 Punkten erhält. Aktionäre können sich zusätzlich an einer kleinen Dividendenrendite erfreuen, die sich im letzten Jahr auf 1,2 % belief. Die Dividenden-Kontinuität beträgt 11 Jahre.

Die Aktie befindet sich im historischen Fair-Value-Bereich (Umsatz, drei Jahre). (Quelle: Aktie.traderfox.com)

Im TraderFox Qualitätscheck erhält Accenture 15 von 15 Punkten. (Quelle: TraderFox)

Bullcase

Im Bullcase zeigt das 4. Quartal Anzeichen einer Nachfragestabilisierung. Parallel kommt der KI-Impuls im nächsten Jahr deutlich stärker als in diesem zu tragen und der KI-Navigator legt einen erfolgreichen Start hin. Indien gewinnt weiter rasant an Bedeutung und kurbelt die Nachfrage zusätzlich an.

Bearcase

Die Nachfrageflaute setzt sich bis ins Jahr 2024 fort und wird durch einen konjunkturellen Einbruch verstärkt, der die Investitionsbereitschaft der Kunden weiter senkt. Die Visibilität der KI-Umsätze bleibt weiter beschränkt, was es Anlegern erschwert, das Potenzial abzuschätzen.

Fazit:

Die langfristigen Aussichten für Accenture sind solide. Aufgrund der Berührungspunkte zu KI und dem Wachstumsstandort Indien hat sich das Unternehmen gut positioniert, um auch zukünftig branchenüberdurchschnittliches Wachstum zu erreichen. Beides sind aber Rückenwinde, die wahrscheinlich erst mittelfristig spürbaren Einfluss haben werden. Bis dahin sorgt das schwierige Makroumfeld für Gegenwind und lässt der Bewertung der Aktie nicht viel Spielraum. Da es wahrscheinlich ist, dass sich das Wachstum erst mal weiter abschwächt und eher am unteren Ende der Prognose des Managements vermeldet werden wird, lohnt es sich zunächst in einer Beobachterposition zu verharren und das 4. Quartal abzuwarten. Sobald eine Stabilisierung der Lage ersichtlich wird, dürfte die Aktie ihre langfristige Aufwärtsbewegung fortsetzen.

 

Kompakt: 4 Fakten, die man zu der Aktie wissen sollte:

  1. Accenture ist mit einem 5%igen Marktanteil das führende Dienstleistungsunternehmen im fragmentierten IT-Markt.
  2. Das Umsatzwachstum hat sich in diesem Jahr deutlich abgeschwächt und ist von 9 % im 2. Quartal auf 5 % im 3. Quartal gefallen.
  3. Accenture ist schon jetzt führend, was KI-Dienstleistungen betrifft. Diese Position soll durch den KI-Navigator und die strategische Partnerschaft mit Nvidia und ServiceNow gefestigt werden.
  4. Kein anderes IT-Unternehmen hat eine so starke Präsenz in Indien wie Accenture. Der Aufstieg des Landes wird mittelfristig zu einem Rückenwind führen.

 


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