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Was vereint Stada, VW und Argentinien? – Paul Singer

Artikel, Zitate und Personen Nick Thomas 488 Leser

Eine der derzeit spannendsten Stories am deutschen Aktienmarkt ist die Übernahmeschlacht um den Generikahersteller Stada. Auch ich hatte vor drei Monaten im Rahmen einer Merger-Arbitrage-Strategie Stücke von Stada erworben und diese angedient. Und das gleich zweimal, nachdem der erste Übernahmeversuch gescheitert war. Ich war also sehr glücklich, dass ich doch noch meine mir versprochenen € 66,25 pro Stada Aktie erhalten würde und meine Strategie aufgegangen ist. Heute notiert Stada bei ca. € 81,00 (Stand: 05. September 2017).
Verantwortlich für diesen Kurssprung ist Paul Singer. Lesen Sie hier seine spannende Geschichte.

paul-singerPaul Singer wurde am 22. August 1944 in New York als Sohn eines jüdischen Apothekers geboren. Er wuchs in Teaneck, New Jersey auf. Das Studium zog ihn zum Lake Ontario, wo er sich an der University of Rochester für Psychologie einschrieb. Seine Bachelorurkunde erhielt er 1966. Er wechselte an die ehrwürdige Harvard Law School und absolvierte dort seinen Juris Doctor (vergleichbar mit dem 1. Staatsexamen hier in Deutschland). Den Abschluss machte er 1969.
Für die nächsten 5 Jahre verliert sich die Spur von Paul Singer. Es gibt keine Informationen darüber, was er in der halben Dekade nach seinem Studium anstellte. 1974 nahm er dann einen Job als Anwalt bei der Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette an.

Elliott Associates

1977 entschied sich Paul Singer einen Hedge Fund zu gründen. Namensgeber war er selbst, da Elliott sein zweiter Vorname ist. Das Startkapital in Höhe von $ 1,3 Mio. erhielt er von Freunden und Verwandten (zum Vergleich: heute managt Elliott ein Vermögen von $ 31 Mrd.).
Anfangs verfolgte Singer eine Strategie namens Convertible Arbitrage, bei welcher man gleichzeitig Wandelanleihen oder Vorzugsaktien eines Unternehmens kauft, während man die Stammaktien leerverkauft. Diese Strategie versucht die zur damaligen Zeit oftmals ineffiziente Preisung der Wandelanleihen bzw. der Vorzugsaktien zu kapitalisieren.
Das Geschäftsmodell von Elliott ab Mitte der 1990er Jahre beschrieb das Magazin Guardian einst so: „Es werden billige Schulden aufgekauft und wenn möglich mit Profit verkauft oder der Schuldner wird verklagt, die gesamte geschuldete Summe zu zahlen.“. Diese sehr umstrittene Strategie brachte Paul Singer auch den wenig rühmlichen Namen Vulture Capitalist ein, was man frei als ‚Geierkapitalist‘ oder nur ‚Geier‘ übersetzen kann. Dementsprechend wird sein Hedge Fund Elliot gern als Geierfonds bezeichnet. Elliott mit Singer an der Spitze leistete auch wahrlich Pionierarbeit auf dem Gebiet des Kaufs von günstig bewerteten Anleihen. Ein komplett neues Geschäftsmodell wurde somit ins Leben gerufen.

Sein erster Coup

Sein erstes aufsehenerregendes Geschäft war 1996 der Kauf von in Verzug geratenen peruanischen Staatsanleihen für $ 11,4 Mio. Er kaufte also $ 1,00 Schulden für wenige Cents. Im Anschluss verklagte er das in Schieflage geratene Peru auf Rückzahlung des gesamten Betrages und gewann vor einem New Yorker Gericht. Ihm wurden $ 58 Mio. inklusive Zinszahlungen zugesprochen. Allerdings wollten die Peruaner nicht zahlen. Um seine Forderung durchzusetzen, ließ Singer das Flugzeug des peruanischen Präsidenten beschlagnahmen. Singer erhielt daraufhin sein Geld.
Eine ähnliche Vorgehensweise wandte Paul Singer ein paar Jahre später bei der Staatspleite von Argentinien an. Auch hier kaufte Singer günstig in Verzug geratene Staatsanleihen auf, verklagte Argentinien auf Rückzahlung und erhielt Recht. Wie die Peruaner wollten auch die Argentinier nicht zahlen, was Singer dazu veranlasste, 2012 ein Kriegsschiff der argentinischen Marine zu pfänden.
Weitere Betätigungsfelder von Elliott sind Firmenpleiten und Restrukturierungen wie bei Chrysler oder Delphi. Auch Übernahmen wie jüngst bei Stada sind willkommene Gelegenheiten für den Hedgefonds. So mischte Singer auch damals kräftig mit, als Porsche versucht hat den VW-Konzern zu übernehmen. Elliott verklagte 2014 die beiden Porscheeigentümer Ferdinand Piëch und Wolfgang Porsche auf Schadenersatz in Höhe von € 1,8 Mrd. Das Landgericht Stuttgart wies diese Klage allerdings ab.
Singer selbst sieht sich übrigens keineswegs als Geier, sondern als aktivistischer Investor, der als eine Art Rächer für die unfair behandelten Aktionäre eintritt und versucht, seine Rechte durchzusetzen.

Geschäftspraktiken hin oder her; die Performance von Elliott Associates kann sich zweifelsohne sehen lassen. So erzielte der Fonds seit 1977 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 14,6% und fuhr in nur 2 Jahren einen Nettojahresverlust ein. Der S&P500 konnte in diesem Zeitraum lediglich mit 10,9% Performance aufwarten.

Singer privat

Lauf Forbes verfügt Paul Singer über ein Privatvermögen von $ 2,2 Mrd., was ihn auf Platz 745 der reichsten Menschen der Welt befördert. Er schrieb mehrere Artikel für das Wall Street Journal und unterstützt die Republikanische Partei. Außerdem setzt er sich für die Rechte von Schwulen und Lesben ein, da einer seiner beiden Söhne selbst schwul ist. Er gründete zwei Stiftungen, die sich für wohltätige Zwecke einsetzen und hält Vorstandspositionen der Universitäten Harvard und Princeton. Vor einigen Jahren unterschrieb Paul Singer das von Bill Gates und Warren Buffett ins Leben gerufene The Giving Pledge, was ihn dazu verpflichtet, wenigstens die Hälfte seines Vermögen für wohltätige Zwecke zu spenden.
Singer interessiert sich für Fussball und ist Anhänger des Arsenal F.C. Sein liebstes Hobby ist jedoch das musizieren. So spielt Singer mit seinen beiden Söhnen und seinem Schwiegersohn in einer Art Familienband. Singer ist der Pianist. Er spielte bereits mit Meat Loaf auf der Bühne. Seit 1996 lebt Singer in Scheidung.

Zitate

- „Ich versuche Wert zu addieren und Schmerz zu subtrahieren.“
- „Verbitterung ist moralisch nicht bessergestellt als Geld verdienen.“
- "Stabilität ist nicht der Weg, den die Welt einschlägt."
- „Das derzeitige Tradingumfeld fühlt sich an, als würde man an einen Ort gelangen und spüren, dass Gefahr lauert und etwas nicht stimmt, aber man weiß nicht, was passieren wird und wann es soweit ist.“
- „Konstante Skepsis und ein existenzielles Maß an Bescheidenheit sind sehr hilfreich in der Risikokontrolle.“
- „Wir mögen es, unser eigenes Schicksal zu bestimmen.“
- „Wir versuchen sehr respektvoll mit der Unvorhersehbarkeit der Märkte umzugehen.“
- „Ich glaube, ich habe jeden möglichen Weg entdeckt, wie man am Aktienmarkt Geld verlieren kann.“
- „Es ist sehr schwer – und später schlussfolgerte ich ‚unmöglich‘ – turning points zu identifizieren.“
- „Ich nehme immer an oder zwinge mich anzunehmen, dass die Welt schlecht gemanagt wird.“
- „Du musst die ganze Zeit in der ‚Risk-Management-Mode‘ sein.“
- „Das Money Management schleifen lassen geht nicht gut aus.“
- „Die Welt bietet eine sich schnell verändernde Menge an Möglichkeiten. Du musst dort sein und darfst dort nicht zu lange verweilen. Das ist so als würde der Eismann für 10 Minuten vor deiner Tür stehen. Du willst nicht zu spät dran sein und das Eis verpassen.“
- „Mein Job ist es sicherzustellen, dass wir vor dem Erwarteten und dem Unerwarteten geschützt sind.“
- „Ein kraftvolles Maß zur Beurteilung der Attraktivität eines Trades ist, wenn das Potenzial großer Gewinne einem kleinen Risiko entgegensteht.“
- „Investieren ist vielmehr eine Kunst als eine Wissenschaft. Und das, für was ich bezahlt werde, ist das Management der ‚dunklen Künste‘.“
- „Lasst uns die Pfeiler der Geschichte nicht als einmalige Ereignisse sehen, sondern als potenzielle Hinweise für die Zukunft.“
- „Der Euro erinnert uns an das Wetter in London: in der einen Minute stehst du im strahlenden Sonnenschein, und in der nächsten Minute gibt es einen Wolkenbruch, der an Noahs Flut erinnert.“