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Bad Boy der britischen Finanzelite – Crispin Odey

Artikel, Zitate und Personen Nick Thomas 1.102 Leser

Heute schauen wir auf die Insel und nehmen einen bekannten englischen Geldmanager unter die Lupe, der besonders in Krisenzeiten glänzte. Außerdem finanzierte er nicht nur die Brexit-Kampagne, sondern wettete auch massiv auf ein Ausscheiden der Briten aus der EU. Das machte ihn zu einem der Bad Boys of Brexit, die im gleichnamigen Buch charakterisiert werden.

crispin-odeyRobin Crispin William Odey wurde im Januar 1959 in Yorkshire, England, als Sohn einer Familie der Oberschicht geboren. Als Jugendlicher besuchte er die traditionsreiche Harrow School in London und ging zum Studium der Geschichte und Wirtschaft an die University of Oxford. Seinen Abschluss machte er 1980. Kurz danach erfuhr er, dass sein offensichtlich sehr verschwenderisch lebender Vater einen riesigen Schuldenberg angehäuft hatte und die Gläubiger ihn nun für die Schulden belangen wollten. Um die Last zu begleichen und die Familienschulden zu tilgen, sah er sich gezwungen, ein 1.600-Hektar großes Grundstück zu verkaufen, das bereits seit 1720 in Familienbesitz war. Odey war damals gerade mal 23 Jahre alt und wandte sich danach von seinem Vater ab.

Nach dieser Episode konzentrierte sich der junge Mann wieder voll und ganz auf seine Karriere und qualifizierte sich für eine Anwaltstätigkeit. Allerdings war er nie im juristischen Bereich tätig, da er sich letztlich doch für eine Laufbahn im Geldmanagement entschied. Er begann Mitte der 1980er Jahre bei Framlington Fund Managers und wechselte dann zu Barings International, wo er den Barings European Growth Trust dirigierte.

Odey Asset Management

Anfang der 1990er Jahre suchte kein geringerer als George Soros einen fähigen Geldmanager für die europäischen Finanzmärkte. Er bot Odey $ 150 Mio. Startkapital, wenn er das Unterfangen angehen würde. Odey biss natürlich an und gründete 1991 seinen Hedge Fund Odey Asset Management. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und einem Verlust von heftigen 44% im Jahr 1994 drehte der Wind für den findigen Briten und die Renditen stiegen rasant. Odey bewies hauptsächlich in Krisen ein ausgezeichnetes Händchen und ist nicht umsonst als großer Bär bekannt. Er sagte bspw. eine Rallye der Versicherungsaktien im Nachgang der Anschläge vom 11. September 2001 voraus oder shortete Bankaktien vor Ausbruch der Finanzkrise 2008, was allein in dem Krisenjahr zu einer Rendite von 54,8% führte. Anfang 2009 drehte er seine Positionen und spekulierte auf eine Erholung. Auch hier sollte Odey recht behalten und kräftig absahnen.
Seit 2015 sieht die Performance hingegen eher Mau aus, da er erneut große Shortpositionen aufbaute und auf einen Zusammenbruch der Märkte nach Anheben der Zinsen wettete. Wie wir alle wissen, ist dieses Szenario (noch) nicht eingetreten. Einen Coup landete er allerdings mit dem Brexit in 2016. Odey war nicht nur ein großer Unterstützer und Sponsor der Leave-Kampagne, sondern positionierte sich auch an den Märkten durch Shorts auf britische Einzelgattungen sowie auf das Britische Pfund und große Goldkäufe für einen Austritt Großbritanniens aus der EU. Kurz vor dem Votum führte er eine private Umfrage durch, welche offensichtlich weitaus genauer war als die öffentlichen Pendants. Er behielt folglich seine Positionen. Am Brexit-Tag erzielte er einen Gewinn von GBP 220 Mio.

Dennoch lässt sich ein Abfluss von Kapital aus seinen Fonds nicht verheimlichen: die Assets under Management sanken von 2015 bis 2017 von $ 11,5 Mrd. auf gerademal $ 5,5 Mrd. Die Halbierung beruht natürlich nicht nur auf eingefahrene Verluste, sondern auch auf Kapitalabzüge der Investoren.

Odey ist noch heute CIO seiner Firma und managt 6 der 16 verschiedenen Fonds unter dem Dach von Odey Asset Management selbst. Einem klassischen Anlagestil lässt sich der Brite nicht zuordnen. Er scheint einen opportunistischen Ansatz zu verfolgen und investiert in alle Assetklassen. Von Aktien bis Währungen. Markant ist seine Übergewichtung auf der Shortseite. Aufgrund der Korrektur zu Jahresbeginn zählen Odey und seine Fonds übrigens zu den besten Performern der Hedge Fund Liga. Von Januar bis April erzielte er eine Rendite von 17%.

Privates

Privat scheint zumindest alles gut für Crispin Odey zu laufen. Nach einer ersten Ehe mit der jüngsten Tochter von Rupert Murdoch, die allerdings nur 15 Monate hielt, heiratete er ein zweites Mal. Seine aktuelle Ehegattin ist die adlige Nichola Pease, die ebenfalls Mitglied der Gründungsfamilien der Baclays Bank ist. Beide haben zusammen 3 Kinder und verfügen über ein geschätztes Vermögen von GBP 775 Mio.

Zitate

– "Um ein erfolgreicher Langfristinvestor zu sein, muss man wie ein Eigentümer denken – man muss wissen, wann Risiken eingehen sollte und wann man sein Kapital schützen sollte.."
– „Du musst erstmal auf die Annahmen schauen, die hinter den Märkten stecken, bevor du auf die Märkte selbst schaust.“
– „Wir arbeiten sehr hart dafür, kein Geld zu verlieren. Wir leben nicht mit Hoffnung im Portfolio; wir leben mit Angst.“
– „Es braucht drei Bärenmärkte, um zu wissen, was zu tun ist. Der Erste löscht dich fast aus, im Zweiten lernst du zu überleben und den Dritten packst du am Genick und genießt es.“
– „Ein Abschluss in Geschichte in viel nützlicher als ein CFA.“
– „Wir lieben das Geld aus dem Einzelhandel, aber der Aufwand ist einfach zu groß.“
– „Entgegen der gängigen Meinung, denken wir, dass ein Hedge Fund Manager nicht der Master of the Universe ist. Der Markt ist der Master. Ein unberechenbarer König. Und wenn der König Krabbencocktails begehrt, bringt es absolut nichts, Schokoladentorte anzubieten.“
– „Es ist schwer den Unterschied zu erkennen zwischen zu früh dran sein und falsch zu liegen.“
– „Wir verabscheuen die träge Denkweise der relativen Performance im Vergleich zum Index.“
– „Investitionsstile müssen sich anpassen, wenn sich die Möglichkeiten verändern.“
– „Wenn ein Investment nicht funktioniert, dann warten wir auch nicht, bis es soweit ist.“
– „Ich fühle mich immer am besten, wenn das, was andere fürchten, das ist, was ich möchte.“
– „Deutsche geben mehr Geld für geschnittene Blumen aus, als für Aktien.“
– „Mein opportunistischer Ansatz bedeutet, dass ich zu verschiedenen Zeiten eine andere Art von Investor bin.“
– „Die Geschichte zeigt ziemlich deutlich, dass die Zinsraten erst auf 6 Prozent steigen müssen, bis Aktien vom inflationären Druck beeinflusst werden und das scheint noch eine Million Jahre entfernt.“
– „Wir werden bezahlt, damit wir unsere Meinung ändern – U-Turns sind erlaubt.“