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Deutschland baut zwei neue LNG-Terminals: Wer profitiert?

Aktienanalysen Hinnerk Lührs 7.928 Leser

Liebe Leser,

unser Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Zuge der Russland-Sanktionen angekündigt, dass zwei neue LNG-Terminals in Deutschland gebaut werden. Das Ziel ist es weniger abhängig von russischem Gas zu sein. Im Jahr 2021 hatte Russland noch einen Anteil von 45 % an den Gas-Importen in die EU. Dies macht, wie der Krieg in der Ukraine zeigt, erpressbar. Außerdem finanziert die EU mit den Gas-Importen indirekt das Militär in Russland. Das soll sich nun ändern. 

In der EU gibt es bereits mehrere LNG-Terminals, allerdings besitzt Deutschland noch kein eigenes. Dieser Umstand wurde in der Vergangenheit von der deutschen Gasindustrie häufig kritisiert. Nun werden ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt, um den Bau der LNG-Terminals schnellstmöglich umzusetzen. Langfristig, betont Scholz, soll man die LNG-Terminals auch für Wasserstoff nutzen können. Die Frage für Investoren: Wie kann man von diesem Trend profitieren?

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Was ist LNG überhaupt?


LNG steht für Liquefied Natural Gas - also Erdgas in flüssiger Form. An Land wird Erdgas durch Pipelines transportiert. Für den Transport von Erdgas aus z.B. den USA nach Europa ist der Transport über Pipelines jedoch nicht möglich. Der Atlantik ist zu tief und die Distanz zu lang. Der Bau einer Pipeline wäre zu teuer. Außerdem würde man spezielle Pumpen benötigen, welche das Gas durch die Pipeline drücken - ein weiterer Kostenfaktor. Durch die Verflüssigung von Erdgas lässt sich das Volumen jedoch um das 600-fache reduzieren, sodass es auf Schiffen aus z.B. den USA nach Europa und Asien transportiert werden kann. 

Der Verflüssigungsprozess läuft folgendermaßen ab: Das Erdgas kommt mit einer Temperatur von circa 21 Grad Celsius am Terminal an. In einer Verflüssigungsanlage werden Verunreinigungen entfernt und der Kühlprozess gestartet. Mit Propankältemittel und Ethylenkältemittel wird das Gas in drei Phasen auf eine Temperatur von -162,2 Grad Celsius gekühlt. Das flüssige Gas kann dann in isolierte Lagertanks gefüllt und per Schiff, Frachtflugzeug oder Transporter zum Ziel gebracht werden.

LNG, das z.B. aus den USA nach Europa kommt, wird an Land in der Regel wieder in Erdgas umgewandelt. Dieser Prozess nennt sich “Regasifizierung”. Das importierte Erdgas kann dann über Pipelines zu Haushalten und Unternehmen transportiert und als Energiequelle genutzt werden. Mit neuen LNG-Terminals wäre die EU bzw. Deutschland also weniger abhängig von Gas aus Russland, da man flüssiges Erdgas aus den USA, zu jedoch höheren Preisen, importieren kann.

Der LNG-Ausblick: Ein Wachstumsmarkt?


Shell hat einen LNG-Ausblick veröffentlicht. In diesem Ausblick, welcher bereits vor dem Krieg in der Ukraine veröffentlicht wurde, wird prognostiziert, dass die LNG-Nachfrage deutlich anziehen wird. Die Nachfrage soll bis 2040 auf 700 Millionen Tonnen ansteigen. Im Vergleich dazu lag der LNG-Handel im Jahr 2000 bei 100 Millionen Tonnen, stieg auf knapp 300 Millionen Tonnen im Jahr 2017 und lag im Jahr 2021 bei 360 Millionen Tonnen. 

Die steigende Nachfrage nach Erdgas ist vor allem auf das Wirtschaftswachstum in Asien zurückzuführen. Außerdem wird es zunehmend attraktiver Sektoren mit Erdgas zu versorgen, die sich nur schwer elektrifizieren lassen. Neben den wirtschaftlichen Pluspunkten spielt jedoch auch der Klimawandel mit Bezug auf LNG eine wichtige Rolle.

LNG entwickelt sich zu einem wettbewerbsfähigen und sauberen Kraftstoff mit Einsatzmöglichkeiten im Schwerlastverkehr und in der Schifffahrt. Unternehmen setzen LNG unter anderem ein, um eine Nettonullbilanz zu erreichen. LNG ist emissionsärmer als Marinediesel und Schweröl. Im Vergleich werden bis zu 20 % CO2 und 85 % Stickoxide eingespart, als auch der Feinstaub- und Schwefeloxide-Ausstoß um 95 % bzw. 100 % reduziert.

Welche Unternehmen profitieren von dem LNG-Ausbau in Europa?


Der größte LNG-Produzent der Welt ist Qatargas. Das Unternehmen wurde im Jahr 1984 als Joint Venture zwischen Qatar Petroleum und ExxonMobil, sowie weiteren Partnern gegründet. Qatargas ist im Besitz von rund 10 % der weltweit bekannten Reserven. Qatar wird zwar eine wichtige Rolle bei der LNG-Versorgung von Europa einnehmen, allerdings ist der Großteil der LNG-Exporte von Qatargas bereits in langfristigen Verträgen abgesichert. 

Da Russland einen derart großen Anteil der Gas-Importe in Europa ausmacht, hat Saad al-Kaabi, Qatar’s Energieminister, bereits gesagt, dass kein einziges Land auf dieser Welt das “Import-Loch” in Europa füllen könnte. Der Großteil von Qatar’s LNG-Exporte gehe ohnehin nach Asien. Außerdem ist Qatargas nicht gelistet und damit für europäische Investoren für den LNG-Trend weniger interessant.

Der größte LNG-Produzent in den USA ist Cheniere Energy. Cheniere Energy ist außerdem der zweitgrößte LNG-Betreiber und viertgrößte LNG-Lieferant der Welt. Cheniere Energy exportiert bisher noch kein LNG nach Deutschland, was jedoch daran liegt, dass Deutschland kein LNG-Terminal besitzt. Allerdings wird LNG von Cheniere Energy bereits nach England, Spanien, Frankreich, Portugal und Italien exportiert. Ich gehe davon aus, dass Cheniere Energy auch nach Deutschland exportieren wird, wenn die LNG-Terminals aufgebaut wurden.

Quelle: Cheniere Energy Investoren Präsentation 

Das Geschäftsmodell von Cheniere Energy ist es Erdgas auf dem freien Markt zu kaufen, es über Pipelines in LNG-Anlagen zu transportieren, zu verflüssigen und dann im Rahmen von langfristigen Verträgen auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Rund 85 % des LNGs wird bereits an ausländische Abnehmer auf fünf verschiedenen Kontinenten verkauft. Dahingehend könnte man mit diesem Unternehmen den LNG-Ausbau in Europa und vor allem Deutschland spielen.

Neben Cheniere Energy sollte man auch ExxonMobil auf dem Schirm haben, denn das Unternehmen ist seit mehr als vier Jahrzehnten im LNG-Bereich tätig. Eine der größten von ExxonMobil betriebenen LNG-Anlagen befindet sich in Papua-Neuguinea. ExxonMobil ist auch in Qatar vertreten, wo das Unternehmen am Betrieb der vier größten Produktionsanlagen der Welt beteiligt ist. In Europa betreibt ExxonMobil das South Hook Terminal in Wales - Europas bisher größtes LNG-Terminal. Außerdem besitzt ExxonMobil das Adriatico LNG-Terminal in Italien.

Chevron, Royal Dutch Shell und TotalEnergies sind ebenfalls im LNG-Bereich tätig. Chevron besitzt Anteile an mehreren LNG-Projekten in Australien und Angola. Shell betreibt ebenfalls mehrere LNG-Exportanlagen und vertreibt Flüssigerdgas an Kunden auf der ganzen Welt. TotalEnergies, der französische Energiekonzern, hat in den letzten Jahren mehrere LNG-Projekte erworben und die Produktionskapazitäten ausgebaut. Das Portfolio hat nun die Kapazität rund 10 % des weltweiten LNG-Volumens zu produzieren. 

Ich hoffe, dass dieser Überblick Investoren weiterhelfen wird, um die LNG-Thematik zu verstehen. Die USA war im letzten Jahr mit einem Marktanteil von 31 % der größte LNG-Zulieferer für Europa. Deshalb profitieren vom Ausbau im LNG-Bereich vor allem US-amerikanische Energiekonzerne, die bereits im LNG-Geschäft tätig sind. Die folgende Grafik zeigt, wie sich der Anteil der USA an den LNG-Importen in Europa in den letzten Quartalen entwickelt hat.

Quelle: Cheniere Energy Investoren Präsentation 

Beste Grüße,

Hinnerk Lührs

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Bildherkunft: Unsplash