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Wie gefährlich wäre eine drohende Zerschlagung für die großen Tech-Konzerne?

Kommentare Michael Seibold 2.772 Leser

Liebe Leser,

viele von uns stellen sich die Frage, wie groß und mächtig die BIG FOUR Amazon, Facebook, Apple und Alphabet noch werden können, bevor ihnen eine mögliche Zerschlagung droht.

Der Ausschuss des US-Repräsentantenhauses wirft den vier großen Technologiekonzernen monopolistische Bestrebungen vor. Der Gründungsmythos des World Wide Web mit der Idee, freien und nicht regulierten Austausch von Wissen zu generieren ist vielleicht zu einer der größten Mythen überhaupt geworden. Amazon, Facebook, Apple und Alphabet (ehemals Google) beherrschen längst einen Großteil des Internets.

Die GAFA-Giganten kommen derzeit auf einen addierten Börsenwert von 5,47 Billionen US-Dollar. Sowohl Donald Trump als auch Joa Biden favorisieren eine Zerschlagung von Big Tech, wobei die Demokraten im Falle eines Wahlsieges von Joe Biden und Vize Kamala Harris noch entschiedener der Empfehlung folgen könnten als Trumps Regierung. So äußerte sich Harris vor kurzem zu einer möglichen Aufspaltung Facebooks folgendermaßen: „Facebook ist massiv gewachsen und hat dieses Wachstum den Interessen seiner Verbraucher vorgezogen. Es ist im Wesentlichen ein Dienstprogramm, das nicht reguliert wurde.“

Wenn wir uns den NASDAQ 100 Index anschauen, so stellt man fest, dass diese Big Four mittlerweile insgesamt knapp 40 Prozent der Kursbewegungen des Index ausmachen. In einem 449-seitigen Bericht kommt der Ausschuss für Kartellrecht zu dem Vorschlag, der Kongress solle doch Änderungen der Kartellgesetze erlassen, sodass dies zu einer Zerschlagung der Internetgiganten führen könnte. Zudem möchte Joe Biden im Falle eines Wahlsieges die Körperschaftssteuer um sieben Prozent auf 28 Prozent anheben. Ebenfalls soll ausländisches Einkommen aus Patenten und Markenrechten besonders stark besteuert werden.

Was heißt das aber nun im konkreten Fall für die einzelnen Unternehmen Amazon, Facebook, Apple und Alphabet?



Der Online-Riese Amazon

Quelle: Qualitätscheck von TraderFox

Konkret basieren die Schlussfolgerungen des Komitees auf Aufzeichnungen, die der Untersuchungsausschuss von Third-Party-Sellers, Markenherstellern, ehemaligen Mitarbeiters, Verlegern sowie internen Dokumenten von Amazon gesammelt haben. Amazon verfügt über eine bedeutende und dauerhafte Marktmacht im US-amerikanischen Einzelhandelsmarkt. Der Marktanteil liegt Schätzungen zufolge bei ca. 40 Prozent. Im Mittelpunkt der Vorwürfe geht es um Amazons Doppelrolle, da sie einerseits selbst Verkäufer des Marktplatzes sind, auf der anderen Seite sie auch Drittanbietern offensteht. Die Plattform hat Monopolcharakter gegenüber vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die keine Alternative zu Amazon haben, um Onlineverbraucher zu erreichen.

Laut dem Bericht soll Amazon auch seinen Zugang zu Daten seiner konkurrierenden Verkäufer ausnutzen, auch wenn in der Außendarstellung die Third-Party-Seller offiziell als Partner bezeichnet werden. Durch die Kontrolle und Reichweite des Unternehmens über zahlreiche Branchen wird es Amazon ermöglicht, sich selbst zu bevorzugen und Wettbewerbern freien und fairen Wettbewerb nicht zu gestatten.

Auch haben die Voice-Assistant-Ökosysteme wie Alexa eine hohe Neigung zu Lock-In und Selbstbevorzugung. Von dem her dürfen wir gespannt sein, mit welchen Schritten eine neue US-Regierung das Monopol des Onlineriesen angehen wird. Viel wahrscheinlicher als den Verzicht Amazons auf einen eigenen Marktplatz dürfte eventuell ein Spin Off von AWS sein. Ein Spin Off von AWS als Cloud-Provider sollte nicht zum Nachteil von Amazon sein. Jeff Bezos könnte dem Gremium daher zuvorkommen und dies würde auch Amazons höhere Bewertung im Vergleich zu Alphabet oder Apple rechtfertigen. Dass Amazon auf einen eigenen Marktplatz verzichtet oder andersherum Third-Party-Sellern verboten wird, weiter Waren zu verkaufen, erachte ich in den nächsten Jahren für sehr unwahrscheinlich, zumal vorher noch ein jahrelanger Rechtsstreit bevorstehen wird.



Wie steht es um Apple?

Quelle: Wachstums-Check von TraderFox

Der Untersuchungsausschuss wirft Apple konkret eine Doppelrolle beim eigenen App Store vor. So übt Apple Monopolmacht auf den Markt für mobile App-Stores aus und kontrolliert den Zugriff auf mehr als 100 Millionen iPhones und iPads allein in den USA. Der im Jahr 2008 gestartete App Store revolutionierte die Softwareverteilung auf Mobilgeräten und reduzierte Eintrittsbarrieren für App-Entwickler und erweiterte die Auswahlmöglichkeiten für Verbraucher.

Der App Store ist sowohl Marktplatz für Drittanbieter als auch für eigene entwickelte Apps. Dem aus Cupertino stammenden Unternehmen wird vorgeworfen, dass Apple eigene Apps denen der Konkurrenten bevorzugt. Außerdem baut Apple gerne Funktionalitäten anderer erfolgreicher Apps in sein iOS Betriebssystem ein. In dem Report des Untersuchungsausschusses werden zwar noch keine konkreten Bedingungen oder Forderungen an den Konzern aus dem Silicon Valley gestellt, allerdings empfiehlt er dem Gesetzgeber, Unternehmen wie Apple den Zugang zu angrenzenden Geschäftszweigen einzugrenzen.

Eine Abkoppelung des App Stores von Apple ist jedoch kaum vorstellbar und würde den Konzern erheblich belasten, da gerade das Ökosystem von Apple den Burggraben darstellt. Aktuell verlangt das Unternehmen 30 Prozent auf Verkäufe im App Store. Dies ist vielen ein Dorn im Auge. Schnelle strukturellen Wandlungen sind derzeit eher nicht zu erwarten, Apple könnte jedoch seinen App-Drittanbietern einen Preisnachlass gewähren.



Ist Facebook zu mächtig geworden?

Quelle: Wachstums-Check von TraderFox

Facebook hat eine Monopolstellung auf dem Markt für soziale Netzwerke. Dies wurde durch den Kauf von WhatsApp und Instagram konsequent erweitert. In dem Report wird Marc Zuckerberg unter anderem vorgeworfen, dass er Instagram Mitgründer Kevin Systrom fast schon dazu gezwungen habe, eine Partnerschaft mit ihm einzugehen.

Auch soll er nach dem Kauf von Instagram bewusst das Wachstum zugunsten Facebook forciert haben. Der Bericht liegt eine strukturelle Trennung nahe, was für Facebook einem Katastrophenfall gleichkäme. Gerade das Ökosystem bestehend aus Facebook, WhatsApp und Instagram macht das Unternehmen zu der effektivsten Werbeplattform.

Eine Aufspaltung würde den Wert von Facebook deutlich schmälern. Sollte Facebook nochmals einen Wettbewerber kaufen wollen, wird das Kartellamt dies mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindern. Eine Aufspaltung scheint derzeit allerdings auch nicht sehr realistisch, auch hier würde es zuerst zu einem jahrelangen Rechtsstreit kommen.

Die Synergieeffekte von diesen drei Plattformen sind noch lange nicht vollends ausgenutzt, deshalb dürfte Facebook weiterhin von der Digitalisierung profitieren.

 

Alphabet bekam eine besondere Aufmerksamkeit

Quelle: Daten/Graphs von TraderFox

Dem Unternehmen wird vom Ausschuss vorgeworfen, willentlich seine eigenen Dienste zu bevorzugen und Drittanbietern in manchen Bereichen sogar komplett den Marktzugang zu verbieten. Auch soll Google den Wert von Drittunternehmen ohne deren Zustimmung beschlagnahmt haben. Aufgrund der Dominanz der Google-Suche hatten Drittanbieter keine andere Wahl, als deren Veruntreuung zuzustimmen.

Im Juli berichtete zum Beispiel auch das Wall Street Journal, dass Google auch seinen mittlerweile eigenen YouTube Dienst bei der Suche nach Videos bevorzugt, selbst wenn konkurrierende Videoanbieter bei den Videos eine höhere Engagements-Rate hatten. Auch ergaben Interviews mit Google-Ingenieuren, dass YouTube priorisiert wird, um damit mehr Geschäftsabschlüsse mit Content-Anbietern für seinen Traffic zu generieren.

Google Chrome und das von Google kontrollierte Android Betriebssystem beherrschen nahezu 90 Prozent auf dem US-Suchmaschinenmarkt. Der von den Demokraten geführte Untersuchungsausschuss drängt dabei auf eine Trennung des Suchmaschinengeschäftes vom Android Betriebssystem. Dies würde zu einem erheblichen Nachteil für das Unternehmen führen, weil viele dieser Dienste eng vernetzt sind und erst durch den Datenaustausch innerhalb dieser Dienste zum Burggraben von Alphabet beitragen.

Hier scheint auch wieder ein Spin-Off die viel wahrscheinlichere Situation zu sein. Dabei könnte man die US-Behörden erst einmal zufrieden stellen.

Als Spin-Off Kandidaten bieten sich YouTube, die Google Cloud Platform oder aber auch Waymo an. Google Chrome mit Google Maps erscheint für das Unternehmen nicht sinnvoll. Von den genannten Spin-Offs sollten Aktionäre profitieren können, solange das Ökosystem bestehen bleibt.

Liebe Anleger,

ich wünsche Ihnen noch viele erfolgreiche Investments!

Bis zur nächsten spannenden Story,

Michael Seibold

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Bildherkunft: https://unsplash.com/photos/GL689nIE1Xg