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Indonesien – ein neuer asiatischer Tigerstaat!?

Strategien Marius Müllerhoff 855 Leser

Mit knapp 280 Mio. Einwohnern ist Indonesien das viert bevölkerungsreichste Land der Welt. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,1%. Es ist der größte Inselstaat der Welt mit über 17,500 Inseln. Die Wirtschaft wächst seit zehn Jahren im Durchschnitt um 5,2% p.a. Indonesien sitzt auf wichtigen Rohstoffen wie Kupfer, Nickel und Thermalkohle. Letztlich ist die geographische Lage Indonesiens sehr vorteilhaft. Entwickelt sich Indonesien daher zu einem neuen asiatischen Tigerstaat, also einem Staat mit erhöhten Wachstumsraten, Exportorientierung und ausgereiften Finanz- und Handelsmärkten? Fünf Gründe, die dafür sprechen könnten.

Wirtschaft – Wachstum von 5,2% p.a., Mitglied der G-20

Zuerst ist die Wirtschaft zu nennen. Das Bruttoinlandsprodukt (2021) belief sich auf 1,19 Billion USD bzw. 4.292 US-Dollar (USD) pro Kopf. Der Dienstleistungssektor macht 45% des BIP, die Industrie 40% und die Landwirtschaft 15%. Wenn man das Covid-Jahr 2020 herausrechnet, dann ist die Wirtschaft in den vergangenen zehn Jahren um 5,2% p.a. gewachsen (in 2020 ging die Wirtschaftsleistung um -2% zurück). Für 2022 wird ein Wachstum zwischen 4,5% und 5,3% erwartet. Die Inflation liegt aktuell bei 4,35%, der Leitzins beläuft sich auf 3,5%. Die indonesische Währung (Rupiah) hat in den vergangenen 12 Monaten lediglich 4,2% an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren (Zum Vergleich: der Euro hat fast 16%, der thailändische Bath fast 9% und die Malaysischer Ringgit gut 6% an Wert gegenüber dem USD verloren). Indonesien gehört zur G-20 und wird im November 2022 der Ausrichter des jährlichen G-20 Treffens sein. Außerdem ist es die größte Volkswirtschaft in Südostasien.

Zu den wichtigsten Exportgütern gehören u.a. elektrische Maschinen, Gummi, Maschinen und Teile für mechanische Geräte und Rohstoffe. Kontinuierliche Verbesserungen der inländischen Infrastruktur sollten dazu beitragen, die hohen Transport- und Logistikkosten zu senken (Indonesien setzt sich zusammen aus über 17.500 Inseln). Experten schätzen, dass Indonesiens bedeutende, jedoch unerschlossenen maritimen Ressourcen ein großes Potenzial aufweisen. So stellt Indonesien nicht nur den drittgrößten tropischen Regenwald der Welt dar (94,1 Millionen Hektar), sondern beherbergt auch die weltweit größten tropischen Moore (14,9 Millionen Hektar) und Mangrovenwälder (3,31 Millionen Hektar). Diese natürlichen Ressourcen speichern riesige Mengen an Kohlenstoff, die die Auswirkungen des Klimawandels mildern. Allerdings sind (illegale) Abholzung und Rodung ein großes Problem.

Bevölkerung – 280 Mio. Menschen und ein Bevölkerungswachstum von 1%

Zweitens ist zu betonen, dass Indonesien mit knapp 280 Mio. Menschen die viertbevölkerungsreichste Nation der Welt. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1%. Das sind aktuell 2,8 Mio. neue Bürger pro Jahr (!). Bis 2015 lag das Bevölkerungswachstum noch bei 1,3%. Knapp 26% der Bevölkerung sind 14 Jahre oder jünger (zum Vergleich: in Deutschland sind es ca. 11%).

Eine Konsumlawine ist dabei, auf die indonesische Wirtschaft zuzukommen, insbesondere nach der Covid-Pandemie, die Indonesien hart getroffen hat. Um dem Konsumhunger gerecht zu werden, muss also viel produziert, viel finanziert und seitens des Staates viel investiert werden. Viele junge Menschen streben nach Aufstieg und Wohlstand. All dies wird die indonesische Wirtschaft weiter stimulieren.

Aktien und ETFs – Nahe 52 Wochenhoch, beachtliche relative Stärke


Drittens wollen wir einen Blick auf Aktien und ETFs werfen. Es gibt verschiedene ETFs, die Indonesien abdecken. Zunächst gibt es den iShares ETF mit dem Tickersymbol EIDO. Dieser ETF weist das größte verwaltete Vermögen (asset under management) auf. Die Gebühren belaufen sich auf 0,57% p.a. Der zweitgrößte ETF ist der „HSBC MSCI INDONESIA UCITS ETF“. Die Gebühren für diesen ETF werden mit 0,50% p.a. angeben.

Der Chart des größten ETFs (EIDO) sieht bullisch aus. Auf Wochensicht liegt der ETF über allen wichtigen gleitenden Durchschnitten, die alle steigend sind. Der ETF steht kurz davor, aus der schrägen Widerstandslinie nach oben auszubrechen (siehe folgende Abbildung).

Auch auf Tagessicht macht der Chart einen bullischen Eindruck. Der Index befindet sich über allen gleitenden Durchschnitten, welche alle steigend sind. Außerdem befindet sich die relative Stärke zum S&P 500 am 52 Wochenhoch, während der Index noch knapp 6% unter seinem 52 Wochenhoch steht. Auch die relative Stärke zu den ETFs anderer asiatischer Länder in unmittelbarer Nähe wie Malaysia (EWM), Thailand (THD) und Vietnam (VNM) ist beachtlich. All diese ETFs befinden sich weit unter ihren jeweiligen 200 Tage Durchschnitten.

Die fünf Top Holdings machen knapp 50% des ETFs aus (siehe folgende Abbildung).

Quelle: https://www.marketwatch.com/investing/fund/eido?mod=search_symbol

Die Bank Central Asia ist die größte Position des ETFs. Hierbei handelt es sich um die größte Bank Indonesiens in Privatbesitz. Sie wurde 1957 gegründet. Der Umsatz in 2022 liegt bei 6,1 Mrd. USD, der Gewinn bei 2,3 Mrd. USD. Platz zwei und vier werden ebenfalls von Banken eingenommen. Auf Platz drei steht Telefomunikasi Indonesia. Dies ist eines der größten Telekommunikationsunternehmen des Landes, an dem die Regierung mehr als 50% der Aktien hält. Die fünf größte Position des ETFs nimmt Astra International ein. Hierbei handelt es sich um einen der größten diversifizierten Konglomerate Indonesiens. Diese Beteiligungsgesellschaft ist in Sektoren wie Agrarindustrie, Automobil, Bergbau, Energie, Finanzdienstleistungen, Informationstechnologie, Infrastruktur, Logistik und Schwermaschinen tätig. Aufgrund dieser weit gefächerten Präsenz wird sie oft als Barometer der indonesischen Wirtschaft betrachtet. Das Konglomerat wurde 1957 gegründet. Der Aktienchart von Astra International sieht bullisch aus. Die Aktie befindet sich über dem 50-, 150- und 200 Tage Durchschnitt, welche alle steigend sind. Außerdem befindet sich die Aktie in der Zwischenzeit über dem Vor-Corona Niveau (siehe folgende Abbildung). Dies ist bemerkenswert, da sich viele Aktien- und Länder-ETFs in Asien immer noch unter den Vor-Corona-Niveaus befinden.

Quelle: https://bigcharts.marketwatch.com/

Rohstoffe - Weltweit größter Nickelproduzent

Viertens kann Indonesien als ein wichtiger Rohstofflieferant für die Welt bezeichnet werden. So ist das Land einer der global größten Produzenten von Gold, Kupfer, Nickel, Thermalkohle und Zinn. Es liefert 20% des weltweiten Angebots an Nickel und ist damit der weltweit größte Nickelproduzent. Der Rohstoff Nickel ist ein wichtiges Metall. Denn es wird benötigt, um Stahl zu härten und vor Korrosion zu schützen. Außerdem schätzen Experten, dass bei Nickel und Lithium der größte Engpass in der Batterieherstellung für Elektroautos besteht. Letztlich produziert und vertreibt Indonesien ca. 10% des globalen Angebots an Bauxit. Bauxit ist ein wichtiger Rohstoff für die Aluminiumherstellung.

Geographische Lage – Zugang zu zwei Ozeanen

Fünf ist die geographische Lage hervorzuheben. Denn sie ist ein großer Pluspunkt für Indonesien. Das Land hat Zugang zum Pazifischen Ozean und zum Indischen Ozean (siehe folgende Abbildung). Außerdem grenzt das Land an das Südchinesische Meer. Wichtige Handelspartner wie Australien, China, Indien, Malaysia und die Philippinen befinden sich z.T. in unmittelbarer Nähe.

Quelle: https://de.wikivoyage.org/wiki/Indonesien

Was lässt sich abschließend sagen?

Indonesien wird vermutlich eine neue und bedeutsamere Rolle im aktuell aufkeimenden Ost-West-Konflikt zukommen (so wie es auch der Fall für Indien ist). Neben den hier aufgeführten Katalysatoren bleibt das Land natürlich nicht vor Herausforderungen verschont. Dazu gehören u.a. Korruption, Umweltverschmutzung/Abholzung sowie Unruhen in einigen Provinzen. Trotzdem gehört das Land aus meiner Sicht auf die Watchliste. Etliche fundamentale Faktoren sprechen dafür und auch charttechnisch sieht es aktuell tendenziell bullisch aus.


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