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Fundamental orientierte Short-Strategien - Steht bei dieser Aktie ein Absturz bevor?

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Willkommen zum zweiten Teil unserer fundamental orientierten Short-Strategien. Während ich im ersten Artikel gezeigt habe, wie es möglich ist, fundamental schwache Aktien zu finden, die sich bereits in einem Abwärtstrend befinden, suchen wir heute nach Aktien, deren fundamentale Lage ebenfalls schwierig ist, die sich aber in einem Aufwärtstrend befinden, bzw. bereits eine potentiellen Übertreibungssituation erreicht haben. Anders als im letzten Szenario, in dem wir uns zwar gegen den allgemeinen Aufwärtstrend gestellt haben, aber immerhin Aktien im Abwärtstrend gesucht haben, wird es heute doppelt tricky: Wir suchen Aktien deren fundamentale Ausgangsbasis kritisch ist, deren Chartverlauf aber nach oben zeigt.

Bei dieser Strategie ist es enorm wichtig, nicht einfach seine Gedanken zu handeln, sondern auf ein charttechnisches Signal zu warten. Vielleicht denkt ihr euch auch manchmal beim Anblick eines Chartverlaufs, dass es das nicht gibt, weil die Aktie steigt und steigt, völlig irrational. Man denkt sich: Jetzt aber, jetzt muss die doch mal einbrechen. - Nein! Muss sie nicht. Zumindest nicht genau dann, wenn man sich das so ausdenkt. Dies musste auch Jim Rogers erfahren, als er in den 1970er Jahren mit einer Korrektur rechnete und einige Unternehmen shortete. Zwar hatte er mit seiner Einschätzung recht: Alle Unternehmen gingen pleite. Das Problem war nur, dass die Kurse vorher noch kräftig stiegen und er sein gesamtes Investment verlor. In seinem Buch „Die Wallstreet ist auch nur eine Straße“ schreibt er sehr schön über das Thema und kommt zu einer Erkenntnis: „Ich lernte, dass es an der Wall Street keine Weisheit mit mehr Wahrheitsgehalt gibt als jene, die irrtümlich John Maynard Keynes zugeschrieben wird: Die Märkte können länger irrational bleiben, als du solvent bleiben kannst.“ Ob diese Aussage nun von Keynes stammt oder nicht kann ich nicht sagen, entscheidend ist aber, dass sie für einen Trader unglaublich wertvoll sein kann.

Und so gehe ich vor!

Wie auch im letzten Beitrag werden wir uns auch diesmal vorrangig auf fundamentale Faktoren konzentrieren und technische Kriterien als Hilfsmittel hinzunehmen. Dabei werden wir noch einmal mit dem AKTIEN-SCREENER arbeiten. Dieses Tool ermöglicht es mir, dass ich letztlich nur solche Aktien angezeigt bekomme, die auch meinen festgelegten Kriterien entsprechen. Nachdem ich mich auf www.traderfox.de eingeloggt habe, klicke ich auf das Tool AKTIEN-SCREENER. Im nächsten Schritt wähle ich ein Universum aus. Da ich möglichst liquide Aktien suche, wähle ich die größten 500 europäischen Werte nach Marktkapitalisierung (mc) aus.

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Nun gehe ich auf den Reiter „Fundamental.“ Um ein rasches und unkompliziertes und dennoch aussagekräftiges Screening zu erhalten, können Rentabilitäts-, Verschuldungs- und Bewertungskriterien ganz gut miteinander kombiniert werden. Und da es oftmals nicht verkehrt ist, die aktuellen Kennzahlen eines Unternehmens mit dem eigenen,
langjährigen Durchschnitt zu vergleichen, gebe ich zu jedem Kriterium eine
Vergleichskennzahl an. Für das heutige Short-Screening habe ich folgende Kriterien ausgewählt, die ich im Reiter „Fundamental“ eingebe:
- Financial Leverage / auf Sicht von einem Jahr / 1,5 bis unendlich (∞)

Das Financial Leverage (Finanzielle Hebelwirkung) als Verschuldungskriterium gibt den Verschuldungsgrad an und setzt die Verbindlichkeiten ins Verhältnis zum Eigenkapital. Je höher das Fremdkapital desto höher ist einerseits der finanzielle Hebel. Doch andererseits steigt zugleich auch das finanzielle Risiko für das Unternehmen. Da ein zu niedriges Eigenkapital eine der häufigsten Gründe für Insolvenzen ist, sollte das Eigenkapital größer als die Verbindlichkeiten sein und der Verschuldungsgrad sollte unter eins liegen. Als Vergleichskriterium gebe ich noch das Financial Leverage auf Sicht von fünf Jahre an.

- Geometrisches Umsatzwachstum / auf Sicht von einem Jahr / - 100 % bis + 5 %

Das geometrische Umsatzwachstum, als Bewertungskriterium, beschreibt die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate; hier auf Sicht von einem Jahr, wobei ich als Vergleichskriterium noch einen Fünfjahreszeitraum eingebe.

- Durchschnittliche Rendite auf das eingesetzte Kapital / auf Sicht von drei Jahren / - 90 % bis + 3 %

Die durchschnittliche Rendite aufs eingesetzte Kapital (ROCE) zeigt als Rentabilitätskriterium das Verhältnis aus dem operativen Gewinn und dem eingesetzten Kapital auf. Je höher die eingesetzte Kapitalrendite ist, desto rentabler ist das Unternehmen und desto höher ist auch der Free Cash Flow. Der mehrjährige Vergleichswert umfasst fünf Jahre.

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Da ich Aktien am 52-Wochenhoch suche und auf eine mögliche Übertreibung nach oben bei fundamental schlecht aufgestellte Unternehmen suche, gebe ich beim Reiter „Technisch“ einen Abstand zum 52-Wochenhoch von maximal 10 % auf Sicht eines Handelsjahres ein.

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Nun wird mir die Liste mit den verbleibenden Unternehmen angezeigt. Von den 500 Unternehmen sind letztlich noch vier übrig geblieben. Aus fundamentaler Sicht können meines Erachtens alle vier Aktien short getradet werden, wobei ich die ersten beiden am Spannendsten finde. Aber natürlich muss bei der Aktie die gehandelt werden soll auch das Chart-Setup passen. Auf Platz eins befindet sich Ferrovial S.A. Dieses Unternehmen stelle ich nun kurz vor.

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Ferrovial S.A. (UFG) ist ein spanischer Infrastrukturbetreiber und beschäftigt momentan mehr als 92 000 Mitarbeiter. Die Marktkapitalisierung liegt aktuell bei 16,50 Mrd. Euro.
Gelistet ist das Unternehmen im spanischen Blue-Chip-Index IBEX 35. Die
Geschäftsaktivitäten des Konzerns sind in die Bereiche Konstruktion, Flughafen, Mautstraßen und Dienstleistungen gegliedert. Dabei verwaltet das Unternehmen u.a. den Großflughafen London Heathrow. Tätig ist das Unternehmen u.a. in Spanien, den Vereinigte Staaten, im Vereinigten Königreich, in Kanada und Polen.

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Umsätze Ferrovial S.A. in 2018 (Quelle: Ferrovial Annual Report 2018)

Momentan läuft es für die Ferrovial-Aktionäre richtig gut: Der Kurs nähert sich seinem Allzeithoch und die meisten Analysten sind sehr positiv gestimmt. Von 22 Analysten empfehlen 17 die Aktien zum Kauf, während vier sie mit Halten beurteilen. Dies liegt vor allem an den weltweit hohen Bautätigkeiten der letzten Jahren wie die untere Abbildung zeigt.

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Bauaktivitäten und Wirtschaftswachstum in Europa - Reale Veränderungen gegenüber Vorjahr in Prozent (Quelle: Euroconstruct)

Laut Deloitte (2018) treiben vor allem die Infrastrukturinvestitionen in Schwellenländern die Bauindustrie an. Ob dies in den nächsten Jahren allerdings so bleiben wird, ist fraglich. Zunehmende Internationalisierung ist für Bauunternehmen daher lebenswichtig. Wenngleich Ferrovial versucht, strategisch in neue Märkte vorzudringen, so stellt doch der geringe Investitionsgrad in Schwellenländern für das Unternehmen ein Problem dar. Denn mittelfristiges Wachstum kann so kaum erzielt werden. Nachhaltiges Wachstum versucht das Unternehmen insbesondere durch Portfoliodiversifikation zu erzielen, auch um die geringen Margen die es bei Bauprojekten zu holen gibt zu erhöhen. Allerdings sind die Umsätze in den Infrastrukturprojekten vergleichsweise bescheiden: Bei einem
Gesamtumsatz von 5,737 Mrd. Euro in 2018 wurde der Großteil der Umsätze (5,193 Mrd. Euro) am Bau erzielt. Dies war eine Steigerung um 12,2 % zum Vorjahr. Nur 471 Mio. Euro entfielen auf Mautanlagen (ein Plus von 2,3 % zum Vorjahr). Lediglich 14 Mio. Euro entfielen auf Flughäfen, was einem Rückgang um 32,6 % entspricht.

Dem Forschungs- und Beratungsnetzwerk Euroconstruct zufolge dürften sich die Wachstumsraten im Baubereich in den meisten europäischen Ländern bis 2020 deutlich abschwächen (siehe obere Abbildung). Der Aufwärtszyklus, der 2014 begann, wird demzufolge kräftig an Schwung verlieren, wofür in Europa der Rückgang an Wohnungsneubauten und die zunehmend schwächere Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand verantwortlich gemacht werden. Global gesehen stellen das größte Risiko für den Bausektor mit seinem stark prozyklischen Charakter aktuell die Handelsstreitigkeiten dar. Gemäß Deloitte (2018) bleibt der zunehmende Fachkräftemangel für die Branche weltweit ein großes Problem. Insbesondere für Ferrovial stellt sowohl die weiterhin unklare Situation im Brexit als auch die zu erwartende Abschwächung der Bautätigkeit in Spanien (laut Eurocunstruct wird ein Rückgang in Spanien von 4,2 % im Jahr 2018 auf 3,8 % in 2020 erwartet) eine weitere Unsicherheit dar. Wie oben zu sehen, werden momentan im Vereinigten Königreich und in Spanien mehr als die Hälfte aller Umsätze generiert.

Alles in allem sehe ich für Ferrovial mehr Risiken als Chancen. Der relativ gesehen hohe Kurs bietet meines Erachtens mittelfristig einiges an Rückschlagspotential.

Nun schaue ich mir noch die Kursentwicklung an:

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Wie zu sehen ist, befindet sich der Kurs in einem mehrjährigen Seitwärtstrend, wobei das Hoch aus dem Jahr 2015 bei 23,36 € notiert und die charttechnische Unterstützungszone bei etwa 16 € liegt. Als Einstieg in eine Shortposition kann ich mir zwei Szenarien
vorstellen:

- Ich verkaufe die Aktie wenn sich eine Übertreibung nach oben andeutet und der Kurs über die obere Begrenzung des kurzfristigen Aufwärtskanals ausbricht. Im Idealfall fällt diese Marke mit dem Hoch von 2015 zusammen. Ich würde dem Trade dann einen Spielraum von etwa 5 % geben und die Verluste bei etwa 24,50 € begrenzen.

- Die zweite Variante kommt ins Spiel, wenn der Kurs auf Tagesschlussbasis unter den Trendkanal fällt. Die Verluste würde ich hier begrenzen, sollte der Kurs nach haltig zurück in den Kanal laufen.

Als erstes Ziel würde ich die langjährige Unterstützung bei 16 € wählen. Sollte diese Unterstützung schwungvoll unterboten werden, ist ein schnelles Anlaufen der Unterstützungszone bei 14 € wahrscheinlich.

Da ich über die möglichen Einstiegspunkte sofort informiert werden will, lege ich mir mehrere Kursalarme ins System. Sobald eine der Marken getriggert wird, verschickt das TraderFox-System automatisch eine Email bzw. eine Push-Notification über die TraderFox-App.

Auf dem AKTIEN-TERMINAL von TraderFox.de werfe ich noch einen Blick auf die Geschäftsentwicklung. Wie bei zyklischen Werten nicht unüblich schwankt der Umsatz sehr stark, hat aber in 2018 einen Tiefpunkt erreicht. Ebenso der Gewinn: Er ist in 2018 ins Minus gerutscht. Das einzig Positive was mir hier auffällt, ist die relativ konstante
Dividendenrendite von etwas über 3 %.

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Betrachte ich zum Schluss noch den „Alle Aktien Qualitätsscore“ von J. Neuscheler der u.a. geringe Risiken und nachhaltiges Wachstum in den Vordergrund stellt, sehe ich, dass Ferrovial nach diesem Scoring-System auf den untersten Rängen rangiert. Lediglich für die Gewinnkontinuität gibt es einen Punkt.

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In meinem Videobeitrag zeige ich euch noch einmal den Auswahlprozess Schritt für Schritt.



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Bis zum nächsten Mal
Andreas Haslinger

Verwendete Tools:

TraderFox Trading-Desk: https://www.traderfox.de
Aktien-Sreener: https://screener.traderfox.com
Aktien-Terminal: https://aktie.traderfox.com
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