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Airbnb – Der IPO steht bevor. Lohnen sich Airbnb-Aktien als Weihnachtsgeschenk nach dem fulminanten Comeback?

Kommentare Marius Müllerhoff 1.416 Leser

Liebe Leser,

wenn alles nach Plan geht, werden die Aktien von Airbnb Mitte Dezember unter dem Symbol ABNB an der Nasdaq gehandelt werden. Die anvisierte Bewertung soll sich auf rund 30 Mrd. USD belaufen. Der IPO war eigentlich für Anfang 2020 angesetzt, damals mit einer Bewertung von 31 Mrd. USD. Doch dann kam Covid-19 und machte Airbnb einen Strich durch die Rechnung. Buchungen brachen um über 70% ein. Es musste eine Notfinanzierung über 1 Mrd. USD zu sage und schreibe 10% durchgeführt werden. Die Bewertung sank auf 17 Mrd. USD. Dann kam die V-Recovery. Wie ist es aktuell um Airbnb bestellt? Wie sieht die weitere Strategie aus?

Aus „air mattress“ und „bnb“ wird Airbnb


Das in San Francisco ansässige Unternehmen wurde 2008 gegründet. Joe Gebbia und seine Freunde Brian Chesky und Nathan Blecharczyk benötigten Geld und beschlossen kurzerhand eine Luftmatratze („air mattress“) in ihrer Wohnung in der Innenstadt zu mieten. Dazu boten sie Frühstück an („bed and breakfast“ bzw. „bnb“). Aus „air mattress“ und „bnb“ wurde Airbnb. And the rest is history. Heute hat sich Airbnb zu einem globalen Giganten mit mehr als 4 Mio. Gastgebern und über 7,4 Mio. Auflistungen von Mietwohnungen sowie „Erlebnissen“ wie geführten Weintouren, Yoga auf Berggipfeln und Töpferkursen entwickelt. Nach 40%igem Umsatzwachstum in 2018, folgte ein 30%iges Wachstum im Jahr 2019, das das Unternehmen mit einem Umsatz von 4,81 Mrd. USD und einen Nettoverlust von 674 Mio. USD abschloss. In den ersten neun Monaten des aktuellen Jahres hat Airbnb einen Umsatz von 2,52 Mrd. USD und einen Nettoverlust von fast 697 Mio. USD generiert.

Lokale Trips und längerfristige Aufenthalte sind die aktuellen Trends


Nach einem beträchtlichen Absturz der Buchungen um 72% kam im Sommer die Trendwende, vor allem in den USA. Gäste entschieden sich für lokale Reisen. Airbnb, das tendenziell kostengünstiger ist als Hotels, war der große Profiteur von kostensensiblen Touristen, die diese Art der lokalen Reisen unternehmen. Außerdem spielt der „work from home“ (WFH) Trend Airbnb in die Karten. Denn aus WFH wurde „work from anywhere“. Menschen verließen Großstädte, die aufgrund des Pandemieausbruchs als unsicher galten, und zogen für mehrere Wochen manchmal sogar Monate in eine Airbnb-Unterkunft außerhalb der Ballungszentren oder sogar in ein anderes Land mit freundlicheren klimatischen Bedingungen. Im Jahr 2019 machten Aufenthalte über 28 Tage 14% der Airbnb-Umsätze aus. In den ersten 9 Monaten des aktuellen Jahres machen sie bereits fast 25% aus. Ein großer Trumpf von Airbnb gegenüber konventionellen Hotels ist: Gäste versuchen Ansammlungen von Menschen zu vermeiden wie überfüllte Hotellobbys, Frühstücksbüffets und Fahrstühle. Während sich die gebuchten Übernachtungen und die „Erlebnisse“ von einem Rückgang von 72% im April stark erholt haben, hat man das Vorjahresniveau noch nicht erreicht. Gegenüber 2019 sind sie um 23% gesunken. Diese Zahlen sind jedoch im Vergleich zur Hotellerie-Branche erfreulich, in der die Auslastungen 36% unter Vorjahresniveau liegen.

Lessons learnt aus der Pandemie: Marketing- und Personalkosten stark reduziert


Die Pandemie ist bis jetzt eine große Zäsur gewesen für Airbnb. Das Unternehmen hat sich jedoch sehr wacker geschlagen. Als eine der ersten Maßnahmen während der Pandemie hat der CEO Brian Chesky die Marketingausgaben um 54% von rund 1,2 Mrd. USD auf rund 550 Mio. USD in den ersten neun Monaten reduziert. Sobald das Geschäft zurückkehrt, könnte man erwarten, dass die Marketingausgaben ebenfalls zurückkehren. Wenn sie eines gelernt hätten, so der CEO, dann, dass über 90% des Airbnb-Traffics direkt von unbezahlten Kanälen käme, und nicht von Keywords, Bannern, sozialen oder anderen digitalen Werbemitteln. Vielleicht sind die Marketingkürzungen doch dauerhaft. Außerdem entließ Chesky 25% der Airbnb-Mitarbeiter. Auch diese kommen vermutlich nicht im vollen Umfang zurück, wenn das Geschäft in 2021 wieder richtig an Fahrt gewinnt. Die signifikanten Sparmaßnahmen führten zu einem Gewinn in Q3. Nachdem Airbnb im zweiten Quartal 576 Millionen USD verloren hatte, erzielte es tatsächlich einen Gewinn von 219 Millionen USD in Q3.

IPO Mitte Dezember: 30 Mrd. USD Bewertung, KUV von 6, regulatorische Risiken


Im Unterschied zu vielen anderen high-profile IPOs der letzten Jahre, wie z.B. Uber, hat Airbnb bereits mehrfach unter Beweis gestellt, dass es Gewinne erwirtschaften kann (auf Quartalsebene, noch nicht auf Jahresebene). Die signifikante Reduktion der Kosten und die damit einhergehende Profitabilität stimmen mich sehr positiv. Mit der Rückkehr des Tourismus in 2021 sollte es auch auf der Umsatzseite wieder zu Wachstum kommen. Businesstravel wird vermutlich nicht mehr das Vor-Corona-Niveau erreichen. Das stört Airbnb weniger, da das Unternehmen vor allem auch Touristen fokussiert ist. Gleichzeitig ist das Unternehmen nicht ohne Risiken. Regulatorische Beschränkungen, z.B. Städte erlauben nur eine bestimmte Anzahl von Airbnb-Unterkünften in einer bestimmten Zone/Bezirk. Die Überwachung von Kriminalität in den Unterkünften und die Sicherheit der Plattform seitens Airbnb werden vermutlich eine genauere Prüfung erfahren, wenn das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umfirmiert wird. Airbnb wird beim Börsengang voraussichtlich mit rund 30 Milliarden USD bewertet werden. Das Unternehmen erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von knapp 5 Milliarden USD. Das wäre also ein KUV (2019) von gut 6. Für ein Unternehmen, das vor der Pandemie um +30% gewachsen ist, wäre dies eine vertretbare Bewertung. Der weltweit relevante Markt wird voraussichtlich bis 2030 auf 1 Billion USD wachsen. Analysten argumentieren, dass Airbnb in 10 bis 15 Jahren das Fünffache des 2019-Umsatzes generieren könnte. Airbnb hatte im letzten Quartal eine operative Marge von 31%. Bei 25 Mrd. Umsatz in 2030, einer konservativen Marge von 20% und einem konservativem KGV von 20 (2030), ergäbe sich eine Marktkapitalisierung von 100 Mrd. USD. Die Aktien hätten dann das Potenzial zu einer mehr als Verdreifachung innerhalb der nächsten 10 Jahren. Ein spannender IPO erwartet uns also noch vor der Bescherung.


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