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Investieren in Megatrends - Diese Aktien profitieren vom Supertrend „Infrastruktur - Lücken schließen“

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Wir haben in der Vorwoche begonnen, über die 6 Supertrends zu berichten, die laut der Credit Suisse das Zeug dazu haben, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gesellschaftliche Trends zu prägen und die deshalb auch aus Anlegersicht stark von Bedeutung sind.

Im ersten Beitrag ging es um den Supertrend „Besorgte Gesellschaften – integrativer Kapitalismus“. Im zweiten Beitrag dreht sich nun alles um das Thema mit dem Titel „Infrastruktur– Lücken schließen“. Einleitend stellt die Credit Suisse dazu ganz allgemein fest, dass Infrastruktur-Aktien in der Regel solide Dividendenrenditen bieten. Diese würden ihnen in Zeiten von niedrigen oder sogar negativen Zinsen in vielen Regionen der Welt, einen gewissen Reiz verleihen. Das Niedrigzinsumfeld, das den Genehmigungsprozess bei neuen Projekten beschleunige, dürfte den Supertrend Infrastruktur auch in den kommenden Monaten beflügeln. Außerdem wirkten die Sorgen um den Klimawandel als starke regulatorische und politische Katalysatoren. Darüber hinaus lege das neues Subthema «Smart City» den Fokus auf die Infrastrukturherausforderungen rasch wachsender urbaner Zentren, einschließlich der neuen, durch die Coronavirus-Pandemie zutage geförderten Aspekte.

Börsennotierte Infrastrukturwerte: Die «angesagte» Anlageklasse

Börsennotierte Infrastrukturwerte sind aus der Sicht von Jens Zimmermann, Senior Aktien-Analyst Energie und Versorger, eine junge, aber schnell wachsende Anlageklasse. Schätzungen der Global Listed Infrastructure Organisation (GLIO) zufolge dürfte das von Fonds für börsennotierte Infrastrukturwerte verwaltete Vermögen von 108 Mrd. USD im Jahr 2019 in den nächsten zehn Jahren auf über 300 Mrd. USD klettern.

In der Vergangenheit hätten sich institutionelle Anleger direkt an Infrastrukturanlagen beteiligten, um stabile Cashflows zu generieren. In den vergangenen Jahren habe das Angebot an verfügbaren Anlagen jedoch abgenommen, so dass auf eine geringere Anzahl von
Vermögenswerten immer mehr Private-Equity-Fonds kommen würden. Angesichts der steigenden Transaktionspreise für Infrastrukturanlagen stellten die hohen Bewertungen eine Herausforderung dar.

Börsennotierte Infrastrukturunternehmen betreiben laut Zimmermann Infrastrukturobjekte. Erwerben Investoren die Aktien börsennotierter Infrastrukturunternehmen, so beteiligten sie sich an Infrastrukturanlagen mit laufenden Cashflows. Dementsprechend seien börsennotierte Infrastrukturunternehmen mittlerweile eine attraktive Anlageklasse.

Da Private-Equity-Fonds über eine Menge „trockenen Pulvers“ (das heißt erwirtschaftetes, aber nicht ausgegebenes Kapital) verfügten, dass sie in Infrastrukturanlagen investieren wollen, stellten börsennotierte Infrastrukturunternehmen diesbezüglich eine kurzfristige
Gelegenheit oder womöglich sogar eine attraktive langfristige Anlagealternative zu physischen Infrastrukturwerten dar.

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Transport - Investitionen weiterhin stark

Faktoren wie das rückläufige Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP), veraltete Transportsysteme und die Sorgen hinsichtlich des Klimawandels beflügeln die Investitionen in die Transportinfrastruktur, so Zimmermann. Mexiko habe beispielsweise ein Infrastrukturprogramm im Umfang von 43 Mrd. USD angekündigt, nachdem die Wirtschaft 2019 in eine technische Rezession abgeglitten war. Ziel sei ein jährliches BIP-Wachstum von über 4 % zwischen 2020 und 2024, das durch 147 Infrastrukturprojekte erreicht werden solle. Überdies strebe das Land an, den Anteil der Investitionen am mexikanischen BIP von derzeit 20,5 % auf 24,0 % zu steigern.

Die Philippinen hätten ein Infrastrukturprogramm in der Höhe von 177 Mrd. USD lanciert, um die Investitionen bis 2022 auf 7 % des BIP zu steigern. Damit reagiere das Land auf sein großes Verkehrsproblem: Das Weltwirtschaftsforum (WEF) stufe die Philippinen im Hinblick auf die Qualität der Transportinfrastruktur auf Platz 102 ein. Laut TomTom Index verlieren die Pendler in Manila jedes Jahr 10 Tage und 17 Stunden durch Staus während der Hauptverkehrszeit. Die Regierung sei bestrebt, die Zahl der Fahrzeuge auf Manilas Hauptverkehrsader um ein Drittel zu verringern. Auch Deutschland sei bemüht, der Verlangsamung seiner Wirtschaft mit dem größten Modernisierungsprogramm (86 Mrd. EUR über 10 Jahre) in der Geschichte seines Eisenbahnnetzes entgegenzuwirken. Eine Steigerung der Zahl an Bahnfernreisenden auf 260 Mio. bis 2030 dürfte überdies zum Klimaziel der Regierung beitragen.

Energie und Wasser - Große Veränderungen zu erwarten

Klimawandel und Bevölkerungswachstum erfordern gemäß Zimmermann dringend Veränderungen im Hinblick auf die Stromerzeugung und die Wasserversorgung. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert in ihrem World Energy Outlook 2019, dass der Brennstoffmix im Rahmen ihres nachhaltigen Entwicklungsszenarios (Sustainable Development Scenario, SDS), das eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1.5 °C bis Ende des Jahrhunderts vorsieht, deutlich angepasst werden muss. Laut SDS müssten bis 2040 über 40 % der globalen Stromversorgung auf Solar- und Windkraft entfallen, um die CO2-Emissionen deutlich zu senken. Dafür müssten die Stromerzeugungskapazitäten aus Wind- und Solarkraft den Berechnungen der Credit Suisse zufolge um mehr als das Siebenfache zunehmen.

Dies mache einen raschen Ausbau der Stromerzeugungsinfrastruktur für Wind- und Solarenergie sowie eine Modernisierung der Übertragungsnetze erforderlich. Versorgungsunternehmen profitieren von dieser Energiewende, da sie einen hohen Anteil erneuerbarer Energien in ihrem Erzeugungsmix aufwiesen und ihre Anlagen durch Netzinvestitionen im regulierten Stromversorgungsgeschäft ausbauten.

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Erdgas stelle nach wie vor eine wichtige Brückentechnologie dar, da es sauberer ist als andere fossile Brennstoffe wie Öl und Kohle. Dementsprechend dürfte die Nachfrage nach Erdgas im Rahmen des SDS zwischen 2020 und 2030 ein Plateau erreichen, bevor sie bis 2040 allmählich abnehme. Betreiber von Erdgasinfrastruktur, darunter Gaspipelines und Tankstellen für verflüssigtes Erdgas, dürften künftig auch weiterhin von der stabilen Gasnachfrage profitieren, selbst unter Berücksichtigung des SDS. Gleichwohl müssten Betreiber von Gaspipelines auch in Zukunft ihre CO2-Emissionen verringern, wenn sie den Zugang zu Finanzierungen für neue Pipelineprojekte nicht verlieren wollten.

Hingegen müssten die Kohlenachfrage zwischen 2018 und 2040 um 62 % und die Ölnachfrage bis 2040 um 31 % sinken, damit die globale Erwärmung im Rahmen des SDS auf 1.5 °C begrenzt werden könne. Emissionsfreie Kernenergie stellten weiterhin eine Brückentechnologie dar, die allerdings weniger wichtig sei als Erdgas. Die IEA geht davon aus, dass der Anteil der Kernenergie an der globalen Stromerzeugung bis 2040 relativ stabil bei 11 % verharren wird.

Der Zugang zu sauberem Wasser ist laut Credit Suisse eine weitere Herausforderung. Angaben des Weltwasserberichts der Vereinten Nationen (UN) aus dem Jahr 2019 zufolge dürfte der Wasserbedarf bis 2050 um weitere 20 % – 30 % steigen. Die UN rechnen damit, dass bis 2050 bis zu 5,7 Mrd. Menschen mindestens einen Monat pro Jahr in Gebieten mit potenzieller Wasserknappheit leben. Laut Schätzungen der Weltbank könnte Wasserknappheit das BIP in einigen Regionen, darunter der Nahe Osten und Afrika, bis 2050 um 6 % schmälern.

Ein weiteres Risiko bestehe darin, dass der Klimawandel eine verstärkte Migration innerhalb der Länder nach sich ziehen könnte, wobei Schätzungen der Weltbank zufolge bis 2050 140 Mio. Menschen gezwungen werden, ihren Wohnort zu wechseln. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt den zur Behebung der Wasserverknappung erforderlichen Investitionsbedarf in die Wasserinfrastruktur zwischen 2016 und 2030 auf 13,6 Bio. USD.

Smart City - Intelligente Städte, steile Lernkurve

Laut Prognosen der UN dürfte der Anteil der in urbanen Gebieten lebenden Weltbevölkerung bis 2050 von derzeit 55 % auf 68 % steigen. Diese rasante Urbanisierung erhöhe das Risiko im Zusammenhang mit dem Klimawandel und Verkehrsstaus. Hitzewellen beträfen große Städte noch stärker, da Wolkenkratzer, Autos und asphaltierte Straßen die Hitze einfangen würden. Überdies sähen sich Megastädte wie jüngst weltweit ersichtlich mit einzigartigen Herausforderungen bei der Bewältigung von Pandemien konfrontiert.

Städte müssten daher intelligenter werden, wenn sie das urbane Wachstum und die damit verbundenen Herausforderungen, darunter die öffentliche Gesundheit, effektiv steuern wollen. Rund um den Globus nutzten Städteplaner wie auch Bewohner datengestützte Technologien wie das Internet der Dinge (IdD) und künstliche Intelligenz (KI), um den Verkehrsfluss, die Gebäudeplanung sowie die Abfall- und Wassersysteme in «Smart Cities» zu verbessern.

Gleichwohl sehen sich diese intelligenten Städte laut einem Blog-Beitrag von Scientific American weiterhin zahlreichen Hindernissen gegenüber, darunter lückenhafte Daten, Finanzierung, Fragen hinsichtlich der Datenspeicherung und Sorgen in Bezug auf die Privatsphäre. Intelligente Transport- und Mobilitätslösungen könnten Verkehrsstaus verringern und zu einer besseren Anbindung beitragen. Sie kurbelten zudem das Wirtschaftswachstum an, indem sie verlässlichen Zugang zu Städten böten. In Frankreich werde das Bahnprojekt «Grand Paris Express» die Anbindung der Vororte an die sich entwickelnden Viertel in Paris, darunter die Geschäftsviertel, Forschungszentren und Flughäfen der Stadt, bis 2035 verbessern.

Die intelligente Wasserinfrastruktur lege den Fokus auf die automatisierte Ermittlung von Verschmutzung und Leckagen, um so den Wasserverlust zu minimieren. In der US-Stadt South Bend in Indiana kommen den Angaben zufolge zum Beispiel IdD-Sensoren im Abwassersystem zum Einsatz, mit denen die Wasserpegel überwacht und die Abwässer umgeleitet statt in den Fluss abgelassen werden. In Europa nutze die portugiesische Stadt Cascais unterirdische, mit Sensoren ausgestattete Recyclingbehälter, die das Abfallvolumen überwachen. Dadurch würden sowohl die Kosten als auch die CO2-Emissionen gesenkt.

Intelligente Gebäude nutzten Echtzeitdaten zur Belegungsquote und den Temperaturbedingungen, um den Platz- und Energieverbrauch zu optimieren. MarketsandMarkets schätzt, dass der jährliche Umfang des Marktes für intelligente Gebäudetechnologie zwischen 2019 und 2024 von 61 Mrd. auf 106 Mrd. USD wachsen wird.

Telekom-Infrastruktur - Beim Wachstum hoch hinaus

Funkturmbetreiber stellten eine attraktive Wachstumskomponente innerhalb eines globalen Infrastrukturportfolios dar. Das nachhaltige Wachstum ergebe sich aus dem Erwerb neuer Funkturmanlagen und der zunehmenden Zahl der Mieter pro Turm.

Mobilfunknetzbetreiber (Mobile Network Operator, MNO) verkauften ihre Turmanlagen an unabhängige Unternehmen, da es für sie wirtschaftlicher sei, den Zugang zum Mast zu mieten, als diesen selbst zu besitzen. Dieser Trend habe in den USA zu einem starken Anstieg der Zahl börsennotierter US-Funkmastbetreiber geführt. Das Wachstumspotenzial für entsprechende europäische Unternehmen sei enorm, da in der Region rund 420.000 und damit dreimal mehr Funktürme stünden als in den USA. Laut GLIO befinden sich rund 80 % dieser Türme in Europa nach wie vor im Besitz der Netzbetreiber, verglichen mit 16 % in den USA .

Entsprechend könnten europäische börsennotierte Funkmastbetreiber künftig Wachstum aufweisen wie ihre US-Pendants in den vergangenen 15–20 Jahren. Das spanische Unternehmen Cellnex und der italienische Betreiber INWIT führten diesen Wachstumstrend in Europa an. Darüber hinaus schienen einige Netzbetreiber einen Börsengang ihres Funkturmgeschäfts in Erwägung zu ziehen.

Zusammenfassung der Kernideen

Zu den Kernideen bei diesem Megatrend zählen laut der Credit Suisse die Betreiber von Transportinfrastruktur wie Flughäfen, Mautstraßen und Eisenbahnen mit regulierten Geschäfts- und inflationsgeschützten Cost-plus-PricingModellen, mit denen sie Kostensteigerungen über höhere Preise an ihre Kunden weitergeben können.

Hinzu kommen aus Sicht der Analysten Versorgungsunternehmen mit einem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien am Erzeugungsmix. Diese Energiewende erfordere auch intelligentere Übertragungsnetze (Smart Grids) und Energiespeichertechnologien, um die Stromversorgung zu gewährleisten, da mehr Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen werde.

Positiv betroffen seien auch Anbieter datengestützter Technologielösungen, die es Städteplanern und Bewohnern ermöglichten, die Infrastrukturherausforderungen in Bezug auf Verkehrsfluss, Gebäudeplanung sowie die Abfall- und Wassersysteme in schnell wachsenden urbanen Zentren zu bewältigen.

Außerdem gehe es um Unternehmen, die Infrastrukturausrüstung für die Einführung der neuen mobilen Datenübertragungstechnologie der fünften Generation (5G) bereitstellen, darunter Rechenzentren, Funkturmbetreiber und 5G-Telekomausrüster.

Diese Aktien zählt die Credit Suisse zu den Profiteuren des Supertrends „Infrastruktur– Lücken schließen“

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