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Lockheed Martin: Profiteur der NATO-Neuausrichtung. Wachstumsreiche Dekade voraus.

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Liebe Anleger,

laut einem alten lateinischen Sprichwort muss derjenige, der Frieden möchte, Krieg vorbereiten. Hiermit ist gemeint, dass Frieden nur gewährleistet werden kann, wenn man ein starkes Militär hat, dass mögliche Angreifer abschrecken kann. In der heutigen Zeit ist dieses Prinzip so wichtig wie seit Ende des Kalten Krieges nicht mehr. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat den westlichen Ländern in Erinnerung gerufen, dass es nach wie vor derartige externe Gefahren gibt, die man nur mithilfe einer starken Verteidigung abschrecken kann. Gerade einige europäische Länder wie Deutschland, die über Jahre hinweg nicht genug in das Militär investiert haben, haben nun einen Weckruf erhalten. Hierdurch ist klar, dass die westlichen Länder nun auf dieses alte Sprichwort zurückkommen werden und sich militärisch besser aufstellen möchten. Für Aktionäre gibt es dementsprechend Chancen in dem nun in den Fokus gerückten Sektor. Passend hierzu geht es heute um ein Unternehmen, das den Verteidigungssektor dominiert und bereits im zweiten Weltkrieg ein wichtiger Hersteller für das Militär gewesen ist. Lockheed Martin ist mit einem Börsenwert von 114 Mrd. USD, der mit Abstand wichtigste Rüstungskonzern der USA. Man spricht von dem Unternehmen auch als die rechte Hand der Regierung.

 

Geschichte

Im Jahre 1926 gründeten die Freunde Allan Lockheed, John Northrop, Kenneth Kay und Fred Keeler das in Hollywood ansässige Lockheed Aircraft Company. Dank der Vorerfahrung der Gründer konnte man von Beginn an qualitativ hochwertige Flugzeuge bauen. Deswegen lief das Geschäft, welches sich anfangs auf Rundflüge konzentrierte, auch sehr gut. So verkaufte man zwischen 1926 und 1928 über 80 Flugzeuge. Die Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 schadete dem Geschäft dann jedoch, wodurch es mehrere Wechsel unter den Investoren bzw. Eigentümern gab. Da die Flugzeuge, die man herstellte, allerdings innovativ waren und nach wie vor nachgefragt wurden, überlebte man diese schwierige Zeit. In den kommenden Jahren entwickelte man dann immer bessere und leistungsfähigere Flugzeuge, wodurch man in der perfekten Position war, um während des zweiten Weltkrieges das Militär zu beliefern.

Die ersten Flugzeuge von Lockheed; Quelle: Lockheedmartin.com

 

Während dieser Zeit entstanden wichtige Innovationen wie der Abfangjäger P-38. Dieser war mit einem Doppelleitwerksträger unkonventionell konstruiert und hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen. Er galt zusammen mit dem P-80 zu den berüchtigtsten Kampf-Flugzeugen des zweiten Weltkrieges. Wegen diesen wichtigen Erfindungen nahm die Bedeutung von Lockheed während des Krieges immer weiter zu und man gehörte schnell zu den Unternehmen der Branche mit den größten Produktionsaufträgen von der Regierung.

 

Der Abfangjäger P-38, Quelle: Lockheedmartin.com

 

Während dieser Zeit hat man als wichtiger Kooperationspartner ebenfalls das Vertrauen der Regierung gewonnen. Dementsprechend stellte sich einige Jahre später dann heraus, dass die Partnerschaft trotz des Hinganges des Krieges nicht enden würde. 

So erhielt man weitere Aufträge seitens der Regierung wie für den Bau von Transportflugzeugen für die Streitkräfte. Im Jahre 1977 änderte man dann seinen Namen von Lockheed Aircraft Company in Lockheed Corporation. Hiermit sollte vor allem eins reflektiert werden. Man wollte nicht mehr nur ein Flugzeughersteller sein, sondern ein Rüstungskonzern, der in allen Bereichen tätig ist, die mit Verteidigung und nationaler Sicherheit zusammenhängen. Um dieses Ziel zu erreichen, war man bereit, in vollkommen unbekannte Bereiche vorzustoßen. Schon nach kurzer Zeit stellte sich dies als Erfolg heraus und so begann man vermehrt Flugkörper an das Militär sowie Trägerraketen an die NASA zu verkaufen. Trotz dieses positiven Wandels und dem damit einhergehenden, deutlich diversifizierterem Geschäftsmodell waren die darauffolgenden Jahre alles andere als einfach. Denn mit dem Ende des Kalten Krieges wurden auch die Verteidigungsausgaben umfassend gekürzt. Hierunter musste Lockheed, welcher inzwischen einen Großteil des Umsatzes von Regierungsaufträgen erhielt, entsprechend leiden. Auch anderen Unternehmen der Rüstungsindustrie erging es mindestens genauso schlecht.

Die Regierung legte den Unternehmen der Branche deshalb nah, sich im Zuge einer Konsolidierung der Branche zusammenzuschließen, da es zu viele Unternehmen für das abnehmende Volumen an Aufträgen gäbe. Hierdurch sollte sichergestellt werden, dass alle Unternehmen der Industrie, an der inzwischen ebenfalls viele Arbeitsplätze hingen, diese Phase überleben würden. Lockheed wusste, dass sie diese Krise nur erfolgreich überstehen könnten, wenn sie ihre Kräfte mit einem anderen großen Rüstungsunternehmen bündeln. Deswegen schlug man seinem Wettbewerber Martin Marietta einen Zusammenschluss vor. Da auch Martin Marietta die Notwendigkeit für einen solchen Schritt erkannte, entstand hierdurch aus dem zweitgrößten und dem drittgrößten Rüstungsunternehmen der USA der Konzern Lockheed Martin. Damit war man auf einmal der größte Konzern der Branche und man begann zu realisieren, dass man die jetzige Schwäche des Sektors nutzen könnte, um seine Machtstellung zu zementieren, indem man weitere Giganten übernimmt. Dementsprechend kaufte man kurze Zeit später Ford-Luft- und-Raumfahrt und die Loral Corporation wie noch einige weitere Unternehmen. Insgesamt schaffte es Lockheed Martin hierdurch, stärker als jemals zuvor aus der Krise hervorzugehen.

In den darauffolgenden Jahren gab es einige Entwicklungen, die Lockheed Martin zugutekamen. Zunächst wurde der Regierung klar, dass die Branche abgesehen von der wichtigen Funktion als Grundlage für die Verteidigung des Landes noch eine weitere wichtige Rolle innehat, und zwar als Arbeitgeber. Denn inzwischen beherbergte die Industrie eine beachtliche Anzahl an Jobs. Insofern realisierten die Politiker in Washington, dass sie durch die Rüstungsindustrie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könnten. Auf der einen Seite könnten sie eine starke Verteidigungsbereitschaft und damit Sicherheit erlangen und auf der anderen weitere Jobs schaffen und die Lage der Bevölkerung hierdurch verbessern. Dementsprechend hatte die Politik auch ein gehobenes Interesse daran, das Verteidigungsbudget zu steigern. Diese wichtige Rolle der Branche als Arbeitgeber hat sich seitdem übrigens nicht geändert. So hat allein Lockheed Martin heutzutage über 140.000 Angestellte.

Ein wichtiger Wendepunkt für die Branche war dann der Anschlag am 11. September 2001. Amerika stand von dem plötzlichen Anschlag auf das World Trade Center, der fast 3000 Todesopfer forderte, unter Schock. Es ließ die Sicherheit des Landes als fragil erscheinen, weswegen die Bevölkerung forderte, dass man die entsprechenden Konsequenzen hieraus zieht. Kurze Zeit später folgte auch schon die Entscheidung, dass Verteidigungsbudget deutlich zu steigern, um in der Zukunft besser auf derartige Gefährdungen für die nationale Sicherheit vorbereitet zu sein.

 

In Folge des Anschlags am 11. September 2001, wurde das Verteidigungsbudget der USA stark gesteigert. Quelle: Wikipedia/SIPRI

 

Derartige Schock-Events, die die Politik und die Bevölkerung überrascht treffen, führen häufig zu historischen Wendepunkten. Und noch vor einigen Monaten hätte keiner damit gerechnet, dass wir in diesem Jahr erneut einen derartigen Wendepunkt erreichen würden, durch den die Verteidigungsfähigkeit erneut in den Vordergrund rückt …

 

Steigende Militärausgaben

Am 24. Februar 2022 begann der überraschende Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Obwohl es zuvor bereits Spannungen gab und man beobachten konnte, wie sich das russische Militär an der Grenze sammelte, hat niemand mit diesem Schritt seitens Russlands gerechnet. Die Welt war geschockt von der Entscheidung Putins, die Ukraine anzugreifen und damit erneut einen Krieg nach Europa zu bringen. Da es in den vorigen Jahrzehnten keinen Krieg mehr in Europa gab, hat dies ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelt, wodurch viele glaubten, dass ein starkes Militär nicht mehr nötig wäre. Dieser Gedanke wurde nun aber explosionsartig gebrochen und es fand ein plötzliches Umdenken statt, durch das realisiert wurde, dass es nach wie vor eine hohe Verteidigungsbereitschaft braucht. Alle Länder, die in der Welt eine gehobene Rolle spielen, möchten dementsprechend nun ihre Verteidigungsbereitschaft erhöhen und ihr Militär stärken.

So hat die Biden-Administration für das Jahr 2023 ein Verteidigungsbudget von 773 Mrd. USD vorgeschlagen, was einem nominalen Anstieg um 30,7 Mrd. USD oder um 4,1 % gleichkommt. Hinzukommend gibt es eine Liste mit den sogenannten ungedeckten Prioritäten, welche nicht in dem Verteidigungsbudget enthalten sind, aber trotzdem von dem Pentagon als notwendig eingestuft werden. Die Liste für das Jahr 2023 ist bereits 21 Mrd. USD groß, wobei mit weiteren Anstiegen gerechnet wird. Die ungedeckten Prioritäten enthalten unterschiedliche Flugzeuge, Radarsysteme und Tests für Hyperschallflugzeuge. Lockheed Martin, der in diesen Bereichen tätig ist, konzentriert sich deswegen nun darauf,sich optimal vorzubereiten, um möglichst viele dieser Aufträge zu erhalten. Generell wird das Unternehmen stark von dem stattgefundenen Wandel profitieren.

Hierbei ist es zunächst erwähnenswert, dass ein Großteil des Umsatzes von Lockheed Martin durch die US-Regierung getragen wird. So stammen etwa 75 % des Gesamtumsatzes aus Verkäufen an das US-Militär. Da die Umsätze des Unternehmens so stark an die Regierungsausgaben gekoppelt sind, korreliert das Umsatzwachstum von Lockheed Martin folglich auch stark mit dem Wachstum des Verteidigungsbudgets. Dementsprechend profitiert man unweigerlich von den steigenden Verteidigungsausgaben. Weitere Motivation für höhere Verteidigungsausgaben stammen auch aus den zuletzt starken Spannungen mit China, welche ebenfalls am Aufrüsten sind. So möchte China seine diesjährigen Verteidigungsausgaben um 7,1 % hochfahren, was entsprechend Druck auf die USA ausübt, die eigenen Rüstungsausgaben stärker zu steigern.

 

Die Verteidigungsausgaben der USA sollen in den nächsten Jahren weiter konstant wachsen.

 

Durch diese Entwicklungen ist das aktuelle Umfeld für Lockheed Martin so förderlich wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Obwohl Lockheed Martin hauptsächlich das US-Militär beliefert, werden ebenfalls andere Regionen mit den Produkten versorgt. (Dies geschieht selbstverständlich unter der Kontrolle der US-Regierung.) Hierdurch ist Lockheed Martin in den letzten Jahren auch zu einem wichtigen Partner verschiedener NATO-Länder geworden. Insgesamt macht Europa zurzeit ungefähr 10 % des Gesamtumsatzes des Unternehmens aus. Wegen des sehr vernachlässigten Militärs in Europa, in Kombination mit den hohen Aufrüstungsbestrebungen, geht Lockheed Martin auch davon aus, dass Europa ein wichtiger Wachstumstreiber in den nächsten Jahren sein wird. Um dies zu verdeutlichen, nannte der CEO von Lockheed Martin hierzu ein konkretes Beispiel: Wenn die kombinierten Ausgaben der NATO-Länder nun endlich zwei Prozent des BIP erreichen würden, würde dies eine jährliche Ausgabenerhöhung von 50 Milliarden US-Dollar bedeuten. Aufgrund der umfangreichen Angebote des Unternehmens sieht man sich in einer guten Stellung, um hiervon zu profitieren.

Das diese Annahme nicht unrealistisch ist und der jetzige Wandel von dauerhafter Natur ist, zeigt sich zunächst an der stark veränderten Rhetorik. So sprach der französische Präsident Emmanuel Macron davon, dass Frankreich in eine Kriegswirtschaft eingetreten sei, in der man sich für lange Zeit wiederfinden würde. Auf der anderen Seite sieht man es aber auch anhand konkreter Pläne der Mitgliedsstaaten, die auf der Prämisse beruhen, dass sehr viel Aufholbedarf besteht. Denn wie ein Bericht der Europäischen Kommission offenlegt, sind die Verteidigungsausgaben der EU in den letzten Jahrzehnten viel zu langsam gewachsen. So sind sie zwischen 1999 und 2021 um lediglich 20 % gestiegen, während die Steigerung für die USA 66 %, für Russland 292 % und für China 592 % betrug. Insofern werden die vergangenen Jahre als gravierende Unterinvestitionen charakterisiert. Die dringenden Prioritäten beständen nun darin, die Bestände aufzustocken, veraltete Systeme zu ersetzen und die Luft- und Raketenabwehrsysteme zu verstärken. Hinzukommend möchte man sich mittelfristig in den Bereichen Luft-, Land-, See-, Weltraum- und Cyberverteidigung verbessern. Hierfür sind natürlich massive Investitionen nötig, weswegen die Mitgliedsstaaten der EU angekündigt haben, ihre Verteidigungshaushalte in den kommenden Jahren um fast 200 Mrd. USD aufzustocken. Ganz vorne mit dabei ist Deutschland, welche sich entschlossen haben, im Zuge eines Sonderhaushaltes allein für dieses Jahr zusätzliche 100 Mrd. USD für die Bundeswehr bereitzustellen. Hierdurch werden die Verteidigungsausgaben Deutschlands in diesem Jahr zum ersten Mal seit Langem über dem zwei Prozent Ziel liegen.

Andere europäische Länder haben ähnliche Pläne und möchten ihr Militär ebenfalls stärken, da sie eine mögliche Ausweitung des Krieges verhindern wollen. So möchte Belgien seinen Verteidigungshaushalt bis 2030 von derzeit 4,2 Milliarden Euro auf knapp 7 Milliarden Euro erhöhen, wobei der Premierminister erklärte, dass dies wahrscheinlich noch nicht ausreichen würde und in Zukunft erneut gesteigert werden müsse. Auch Rumänien, Polen, Italien, Norwegen und Schweden haben derartige Entschlüsse gefasst und werden in der kommenden Dekade massiv aufrüsten.

 

Luftfahrtgeschäft

F-35 Lightning II

Eine Stelle, an der Lockheed Martin bereits jetzt mit einer deutlich gestiegenen Nachfrage aus Europa konfrontiert ist, ist in dem Luftfahrt-Segment. Dieser Bereich konzentriert sich auf den Verkauf von Kampfjets sowie anderen militärischen Operationsflugzeugen. Es ist ebenfalls das wichtigste Segment des Unternehmens und macht etwa 40 % des Umsatzes aus. Das zugehörige Produktportfolio umfasst zum Beispiel die Kampfjets F-22 Raptor und die F-16 Jäger. Der F-22 Raptor ist eines der schnellsten Kampfjets der Welt, welcher mit doppelter Schallgeschwindigkeit fliegen kann. Ab einer gewissen Höhe kann die Geschwindigkeit bis zu 1800 Kilometer pro Stunde betragen. Auf der anderen Seite gilt der F-16 als äußerst manövrierfähiges Flugzeug, das sich im Luft-Luft-Kampf und im Luft-Boden-Angriff bewährt hat. Gerade der F-16 erfährt zurzeit eine starke Nachfrage, wobei der Auftragsbestand hierfür 128 Flugzeuge umfasst. Außerdem spricht der CFO des Unternehmens davon, dass man eine zusätzliche Pipeline von 300 bis 400 Flugzeugen erwarte, da die Nachfrage sehr groß sei.

Und während dies bereits wichtige Umsatztreiber sind, gibt es einen neuen Kampfjet, der das Potenzial der anderen Flugzeuge deutlich übertrumpft. Und zwar geht es um den neuen F-35 Jet, welcher als das modernste Kampfflugzeug der Welt bekannt ist. Die Kosten eines einzelnen Jets können sich hierfür auf über 80 Mio. USD belaufen. Hiermit ist er trotzdem noch günstiger als die Eurofighter-Jets, welche in der Regel über 100 Millionen Euro kosten. Eine Kerneigenschaft des F-35 liegt in der Tarnkappenfähigkeit, was die Möglichkeit bezeichnet, von feindlichen Radarsystemen unerkannt operieren zu können. Dies wird einerseits durch die spezielle Form- und andererseits durch die Beschichtung gewährleistet. Die Beschichtung ist aus einem Radar-absorbierendem Material das Radarwellen „einsaugt“ und ihre Reflexion dementsprechend reduziert. Insofern kann man sich die Beschichtung wie ein Tarnumhang vorstellen, der verhindert, dass der Feind das Flugzeug auf dem Radar kommen sieht. Deswegen ist dieser auch unter Militär-Piloten äußerst beliebt. So ergab eine von dem Kanal US-Military-Technology durchgeführte Umfrage unter 30 Kampfjet-Piloten, dass alle den F-35 gegenüber vorigen Modellen und anderen Jets für Kampfeinsätze bevorzugen würden. Ein weiterer Vorteil des F-35 liegt in der einfacheren Wartung, wodurch langfristig viele Wartungskosten gespart werden können. Hinzukommend verfügt der Kampfjet über deutlich weniger Einzelteile, weswegen er auch als „einfacher“ gilt.

Bereits vor Beginn des Krieges hatten die USA beschlossen, dass der F-35 aufgrund dieser ausgezeichneten Fähigkeiten zu dem neuen Flaggschiff der US-Air Force werden soll. Die Anschaffungskosten für ungefähr 2500 Jets sollen sich hierbei auf mehr als 400 Mrd. USD belaufen, welche bis 2044 anfallen werden. Hinzukommend werden voraussichtlich beträchtliche Wartungs- und Betriebskosten entstehen, wodurch die US-Regierung mit Gesamtkosten von circa 1,3 Billionen USD rechnet, die bis 2070 für dieses Projekt entstehen sollen. Hiermit ist es das bis dato teuerste Rüstungsprojekt der Welt.

Der neue F-35 Kampfjet von Lockheed Martin, Quelle: Chad Bellay/Lockheed Martin

 

Auch unterschiedliche europäische Länder haben nun im Zuge des Krieges Interesse an der Maschine geäußert. So hat Deutschland bereits verkündet, man wolle 35-Stück für die Luftwaffe kaufen, um die Möglichkeit der nuklearen Teilhabe wiederherzustellen. Der F-35 Jet soll hierbei die bisher eingesetzten Tornado-Jets ersetzen. Ausgehend von einem Preis von 80 Millionen USD pro Stück würde dies bereits einen Umsatz von 2,8 Mrd. USD für Lockheed Martin bedeuten. Auch die Niederlande wollen zu den bereits bestellten 46 F-35 Kampfjets hinzukommend weitere sechs Stück kaufen. Somit ist das Luftfahrtsegment ein Musterbeispiel für die höhere Nachfrage aus Europa, welche sich ebenfalls in anderen Segmenten zeigt.

Neben Europa beliefert Lockheed Martin auch weitere Verbündete, wozu Australien, Kanada, Indien, Japan und Singapur zählen. Der CEO von Lockheed Martin sieht hierbei vor allem in Australien einen vielversprechenden Partner. Mit Australien arbeitet man ebenfalls bereits seit über 70 Jahren zusammen und man plant, diese Zusammenarbeit weiter zu intensivieren. Die Asien-Pazifik-Region macht ähnlich wie Europa ungefähr 10 % des Gesamtumsatzes aus.

 

Lenkflugkörper und Artilleriegeschosse

Doch nicht nur die Kampfjets des Unternehmens sind sehr gefragt. Der Krieg in der Ukraine hat veranschaulicht, von welch entscheidender Bedeutung auch Artilleriegeschütze und Lenkflugkörper sind. Hierfür hat Lockheed Martin ein eigenes Segment, welches etwa 18 % des Umsatzes ausmacht. Die in diesem Bereich hergestellten Kampf- und Lenkflugkörper werden für unterschiedliche Anwendungen konstruiert. Hierzu zählen U-Boote, Kampfflugzeuge und Raketensysteme. Doch auch defensive Anwendungen wie fortschrittliche Sensoren zur Bedrohungserkennung oder Systeme zur Raketenabwehr werden hier entwickelt. Für die Entwicklung derartiger hochmoderner Waffensysteme ist selbstverständlich ein hohes Maß an Intelligenz und Erfahrung erforderlich. Das Lockheed Martin genug Erfahrung hat, zeigt die über hundertjährige Unternehmensgeschichte. Und mit den über 60.000 Ingenieuren und Wissenschaftlern, die für das Unternehmen arbeiten, ist auch Innovationsfähigkeit auf dem höchsten Niveau möglich. Dies ist gerade deswegen so entscheidend, da das Erlangen von Regierungsaufträgen die ständige Weiterentwicklung von alten- und die Innovation neuer Systeme erfordert.

Eine wichtige Komponente dieses Segments sind die Artillerieraketen, die gerade durch die jetzige Situation eine erhöhte Nachfrage erfahren. So hat zum Beispiel die Ukraine vermehrt von Lockheed Martin stammende Raketen-Systeme angefragt. Laut Jack Watling von dem Royal-United-Services-Institute seien diese im jetzigen Krieg von hoher Bedeutung, da die Ukrainer mithilfe derartiger Systeme in der Lage seien, die Reichweite vieler russischer Artilleriesysteme zu übertreffen. Dies würde es ermöglichen, präzise Angriffe durchzuführen, um die russische Artillerie auszuschalten. Erwähnenswert ist ebenfalls, dass die USA bereits Waffen im Wert von 3,8 Mrd. USD aus ihren eigenen Lagerbeständen an die Ukraine geschickt haben. Laut dem CFO von Lockheed Martin besteht hierin ebenfalls eine Chance für das Unternehmen, da die Lagerbestände irgendwann auch wieder aufgefüllt werden müssen. Zudem werden taktische Raketen und Flugabwehrraketen auch im Verteidigungsbudget für nächstes Jahr gut unterstützt, weswegen auch in diesem Segment mit einer starken Nachfrage und damit Wachstum zu rechnen ist. 

 

Eine Artellerierakete wird abgeschossen. Quelle: LockheedMartin.com

 

Trotz dieser neuen Entwicklungen erwartet der derzeitige Analystenkonsens in den nächsten 3 Jahren lediglich ein durchschnittliches Umsatzwachstum von 1,32 %. Dies könnte sich angesichts des nun drastisch erhöhten Fokus auf die Verteidigungsbereitschaft und den damit einhergehenden Investitionen als zu niedrig herausstellen.

 

Der Analystenkonsens könnte sich als zu niedrig

herausstellen, Quelle: Aktie.traderfox.com

 

Ein Blick in die Vergangenheit gibt uns ebenfalls viel Aufschluss über die Qualitäten eines Unternehmens. Und so ist es bemerkenswert, dass Lockheed Martin trotz des fehlenden Fokus auf die Branche in den letzten Jahren trotzdem eine ausgezeichnete Performance abgeliefert hat. So betrug das durchschnittliche Umsatzwachstum der letzten Jahre 7,3 %, was beachtlich ist. Gerade wenn man sieht, dass andere Konkurrenten wie Raytheon, Boeing, Honeywell oder General Dynamics signifikant langsamer gewachsen sind, ist diese operative Leistung beeindruckend.

Bezüglich der Rüstungsbranche sollte man wissen, dass die Eintrittsbarrieren sehr groß sind. Denn auf der einen Seite ist sie sehr kapitalintensiv und auf der anderen Seite ist es als neues Unternehmen schwer, gegen einen Konzern wie Lockheed zu konkurrieren, die abgesehen von der massiven Größe das langjährige Vertrauen der Regierung genießen.

Die Rüstungsbranche, Quelle: Statista

 

Shareholder Value & Stabilität

Abgesehen von den Wachstumsaussichten des Unternehmens bietet die Aktie ebenfalls eine hohe Stabilität. Der erste Grund liegt darin, dass das Geschäft kaum zyklisch ist. Denn obwohl die Höhe der Verteidigungsausgaben auch von der wirtschaftlichen Situation abhängt, wird das Fundament des Umsatzes auch in tiefen Krisen gegeben bleiben. Gestützt wird diese Annahme von dem soliden Auftragsbestand. Dieser beträgt 134 Mrd. USD und bezieht sich hauptsächlich auf Aufträge, die im Laufe der Zeit erfüllt werden. Die Stabilität des Geschäftsmodells zeigt sich auch anhand der Dividende, wobei sich die Dividendenrendite letztes Jahr auf etwa 2,5 % belief und die Dividenden-Kontinuität 21 Jahre beträgt. Aufgrund der hohen Free-Cashflow Generierung des Unternehmens ist in den nächsten Jahren ebenfalls mit weiter steigenden Dividenden zu rechnen. Bereits dieses Jahr soll ein Free-Cashflow von 6 Mrd. USD entstehen.

Die Dividende pro Aktie steigt seit Jahren kontinuierlich an. Quelle: Aktie.traderfox.com

 

Fundamentaldaten & Analysteneinschätzungen

Profitabilität

Lockheed Martin hat eine Nettogewinnmarge von knapp 10 %, wobei man diese über die Jahre beträchtlich ausgebaut hat, was ein Zeichen von steigender Effizienz und eines kompetenten Managements ist. Die Eigenkapitalrendite ist mit 76 % zudem sehr hoch und notiert deutlich über dem Niveau der Wettbewerber. Es gilt anzumerken, dass das Unternehmen ebenfalls ein hohes Maß an Fremdkapital einsetzt, um dies zu erreichen. Trotzdem fällt auf, dass Lockheed Martin seit 2018 begonnen hat, die Fremdkapitalquote konstant zu reduzieren.

 

Bewertung

Lockheed Martin konnte sich zuletzt in einem schwierigen Marktumfeld gut behaupten und zeigte während der Marktkorrektur zuletzt über weite Strecken relative Stärke. Nachdem Rücksetzer am unteren Ende der seit Anfang März bestehenden mehrmonatigen Seitwärtsrange mit Käufen beantwortet wurden, sollte Lockheed Martin seinen übergeordneten Aufwärtstrend wieder aufnehmen. Mit einem KUV von 1,7, einem KGV 23e von 14,4 ist die Bewertung von Lockheed Martin weiterhin vergleichsweise moderat und scheint die nun entstandenen Chancen noch nicht vollständig zu reflektieren.

 

Analysteneinschätzungen

Obwohl Analysten mit ihren Kurszielen häufig daneben liegen, haben sie einen tiefen Einblick in die einzelnen Branchen auf die sie sich spezialisiert haben. Deswegen ist es immer interessant, die Kommentare der Branchenexperten zu lesen. Auch in Bezug auf Lockheed Martin können diese die heutige Analyse um einige interessante Aspekte ergänzen. So argumentiert ein Analyst von Argus, das Lockheed Martin in den letzten Jahren konstant positive Überraschungen geliefert hat und das unabhängig davon, ob die Verteidigungsausgaben gestiegen oder gefallen sind oder davon, ob Demokraten oder Republikaner das Sagen hatten. Zudem wird die steigende internationale Diversifizierung des Umsatzes als sehr positiv erachtet. Ein Analyst der Wells Fargo Bank bringt hinzufügend den Aspekt ins Spiel, dass Lockheed Martin für dieses Jahr eher bescheidene Prognosen gegeben hat, weswegen es einfach sein sollte, die Erwartungen zu übertreffen.

Auch der TraderFox Qualitätscheck bestätigt die Qualität der Aktie.

 

Fazit:

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat einen bedeutenden Wendepunkt für die Rüstungsbranche eingeleitet. Hinzukommend sind auch die Spannungen zwischen den USA und China äußerst hoch. Das Umfeld für die Industrie ist damit zu förderlich wie seit Jahrzehnten nicht mehr und es ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren nachhaltig höhere Verteidigungsbudgets entstehen werden. Lockheed Martin ist bestens positioniert, um von den steigenden Rüstungsausgaben in den USA zu profitieren und die entstandene Wachstumschance in Europa zu nutzen.

Insofern sind wir bullish für die Aktie und denken, dass diese auf Sicht von einigen Jahren kaufenswert ist.

 

Viele Grüße,

Gereon Dregger


Bildherkunft: https://www.lockheedmartin.com/en-us/news/features/history.html